Russland: Navalny verkündet "Wahlstreik", doch weniger als früher folgen ihm
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Bei Kundgebungen für einen Wahlboykott zu den Präsidentschaftswahlen wurden Aleksej Navalny und 256 seiner Anhänger verhaftet. Polizei agiert zurückhaltender als im letzten Jahr
Über den Puschkin-Platz im Zentrum von Moskau hallen immer wieder die Durchsagen eines Polizei-Lautsprecherwagen: Sehr geehrte Bürger! Es gibt eine nachdrückliche Bitte. Verlassen sie den Platz. Versperren sie nicht anderen Bürger den Weg. Beachten sie die Organisiertheit und Ordnung."
Die etwa tausend Menschen, die sich um das Moskauer Puschkin-Denkmal versammelt hatten, reagierten auf diese Durchsagen in keiner Weise. Die Polizei war sichtbar nur mit wenigen Kräften präsent und hatte offenbar die Anordnung bekommen, die Versammlung nicht aufzulösen. Diese Taktik wird nicht das erste Mal von der Moskauer Polizei angewandt. Offenbar will man den westlichen Fernsehstationen nicht die gewünschten Bilder über das "autoritäre Putin-Regime" frei Haus liefern.
Protestaktionen in 84 Städten
In 84 Städten Russlands fanden am Sonntag nach Angaben des Wirtschaftsportals RBK sogenannte "Wahlstreik"-Kundgebungen (Foto-Galerie der Kundgebungen) statt, zu denen der Oppositionspolitiker Aleksej Navalny aufgerufen hatte. Anlass der Protestaktion war, dass die Zentrale Wahlkommission Navalny nicht zu den Präsidentschaftswahlen zugelassen hatte. Navalny war nicht zugelassen worden, weil er wegen einem Korruptionsfall bei der Holzfabrik Kirowles vorbestraft ist.
Die Kundgebungen waren in allen Städten - außer in Moskau und St. Petersburg - erlaubt worden. In Moskau und St. Petersburg beteiligten sich nach Polizeiangaben jeweils etwa tausend Menschen an den nicht genehmigten Kundgebungen, die aber von der Polizei nicht aufgelöst wurden. Nach Angaben des Navalny-Stabes nahmen an der Kundgebung in Moskau 5.000 Personen teil.
An einer Kundgebung in Jekaterinburg beteiligten sich nach Mitteilung des RBK-Wirtschaftsportals weniger als tausend Personen, obwohl sogar der Bürgermeister der Stadt, Jewgeni Roisman, an der Aktion teilnahm. In Nowosibirsk wurden 600 Teilnehmer gezählt und in Nischni-Nowgorod 550.
Das RBK-Wirtschaftsportal wies darauf hin, dass die Teilnehmerzahl bei der Kundgebungen am Sonntag in Moskau deutlich unter der Teilnehmerzahl der Moskauer Navalny-Kundgebungen im letzten Jahr lag. Im Juni 2017 waren 5.000 Menschen einem Aufruf des Oppositionspolitikers gefolgt, im März 2017 waren es sogar 7.000 Teilnehmer gewesen.