Solarenergie in China: Die Revolution versorgt ihre Kinder

50-MW-Solarkraftwerk, bereits 2017 in der Provinz Shanxi gebaut. Bild: Planet Labs, CC BY-SA 4.0

2023 wurden in China wohl grundlegende industrie- und klimapolitische Weichen gestellt. Die größte Leistung war im Energiebereich zu verbuchen. Hier die Zahlen.

Viele Analysten im Westen haben viel das von China für 2023 gemeldete Wirtschaftswachstum von 5,2 Prozent abgetan. Das sind übrigens dieselben Leute, die Sorgen über Chinas rasch steigende Autoexporte machen.

Doch es geht nicht um Autos. Viel wesentlicher ist, dass China im Jahr 2023 über 200 GW an Solarstromerzeugungskapazität und 300 GW an Solarproduktionskapazität aufgebaut hat.

Laut einer detaillierten Studie von Carbonbrief.org haben diese Investitionen in saubere Energien 40 Prozent des chinesischen BIP-Wachstums im Jahr 2023 ausgemacht.

Zum Vergleich: Die gesamte installierte Kraftwerksleistung in Deutschland betrug 2022 knapp 229 Gigawatt. Die unlängst verabschiedete deutsche Kraftwerksstrategie hat ein Volumen von zehn Gigawatt.

Investitionen in saubere Energien

Nicht alle deutschen Medien sind von dieser Entwicklung überrascht worden und manche haben auch die naheliegenden klimapolitischen Schlüsse gezogen: "Chinas Klimawende: Hat der Gigant seinen CO2-Höhepunkt erreicht?"

Mittlerweile hat sogar die ARD etwas gemerkt, will aber den Erfolg nicht wirklich anerkennen. Als Grund für die gute Entwicklung beim chinesischen CO2-Ausstoß wird die angeblich schwache wirtschaftliche Entwicklung des Landes genannt, die auch zu sinkender Nachfrage nach energieintensiven Gütern wie Zement und Stahl geführt habe.

Bis 2060 klimaneutral leben, arbeiten und produzieren

Nicht von der Hand zu weisen ist allerdings, dass Präsident Xi Jinping bereits im September 2020 vor den Vereinten Nationen angekündigt hatte, dass Chinas CO2-Emissionen vor 2030 ihren Höhepunkt erreichen sollen. Wind- und Solarenergie würden mit einer – für 2030 angestrebten – Erzeugungskapazität von 1.200 GW eine zentrale Rolle spielen.

Die Kohlenutzung solle voraussichtlich 2025 ihren Höhepunkt erreichen und im Laufe der Zeit auslaufen. Zusammen mit der Speicherung sollten 5.000 GW an erneuerbarer Kapazität in der Lage sein, die gesamte Grundlast der Stromerzeugung zu übernehmen. Bis 2060 will das Reich der Mitte klimaneutral leben, arbeiten und produzieren.

Und bisher hat die Kommunistische Partei Chinas Wort gehalten: Statt 2030 wird China wird noch in diesem Jahr eine Wind- und Solarkapazität von 1.200 GW erreichen – mehr als sechs Jahre früher als geplant.

Die KPC hat Wort gehalten

Wo diese Entwicklung kulminiert, ist keineswegs ausgemacht: Die aktuellen Schätzungen für die Erneuerbare in China im Jahr 2030 reichen von 2.400 GW bis hin zu 5.000 GW installierter Kapazität. Die Tagesschau spricht heute schon von "Überkapazitäten".

Denn derartige Investitionsvolumina machen sich natürlich auch bei den Preisen für die Photovoltaikanlagen bemerkbar. Die Preise für Photovoltaik-Module (PV-Module) sind 2023 um fast 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken. Die weltweite PV-Produktionskapazität wurde seit 2021 verdreifacht, was fast ausschließlich auf China zurückzuführen ist.

Bis Ende 2024 wird die weltweite Produktionskapazität für PV-Module um weitere 40 Prozent auf 1.100 GW steigen, wobei China – abhängig vom Produktionssegment - einen Anteil von 80-95 Prozent an der Lieferkette halten wird. Kein Wunder, dass den Bürokraten in Berlin und Brüssel schon ganz blümerant ist und jetzt Zölle auf PV-Anlagen erhoben werden sollen.

Solarenergie billiger als Kohle

Solarenergie ist in der Stromerzeugung schon jetzt billiger als Kohle. Solarenergie plus Energiespeicherung – also die Möglichkeit, Energie für bewölkte Tage etwa in Akkus vorzuhalten – stehen kurz davor, billiger zu werden als Kohle für Grundlaststrom.

Jetzt geht es Peking darum, ein nationales Netz zu skalieren und aufzubauen, das in der Lage ist, regionale Wetterbedingungen und saisonale Schwankungen mit der Stromnachfrage zu vereinbaren. Viel wird dabei vom Tempo der Batterieinnovation und der Skalierung der Netzinfrastruktur abhängen.

In China werden die nötigen Redundanzen, die eine PV- und speicherbasierte Stromerzeugung benötigt, nicht als Investitionshemmnis gesehen, sondern als Chance: Denn natürlich wird es zeitweise immer wieder zu viel Strom im Angebot geben. Doch sind diese Ausbrüche von "kostenlosem Strom" vorhersehbar, sodass er von neuen Industrien abgenommen werden kann.

‘Kostenloser‘ Strom?

Die Nutzungsmöglichkeiten für diesen "kostenlosen" Strom sind vielfältig. Sie reichen von Meeresentsalzung, den Indoor-Anbau von Pflanzen, umweltfreundliches Schmelzen von Metallen bis zur Erzeugung von Grünem Wasserstoff zum Beispiel für Flugzeuge.

Es könnte sein, dass China den oft wiederholten Vorwurf westlicher Ökonomen, unwirtschaftlich zu investieren, erneut widerlegt. Denn genau wie beim Wohnungsbau, den Hochgeschwindigkeitszügen, Straßen und Brücken wird auch die Solarinfrastruktur, werden Batterien und Elektrofahrzeuge den Menschen in China nutzen und ihren Wohlstand mehren.

Denn trotz all solcher "unwirtschaftlichen" Investitionen ist das Pro-Kopf-Einkommen der Haushaltsmitglieder in China seit der Finanzkrise 2008 um über 200 Prozent gewachsen – von 15.780 im Jahr 2008 auf 49.283 Yuan im Jahr 2022. Wer das Reich der Mitte dagegen nur aufgrund von Unternehmensbilanzen und Börsengewinnen beurteilt, befindet sich schlicht auf dem Holzweg.

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