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Sondierung: Außenpolitik war Schwarz-Rot bis auf Militärmissionen unwichtig

Tornado. 46%2B22_German_Air_Force_Panavia_Tornado_IDS_ILA_2012_01.jpg:Bild: Julian Herzog/CC BY-4.0

Die Truppen in Afghanistan und Mali sollen aufgestockt werden, warum der Einsatz in Jordanien fortgesetzt werden soll, bleibt im Dunklen

Außen- bzw. militärpolitisch will offenbar Schwarz-Rot nach dem Ergebnis [1] der Sondierungsgespräche mehr oder weniger alles so fortsetzen, wie die alte Regierung es gemacht hat. Die Bundeswehr soll weiterhin in Mali und Afghanistan bleiben. In Afghanistan soll die Zahl der Soldaten, bislang 980, erhöht werden, auch in Mali will man die "Obergrenze", bislang 1000, heraufsetzen. Im Irak, so beteuern die Sondierer, sei die Bundeswehrmission "erfolgreich" gewesen: "Der IS ist dort weitgehend militärisch zurückgedrängt." Die Konsequenzen daraus sind allerdings interessant.

Konkret werden weitere Initiativen über die militärischen Missionen hinaus für keines der drei Länder erwähnt. Abgesehen von dem Aufbruch Richtung EU ist die Außenpolitik ein Stiefkind geblieben. Predigtmäßig heißt es, die deutsche Außenpolitik sei dem "Frieden verpflichtet": "Gemeinsam mit unseren Partnern verfolgen wir einen umfassenden und vernetzten Ansatz. Dabei setzen wir auf Diplomatie, Dialog und Kooperation sowie Entwicklungszusammenarbeit. Im Rahmen dieses vernetzten Ansatzes bleibt die Bundeswehr ein unverzichtbarer Bestandteil deutscher Sicherheitspolitik."

Dementsprechend werden die Etats für Verteidigung und Entwicklungshilfe um 2 Milliarden Euro auf 3 Jahre erhöht. Das erscheint wenig angesichts des Drucks seitens der USA und der Nato, den Verteidigungshalt auf 2 Prozent des BIP zu erhöhen, aber auch angesichts des Willens, weiter auf militärische Außenpolitik zu setzen, aber auch die Bundeswehr mit entsprechenden Experten Cyberwar-fähig zu machen, die Personalstärke zu erhöhen und neues Material zu beschaffen bzw. vorhandenes einsatzfähig zu machen.

Im Hinblick auf den Irak wollen Schwarz-Rot nach dem Sondierungspapier das Ausbildungsmandat im Irak auslaufen lassen. Man zieht sich also von den Kurden zurück, die bislang unterstützt wurden. Das könnte auch ein Hinweis darauf sein, dass die Kurden, die vom Westen als Bodentruppen gegen den IS gebraucht wurden, nun fallengelassen werden könnten. Wie die USA sich hier weiter verhalten, ist ungewiss. Gut möglich, dass Russland und Damaskus im Bestreben, die Kontrolle über ganz Syrien zurückzuerobern, auch gegen die Kurden als Verbündete der USA vorgehen werden, zumal die USA diese wiederum nach der Niederschlagung des IS gebrauchen könnte, um ihren Einfluss in Syrien zu sichern.

Überdies will Schwarz-Rot die "Obergrenze des Anti-IS-Mandats zur Unterstützung und Entlastung unserer Verbündeten, insbesondere Frankreichs, deutlich" absenken, aber nicht beenden. Begründet wird dies nicht weiter, auch die Absicht, dieses Mandat zur umfassenden Stabilisierung und zur nachhaltigen Bekämpfung des IS-Terrors insbesondere durch capacity building" weiterzuentwickeln bleibt dunkel. Klar ist, dass der Kampf gegen den IS weiter dafür einstehen muss, Deutschland auch militärisch einen Einfluss in der Region zu sichern. Man zieht sich zwar aus dem Nordirak zurück, vielleicht auch, weil die Kurden mit ihrem Autonomiebestreben dort mit der irakischen Zentralregierung und der Türkei in einen gewaltsamen Konflikt geraten können. Im Irak haben die USA auch weitgehend an Einfluss verloren, der aber in Syrien aufrechterhalten werden soll, vor allem um eine schiitische Achse vom Iran über den Irak und Syrien nach Libanon zu verhindern. Deutschland scheint sich hier in die amerikanischen Interessen einreihen zu wollen.

