Smart Streets

"Leuchtenwald" der Landesgartenschau in Rosenheim 2010. Foto: Maximilian Dörrbecker. Lizenz: CC BY-SA 2.5

Nach dem bislang wenig erfolgreichen Versuch, mit sogenannten Smart Metern an den Erfolg des Smartphones anzuknüpfen, folgt jetzt mit der Smart Street der nächste Anlauf zur digitalen Vernetzung

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Nach Einbruch der Dunkelheit leuchten die Straßenlaternen meist wenig beachtet vor sich hin. Die österreichische Initiative SSGM (Smart Safe & Green Mobility), die vom Lichtmastenhersteller Fonatsch in Melk gegründet wurde, will sie jetzt mit allerlei Intelligenz ausstatten. Realisiert wird ihre Smart-Street-Idee in den drei Kommunen Ebreichsdorf (Bezirk Baden), Melk (Bezirk Melk) und Vitis (Bezirk Waidhofen an der Thaya).

Bei den einzelnen Elementen hat man das Rad nicht neu erfunden, sondern greift auf Ideen zurück, welche an anderen Standorten in Europa schon realisiert werden. Die beteiligten Unternehmen wollen jetzt "all ihre Ideen und Fähigkeiten in einen Lichtmast hineinpacken und damit den Markt erobern". In Melk, wo auch der Lichtmastenhersteller Fonatsch seinen Sitz hat, soll die 800 Meter lange "Smart Street" dann im Jahre 2019 begeh- und befahrbar sein.

Bedarfsgerechte Straßenbeleuchtung

Dass Straßenlaternen die ganze Nacht durch brennen, ärgert so manchen Stadtkämmerer schon seit Jahrzehnten. Da man die bislang benutzten Lampen nicht dimmen konnte, wurde in vielen Gemeinden jede zweite Laterne um 24 Uhr per Rundsteuerung abgeschaltet. Die nun aufgetretene lückenhafte Beleuchtung hat jedoch das Sicherheitsgefühl mancher Bürger beeinträchtigt.

Der Einsatz von LEDs zur Straßenbeleuchtung bietet inzwischen die Möglichkeit, die Straßenbeleuchtung zu dimmen, wenn sich auf der Straße nichts bewegt. Bei Annäherung von Fahrzeugen oder Fußgängern wird die Beleuchtung wieder verstärkt. Mit dieser Technik will man einerseits die Stromkosten reduzieren, andererseits das Sicherheitsgefühl der Einwohner im öffentlichen Raum nicht weiter verringern.

Entsprechende Modelleinrichtungen finden sich beispielsweise in Ludwigsburg, wo die Stadtwerke Ludwigsburg-Kornwestheim GmbH (SWLB) im Rahmen des Innovationsnetzwerks "Living LaB" die Stadt smarter machen will. Wie sich die bewegungsabhängige LED-Straßenlampensteuerung in der Praxis auswirkt, wenn die Anwendung über die bislang überschaubaren Modellanwendungen hinausgeht, ist derzeit noch nicht abzuschätzen. Möglicherweise fühlen sich Anwohner durch die wellenförmigen Beleuchtungsschaltungen in ihrer Nachtruhe gestört.

Verkehrsbeobachtung und Verkehrslenkung

Der baden-württembergische Energieversorger EnBW hat im Rahmen seines Innovationscampus in Karlsruhe das Projekt SM!GHT entwickelt, das ebenfalls von einer technisch aufgerüsteten Straßenlaterne (Smart City Light) ausging und inzwischen aus einem umfangreichen Sortiment an Modulen für den öffentlichen Raum besteht. So gibt es die Möglichkeit, mit Hilfe einer Mast-Kamera das Verkehrsaufkommen aufzuzeichnen und die so gewonnen Daten mittels der Software SM!GHT IQ auszuwerten und die Ergebnisse aktuell für Stauwarnungen zu nutzen und mittelfristig auch für die Stadtplanung.

Auch die österreichische Initiative SSGM will eine verkehrsflussgerechte Schaltung von Ampeln in ihrem System anbieten. Diese Option richtet sich offensichtlich eher an kleiner Kommunen mit weniger ampelgeregelten Kreuzungspunkten, da die größeren Städte solche Systeme schon vor längerer Zeit eingeführt haben.

