Russland: Navalny verkündet "Wahlstreik", doch weniger als früher folgen ihm
Seite 3: Navalnys Wahlprogramm: Neoliberal - aber volksnah verpackt
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- Mit dem Schleifschneider auf dem Weg ins Studio
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Die Unzufriedenheit über das geringe Wirtschaftswachstum von einem Prozent, die sinkenden Löhne, der große Teil der Menschen, die an der Armutsgrenze leben, all das hat Navalny versucht, in seinem Wahlprogramm aufzugreifen.
Der von der Zentralen Wahlkommission abgelehnte Kandidat verspricht, man könne die Wirtschaft mit Steuersenkungen und dem Abbau bürokratischer Barrieren für Unternehmer ankurbeln. Die Steuersenkungen für Unternehmen würden "eine Barriere für Lohnerhöhungen nehmen", verspricht der Oppositionspolitiker. Kleinunternehmen sollen von Steuerzahlungen komplett befreit werden und stattdessen nur für ein Patent bezahlen müssen. Monopole (gemeint sind offenbar große halbstaatliche Firmen wie Gasprom, Rosneft und die russische Eisenbahn) sollen zerschlagen werden. Die Rentenversicherung soll komplett umorganisiert werden. Die großen staatlichen Rohstoffkonzerne sollen größere Finanzmittel für die Rentenversicherung bereitstellen, wodurch die Renten wesentlich erhöht werden könnten.
Ein weiterer Anreiz für die Wirtschaft werde sein, wenn man "mit der zivilisierten Welt Frieden schließt", behauptet der Oppositionspolitiker in seinem Programm. "Wir stellen die Aggression gegen die Ukraine ein und erreichen auf diesem Wege die Aufhebung der Sanktionen." So könnten die russischen Unternehmer wieder "mit dem Ausland handeln und billige Kredite aufnehmen".
Navalny schreibt in seinem Programm, die Staatsausgaben müssten vor allem in die Bereiche Gesundheit und Bildung fließen. Die Ausgaben für diese Bereiche müssten verdoppelt werden. Dass Geld hierfür könne man durch die Verkleinerung des Beamtenapparates und die Einstellung "nichteffektiver Großprojekte" bekommen. Mit "nichteffektiven Großprojekten" sind vermutlich große Sportveranstaltungen, die Brücke zur Krim und der neue russische Weltraumbahnhof Wostok gemeint, der den Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan ersetzen soll. Großprojekte sollten ausschließlich von Investoren "und nicht von den Steuerzahlern" finanziert werden.
Auch wenn die Teilnehmerzahlen bei den Navalny-Kundgebungen am Sonntag vergleichsweise gering waren, muss man wohl davon ausgehen, dass Navalnys Stern noch nicht am Sinken ist. Er wird hartnäckig um seinen Platz kämpfen, ähnlich wie Michail Saakaschwili, der wie Navalny eine Hochschulausbildung in den USA erhalten und ein fast identisches rechtes und neoliberales Programm hat. Man kann davon ausgehen, dass die russische Führung Sorge hegt, dass der "russische Saakaschwili" nicht wenige Anhänger in der Großstadtjugend hat. Wird sie diesen kritischen Jugendlichen ein Angebot machen?