Stand der Kriegsvorbereitung gegen den Iran

Seite 2: Wirre Propaganda, fehlende Expertise

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Alle diese Hinweise sprechen dafür, dass die USA und ihre Verbündeten in der Region tatsächlich konkret einen militärischen Angriff auf den Iran vorbereiten. In ihrem verzweifelten Bemühen, irgendeinen Kriegsgrund gegen den Iran zu konstruieren, versucht die US-Regierung sogar, die iranische Regierung in Zusammenhang mit dem Terrornetzwerk al-Qaida zu stellen.

US-Außenminister Mike Pompeo übergab dem Kongress im Juni angeblich "geheime Informationen", in denen behauptet wird, dass enge Beziehungen zwischen dem Iran und al-Qaida bestehen. Dieser absonderlichen Konstruktion widersprach etwa Michael Hirsch. Er zitiert reihenweise Stimmen aus der Community der amerikanischen Geheimdienste, die auf die bekannte Feindschaft zwischen den sunnitischen Extremisten und der schiitischen Islamischen Republik verweisen.

Aus dem außenpolitischen Establishment der USA gibt es derweil besorgte Stimmen, weil das eigene Land aktuell nicht über einen Verteidigungsminister verfügt, und weil zahlreiche Botschafterposten besonders im Nahen- und Mittleren Osten nicht besetzt sind. Das Pentagon leitet gegenwärtig mit Mark Esper, ein "Amtierender Verteidigungsminister".

Mitte Juni hatte Patrick Shanahan, der vom Präsidenten eigentlich für das Amt vorgesehen war, erklärt, dass er den Posten nicht antritt. Dies bedeutet praktisch, dass die wichtigste Funktion für die amerikanische Kriegsführung mindestens bis Dezember 2019 unbesetzt bleiben wird. Der Posten ist bereits vakant, seitdem James Mattis im Dezember 2018 plötzlich zurücktrat.

Noch gravierender scheinen die Probleme im Außenministerium zu sein. Im April kam ein Prüfbericht zu dem Ergebnis, dass Hunderte Posten im Auswärtigen Dienst nicht besetzt sind. Am höchsten liegen die fehlenden Stellenbesetzungen ausgerechnet im Nahen- und Mittleren Osten, wo beinahe jede fünfte Stelle unbesetzt ist. Als Mike Pompeo im Januar durch die Region reiste, spottete die amerikanische Presse, dass er in den Ländern "allein unterwegs" sei. Von den neun Staaten, die der Außenminister besuchte, waren fünf ohne amerikanischen Botschafter.

Nicht einmal die oberste diplomatische Position für die Region, der "Stellvertretende Staatssekretär für den Nahen Osten", war im Außenministerium regulär besetzt. Ausgerechnet die wichtigsten US-Verbündeten in der Region - Jordanien, Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate, Katar und Saudi-Arabien - haben derzeit keinen US-Botschafter. Unbesetzte Botschafterposten werden "amtierend" mit Diplomaten besetzt, die allerdings im Gastland nicht den gleichen Einfluss haben.

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Kein Verlass auf die EU

Doch egal, wie stümperhaft und mutwillig die US-Außenpolitik in der Region zündelt, vonseiten der Bundesregierung und der EU sind keine klaren Initiativen zu erwarten. Im Falle Großbritanniens ist klar, dass es bereits in die laufende Strategie der US-Regierung eingebunden ist. Frankreichs Regierung zeigt sich ambivalent, dürfte aber - nach allen Erfahrungen, etwa in Libyen und Syrien - auf den Zug aufspringen.

Als einer der wenigen Außenpolitiker aus der EU sprach der Außenminister des kleinen Luxemburg Klartext: Jean Asselborn nannte die Iran-Politik der US-Regierung einen "totalen Fehltritt". Die Amerikaner haben durch ihren Umgang mit dem JCPOA "den Vertrag faktisch gebrochen".