US-Regierung will in Syrien den "bösartigen" iranischen Einfluss bekämpfen

Vor dem Auswärtigen Ausschuss des Senats hat vergangenen Donnerstag David Satterfield, der im Außenministerium zuständige Staatssekretär für den Nahen Osten, erklärt [2], die US-Regierung wolle mit dem fortgesetzten militärischen Einsatz den IS in Syrien beenden und Nordostsyrien stabilisieren, vor allem aber den "bösartigen" iranischen Einfluss bekämpfen. Was die in Syrien eingesetzten US-Soldaten, es sollen um die 2000 sein, und die Luftwaffe außer der Bekämpfung des IS machen, ließ das Regierungsmitglied im Dunklen. Das brachte selbst republikanische Senatoren auf, die fürchten, dass die USA weiter in den Konflikt hereingezogen werden könnten. Satterfield meinte [3], ein Abzug der amerikanischen Truppen würde nach der Bewertung des iranischen Einflusses entschieden. Dass sich das Pentagon verweigerte, einen Vertreter zur Anhörung zu schicken, löste ebenfalls Irritationen aus.

Allerdings sind iranische Verbände vor allem im Süden Syriens tätig, nicht im Nordosten, den die US-Regierung "stabilisieren", also zur Wahrung der eigenen geopolitischen Interessen sichern will. Satterfield betonte, dass die USA auch dann, wenn Russland den Kampf gegen den IS in Syrien beendet sieht, dies für die USA nicht gilt. Man werde den IS, al-Qaida und andere Terrorgruppen, die er nicht näher benannte, so lange bekämpfen, bis sie völlig vernichtet seien und nicht zurückkehren könnten.

Im Unterschied zum Irak gebe es in Syrien keine vertrauenswürdige Regierung. Man werde nicht mit Assad kooperieren. Humanitäre Hilfen und Aufbau der Infrastruktur werde es nicht in den von Assad kontrollierten Gebieten geben, solange es keinen politischen Übergangsprozess mit dem Rückzug von Assad gibt. Satterfield stellte auch heraus, dass die amerikanische Politik gegen den Iran auch der Sicherung von Jordanien und Israel dient.

Nach der Zerschlagung des IS machen die deutschen Aufklärungstornados keinen Sinn mehr

Offenbar will sich Schwarz-Rot den amerikanischen Interessen anschließen und/oder in Jordanien, wo die Aufklärungstornados und das Tankflugzeug nun auf dem Luftwaffenstützpunkt Al-Asrak stationiert sind, und Syrien auch militärisch präsent bleiben, um den Einfluss in der Region zu sichern. Die Aufklärungsflüge machen nach der Zerschlagung des IS in Syrien kaum mehr Sinn, da hier fast nur noch versprengte Gruppen unterwegs sind und der Kampf sich nun in den Untergrund verlegen wird.

Wenn Schwarz-Rot auf künftiges "capacity building" verweist, also etwa die Ausbildung jordanischer Soldaten oder auch syrischer Kämpfer (?), dann könnten die Tornados schon jetzt abgezogen werden und ließe sich die "Fähigkeitsentwicklung" mit Amtsantritt der Bundeswehr beginnen. Allerdings waren die Tornados seit Beginn des Einsatzes wohl eher symbolisch, um eine Mitwirkung Deutschlands zu signalisieren, als wirklich notwendig, da die Amerikaner zahlreiche Drohnen zur Erkundung und für sofortige Angriffe verwenden.

Die noch amtierende Verteidigungsministerin hat gerade die Bundeswehrsoldaten in Jordanien besucht [4] und überbrachte im Rahmen einer "Ertüchtigungsinitiative" Fahrzeuge und Flugzeuge für das jordanische Militär. Angeblich soll damit die "Beweglichkeit des jordanischen Militärs bei der Organisation der Aufnahme der Flüchtlinge im Grenzgebiet verbessert werden". Man will aber auch die Region "durch humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit" stabilisieren, wie, wurde offen gelassen.


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https://www.heise.de/-3941238

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.cdu.de/artikel/ergebnisse-der-sondierungsgespraeche-von-cdu-csu-und-spd
[2] https://www.foreign.senate.gov/hearings/us-policy-in-syria-post-isis-011118
[3] https://www.al-monitor.com/pulse/originals/2018/01/us-touts-military-build-up-against-iran-syria.html
[4] https://www.bmvg.de/de/aktuelles/ursula-von-der-leyen-besucht-bundeswehr-in-jordanien-21256