Schweden: Ministerpräsidentin Andersson gesteht Sieg der Rechten ein (Update)

Seite 2: Was können die Schweden von einer Regierung Kristersson erwarten?

Ulf Kristersson war der gemeinsame Spitzenkandidat des rechtskonservativen Blocks. Hätte sein Block nicht mit knapper Mehrheit gewonnen, wäre seine politische Karriere vermutlich zu Ende gewesen. Es gilt als wahrscheinlich, dass er nun auch Ministerspräsident wird, obwohl seine Fraktion nicht die stärkste geworden ist. Die Schwedendemokraten haben allerdings mit ihrem Wahlergebnis eine sehr gute Verhandlungsbasis, um ihre Inhalte durchzusetzen.

Erste SD-Mitglieder sprechen bereits vom Posten des Ministerpräsidenten, aber so weit wird es wohl nicht kommen. Kristersson will nun "einen, nicht spalten", und alles tun, um einen neue, handlungskräftige Regierung zu bilden.

Bestätigt ist, dass Jimmie Åkesson (SD) am Montag bereits zum Gespräch bei den Moderaten war. Auch der Liberale Johan Pehrson war dort sowie Ebba Busch von den Christdemokraten. Die Liberalen wollen eigentlich keine Regierung stützen, an denen die Schwedendemokraten direkt beteiligt sind. Dies äußerten liberale Vertreter auch nach der Wahl.

Mit 4,6 Prozent sind die Liberalen gerade so wieder ins Parlament gekommen und nun das Zünglein an der Waage. Ulf Kristersson muss jetzt zwei Kooperationspartner koordinieren, die sich gegenseitig misstrauen. Stefan Löfvén und Magdalena Andersson können davon ein Lied singen.

Darauf können sich die Schweden einstellen: Einwanderung von außerhalb des Nordens und außerhalb der EU dürfte stark begrenzt werden, soweit das noch möglich ist, vermutlich wird das Asylrecht strikter gehandhabt werden. Es dürften neue Atomkraftwerke geplant werden.

Die Dänen werden allerdings wenig begeistert sein, wenn der Standort Barsebäck gegenüber von Kopenhagen wieder auflebt, wie die Christdemokraten es vorgeschlagen haben. Klimaschutzmaßnahmen werden sich auf ein Minimum beschränken. Versprochen sind auch Steuererleichterungen.

Es gibt aber durchaus Fragen, in denen die Schwedendemokraten sich nicht einig sind mit den Moderaten. So plädieren SD für einen Kostendeckel bei der zahnärztlichen Versorgung – etwas, was für die Moderaten gar nicht infrage kommt. Diese wollen den Sozialstaat weiter abbauen.

An der höchst problematischen Finanzierung von freien Schulen, die die Kommunen ausbluten, wird sich in den nächsten vier Jahren nichts ändern. Die Aktien der kommerziellen Schulkonzerne schossen in die Höhe (https://www.svt.se/nyheter/inrikes/senaste-nytt-om-svensk-politik-och-valet-2022) , als klar wurde, dass es voraussichtlich eine Kristersson-Regierung gibt.

Kristersson hatte sich stets für Gewinnmöglichkeiten im Schulsystem ausgesprochen und ist selbst tief verstrickt in das, was der rechte Debatteur Ivar Arpi "Freundschaftskorruption" im Schulwesen nannte. Die Beschränkung von Gewinnen für die Schulkonzerne war ein Thema der Linkspartei, der grünen Miljöpartiet und der Sozialdemokraten gewesen.

Das Interessante an dieser Wahl ist, dass sie unter ganz anderen Voraussetzungen stattfand als die Wahl 2018, und dennoch größtenteils sehr ähnliche Resultate brachte. Es war diesmal klar, wer zu welchem Block gehört und was im Falle eines Wahlsieges auf der Agenda steht. 2018 gab es noch eine bürgerliche Allianz aus den beiden konservativen und den beiden liberalen Parteien, die nicht mit den Schwedendemokraten zusammenarbeiten wollten. Verändert hat sich auch die Weltlage – doch Außenpolitik spielte kaum eine Rolle.

Warum hat der rot-grüne Block verloren? Die Sozialdemokraten hätten sich zu sehr auf städtische Wähler und Studentenstädte eingerichtet, so der sozialdemokratische Debatteur Daniel Suhonen zu SVT. Sie hätten wirtschaftliche Probleme und höhere Steuern heruntergespielt. Sie hätten ihre soziale Basis verloren.Tatsächlich haben die Sozialdemokraten einen inhaltlich oft schwammigen Wahlkampf geführt, der auf die Spitzenkandidatin Andersson fokussiert war. Doch es waren Zentrum und Linkspartei, die Stimmen verloren haben – möglicherweise an Miljöpartiet.

Nach bisherigen Zählungen betrug die Wahlbeteiligung um die 83 Prozent, was für Schweden eher niedrig ist. Es sind aber auch noch nicht all die Stimmen mit- und ausgezählt, die vorab oder im Ausland abgegeben wurden. Es bleibt also noch ein bisschen spannend. Magdalena Andersson will sich nicht vor dem Endergebnis äußern.

Bei diesem Text handelt es sich um einen aktualisierten Beitrag. Überarbeitung und Aktualisierung: Harald Neuber.