Public WLAN und Notrufknopf

Da die Steuerung der neuen Straßenlaternen nur noch bedingt über das seit Jahrzehnten gebräuchliche Rundsteuerungssignal erfolgen kann, benötigen die Laternen jetzt neben dem Stromanschluss auch einen Datenanschluss. Und wenn dieser vorhanden ist, dann erscheint es durchaus naheliegend, diesen auch für weitere Funktionen zu nutzen. Hier kommt dann als einfachste Anwendung ein Notrufknopf ins Spiel. Dieser könnte das Sicherheitsgefühl, das eine Straßenlaterne geben soll, von der Nacht auf den Tag erweitern.

Es lassen sich aber auch Möglichkeiten für ein öffentliches WLAN integrieren. Ob diese Hotspots in der Praxis angenommen werden, kann derzeit noch nicht abschließend beurteilt werden. Die erfolgreiche Nutzung des öffentlichen WLAN setzt möglicherweise weitere Investitionen in die Straßenmöblierung voraus. Sitzgelegenheiten oder Tische können die Nutzung des öffentlichen Netzzugangs sicherlich erleichtern. Und wenn man sich schon mit der Möblierung der Straßen beschäftigt, bieten sich auch Workout- und Trainingsgeräte und die Installation von Werbebannern und City Lights an.

Da stellt sich dann jedoch die Frage, wie wird eine solche Investition dann gerechtfertigt. Beim Internetzugang konkurriert man mit den Flatrateangeboten der Telekomprovider und den zunehmenden kostenfreien Angeboten von Cafes und Ladengeschäften. Möglicherweise bringt die platzierte Werbung dann die benötigten Erträge.

Staßenlaternen, Ladesäulen und Roaming

Im ersten Schritt wurden die Straßenlaternen bei SM!GHT um eine Ladestation für E-Mobile ergänzt, was sich aufgrund des vorhandenen Stromanschlusses grundsätzlich anbietet. In der Praxis stellt sich diese Nutzung jedoch nur als bedingt tauglich heraus, da der Laternenparker die Ladestation häufig länger belegt, als dies für den reinen Aufladevorgang nötig wäre. Daher bietet man inzwischen die Ladesäulenfunktion auch unabhängig von der Straßenlaterne an. Dazu kamen dann noch Landemöglichkeiten für E-Bikes und weitere Funktionen, wie beispielsweise Umweltsensoren.

Eines der Kernprobleme bei der Elektrifizierung des Individualverkehrs besteht bis heute einerseits in der Standortsuche, anderseits in der Abrechnung der Ladung an den öffentlichen Ladesäulen. Für die Standortsuche gibt es inzwischen eine Karte bei der Bundesnetzagentur sowie mehrere Apps, welche die verfügbaren Ladestationen aufzeigen.

Bei der Abrechnung der Ladung gibt es bislang noch größere Unterschiede. Es gibt derzeit knapp 240 unterschiedliche Ladekarten, die sich inzwischen allerdings zu Roaming-Systemen wie Smartlab, bzw. Ladenetz.de, SMATRICS, Plugsurfing und Plug’nRoll zusammengeschlossen haben.

Dabei ist die Abrechnung auch heute noch nicht einheitlich geregelt. So bieten beispielsweise die Stadtwerke Osnabrück ihren Kunden bislang eine kostenlose Ladekarte an, welche auch bei den Roaming-Partnern der SW Osnabrück genutzt werden kann. Ab dem kommenden Jahr soll die Karte selbst jedoch kostenpflichtig werden, das Laden jedoch nicht. Andere Anbieter berechnen die Ladezeit, jedoch nicht die Menge des geladenen Stroms. Bei der Bezahlung des Ladestroms wird derzeit noch weitgehend experimentiert und in der Praxis hat eine kürzlich veröffentlichte Studie des VDE gezeigt, dass die Kosten für die Buchung der Ladung bislang in Relation zum fürs Laden benötigten Strom viel zu hoch sind.

Die Entwicklung von Smart Streets steht erst am Anfang

Wie das finnische Unternehmen CS Control Software Oy in einer dieser Tage verbreiteten Pressemeldung verkündete, hat man für die Entwicklung seiner Algorithmen zur weiteren Automatisierung der Straßenbeleuchtung in jüngster Zeit deutliche Unterstützung zur Finanzierung der weiteren Entwicklung erhalten.

Man wolle das "Optimux" genannte System, welches Verkehrsdaten wie gefahrene Geschwindigkeit und Auslastung der Straßen erfassen und beispielsweise in Form von Prognosen auswerten kann, jetzt auch auf andere Bereiche übertragen. Die intelligente Straßenlaterne scheint somit nur ein Trainingselement für die weitere Automatisierung unserer Umwelt zu sein.