Sekten schreiben ihre eigenen Gesetze
Im Point-and-Click-Adventure "Geheimakte 2 - Puritas Cordis" geht es um religiösen Fanatismus
Abenteuer kommen, so wissen wir ja bereits aus Literatur und Film, aus heiterem Himmel. Dass manche Menschen gefährliche Erlebnisse sogar offenbar magisch anziehen, gilt auch für die junge Motorradmechanikerin Nina Kalenkow. In „Geheimakte 2 – Puritas Cordis“ (PC) gerät sie ungewollt ins Zentrum einer Sekte.
Nina ist fassungslos: Hat diese aufgetakelte Tussi doch tatsächlich ihre Handtasche gemopst! Doch als Nina Frau Jordan zur Rede stellen will, bekommt die Diebin während des Gesprächs plötzlich keine Luft mehr – offenbar war etwas in ihrem Cocktail. Also wird sie auf die Krankenstation des Schiffs gebracht, auf dem Nina momentan ihren Urlaub verbringt. Von Erholung kann also nicht die Rede sein.
Diese Erfahrung muss auch Ninas Ex-Lover Max machen: Just auf eine indonesische Insel gekommen, um eine Fotoreportage über die Archäologin Sam Peters zu machen, wird diese entführt. Max stellt das auf eine harte Probe, kennt er sich im Dschungel doch überhaupt nicht aus. Aber vielleicht kann ihm ein Affe helfen, sich zu orientieren…
Hinter beiden Fällen steckt eine Sekte namens Puritas Cordis, die allerorts verkündet, dass die Apokalypse naht. So gesehen leisten die Entwickler nicht nur ein atmosphärisches Point-and-Click-Adventure à la „Baphomets Fluch“ und Co., sondern auch einen biblisch verankerten Beitrag zur momentanen Lage der Welt. Sei es ein Tsunami, eine Hungerkatastrophe oder ein Vulkanausbruch, allesamt sind es Zeichen, die vor langer Zeit von einem Geistlichen prophezeit wurden.
Der Plot des Spiels ist so strukturiert, dass man Nina und Max im stetigen Wechsel steuert, bis sie gen Ende wieder zueinander finden, was von Anfang an vorhersehbar ist. Die wahren Hintergründe der Geschichte werden dessen ungeachtet lediglich in Häppchen präsentiert. Außerdem führen diverse Morde, die das erste Kapitel prägen, dazu, dass das Ganze zunächst mal wie ein großes Mysterium wirkt. Die Schnitte zwischen den Erlebnissen der beiden Protagonisten erzeugen darüber hinaus die nötige Spannung, um am Ball zu bleiben.
Sobald Max allerdings vor einer tickenden Bombe steht, mit der der Ausbruch eines Vulkans vorgetäuscht werden soll, wird sofort deutlich, dass der Anführer der Sekte kein waschechter Geistlicher sein kann. So gesehen üben die Storyschreiber nicht nur Kritik an fadenscheinigen Machenschaften innerhalb religiös fanatischer Gruppen, sie zeigen auch, wie korrupt ihre Oberhäupter arbeiten. Dass einem da sofort die Scientology in den Sinn kommt, ist sicherlich beabsichtigt.
Grafisch gefällt „Geheimakte 2“, da sowohl die Farbgebung als auch die dezent eingesetzten Effekte wie etwa sich spiegelnde Gegenstände im Wasser Atmosphäre schaffen. Während längerer Dialoge wird das Bild herangezoomt, wodurch das Geschehen nicht zu statisch wirkt. Einziges Manko stellen letztlich die Nahaufnahmen der Charaktere dar. Sie schauen wie Plastikpuppen aus. Außerdem passen Sprachausgabe und Lippenbewegungen nicht überein. Doch über diese Kleinigkeiten lässt sich hinwegsehen.
Bei den Rätseln zeigen sich die Entwickler sehr fair zum Spieler. Hinweise, die zum Lösen einer Aufgabe führen, kommen entweder von der Spielfigur oder finden sich oftmals in unmittelbarer Umgebung. Selbstverständlich bedeutet das nicht, dass man nicht viel nachdenken muss. Im Gegenteil. Einige Kopfnüsse sind nur mit viel Kreativität und Logik zu knacken. Aber wie heißt es so schön: Die richtige Mischung macht’s. Und die wird einem mit diesem Computerspiel tatsächlich geboten. Diese Einschätzung soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Story gegen Ende immer konventioneller wird.