Eine solche Sichtweise gib es auch in der Bundesregierung. Als der deutsche UN-Botschafter, Christoph Heusgen, im Juni im Auswärtigen Amt auftrat, wo eine Studie der Körber-Stiftung vorgestellt wurde, sprach auch er zum wiederholten Mal deutliche Worte: Der Umgang der US-Regierung mit dem JCPOA stellt einen "Bruch von internationalem Recht" dar, so Heusgen. Das Außenministerium unter Heiko Maas pflegt unterdessen weiter die Rede von einem "Rückzug der USA" aus dem Vertragswerk.

Von den vollmundigen Ankündigungen verschiedener EU-Politiker, dass man das JCPOA gegen die Trump-Regierung verteidigen werde, ist nichts übriggeblieben. Im Oktober 2018 drohte US-Finanzminister Steven Mnuchin dem europäischen Unternehmen SWIFT öffentlich damit, dass die USA gegen die Finanzbörse Sanktionen verhängen werden. Daraufhin suspendierte die Bankengenossenschaft still und heimlich sämtliche Transaktionen mit dem Iran, obwohl es dafür keinerlei Rechtsgrundlage gibt.

Obschon diese Durchsetzung von einseitigen US-Sanktionen in der EU komplett illegal ist, nahm man den Vorgang einfach hin. Ein von der EU angekündigtes Finanzinstrument namens INSTEX, das die Zahlungsabwicklung mit iranischen Unternehmen stattdessen hätte gewährleisten sollen, hat erst Ende Juni eine erste Überweisung getätigt.

Mit an Bord ist die ehemalige Kolonialmacht Großbritannien, wo europäische und iranische Unternehmen nun ihre Transaktionen registrieren sollen, obwohl das Land aus dem Five-Eyes-Verbund geradezu berüchtigt für seine mangelnde Distanz gegenüber der US-Außenpolitik ist.

Ursprünglich hätte INSTEX sämtliche Wirtschaftsbewegungen mit iranischen Unternehmen abrechnen sollten. Inzwischen ist nur noch die Rede von Arzneimitteln, Medizinprodukten sowie Lebensmitteln und Agrargütern, also Produktklassen, die ohnehin von den US-Sanktionen ausgenommen sind. Dies ermöglichte es US-Unternehmen, im vergangenen Jahr noch nach der Verhängung der Sanktionen Gensoja im Wert von 400 Millionen Dollar nach Iran zu liefern, den die chinesischen Unternehmen ihnen wegen des von Trump angezettelten Wirtschaftskrieges nicht mehr abnehmen wollten.

Da Iran ansonsten jedoch von internationalen Zahlungsverkehr abgeschnitten ist, treffen die Sanktionen der USA das Land mit voller Wucht - unter passiver Duldung der EU-Staaten. Die Unternehmen in der EU verlieren durch den eingebrochenen Iran-Handel im Übrigen bis zu 10 Milliarden Euro pro Jahr. Dazu gehören prominent die Werkzeug- und Maschinenbauer aus Deutschland, die bis 2018 jährlich Produkte im Wert von 4 Milliarden Euro in den Iran verkauften.

Obwohl sie selbst außerstande waren, den Handel mit dem Iran aufrechtzuerhalten, und sie sich de facto damit den nach europäischem Recht illegalen US-Sanktionen unterwerfen, zeigen die EU-Außenminister nun mit dem Finger auf den Iran: Die iranische Atombehörde hatte letzte Woche mitgeteilt, dass man als "Reaktion auf Sanktionen der USA" den im JCPOA festgelegten Anreicherungsgrad von Uran überschreite.

Nun erklären Heiko Maas und Federica Mogherini ihre "tiefe Besorgnis", dass Teheran "mehrere seiner Verpflichtungen" aus dem JCPOA nicht mehr einhalte. Das Land müsse "unverzüglich zur uneingeschränkten Einhaltung" der Vereinbarung zurückkehren, so die EU-Außenminister, die im vergangenen Jahr außerstande waren, ihren eigenen Verpflichtungen auch nur ansatzweise nachzukommen, nämlich den sanktionsfreien Handel mit dem Land zu gewährleisten.