Studie: So hat die Corona-Politik die Gehirne unserer Kinder beschädigt
Lockdowns haben neurologische Spuren hinterlassen. Besonders Mädchen zeigen mit beschleunigter Hirnalterung. Was das für ihre Zukunft bedeutet.
Immer mehr Studien belegen die negativen Folgen der Lockdown-Maßnahmen während der Corona-Pandemie auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen.
Höheres Risiko für Angststörungen
Eine aktuelle Untersuchung der University of Washington zeigt nun erstmals, dass die Lockdowns sogar die Struktur des sich entwickelnden Gehirns bei Teenagern veränderten – und zwar in Form einer beschleunigten Hirnalterung. Besonders betroffen waren Mädchen.
Die Forscher verglichen MRT-Daten von Teenagern vor und nach den Lockdowns. Dabei zeigte sich eine ungewöhnlich beschleunigte Ausdünnung der Hirnrinde (Cortex) nach den Lockdowns. Dieser Effekt war bei Mädchen deutlich stärker ausgeprägt als bei Jungen.
"Die Ergebnisse deuten auf eine größere Anfälligkeit des weiblichen Gehirns im Vergleich zum männlichen Gehirn für die Veränderungen des Lebensstils infolge der Pandemie-Lockdowns hin", schreiben die Autoren in der renommierten Fachzeitschrift PNAS, einem Journal der Wissenschaftlichen Akademie der USA.
Die vorzeitige Ausdünnung der Hirnrinde im Jugendalter wurde bereits in früheren Studien mit Stress, Traumata und Vernachlässigung in Verbindung gebracht. Sie erhöht das Risiko für die Entwicklung von Angststörungen, Depressionen und anderen psychischen Problemen.
Besonders Mädchen betroffen
Mädchen waren stärker von den sozialen Einschränkungen betroffen als Jungen. Das ist eine Erklärung dafür, warum ihr Gehirn stärker reagierte. Freundschaften und soziale Kontakte sind für Mädchen in dieser Altersphase besonders wichtig für die Entwicklung ihrer Identität.
Die langanhaltende Isolation durch die Corona-Politik führte daher vermutlich zu einem höheren Stressniveau.
Die Studie fand eine beschleunigte Ausdünnung der Hirnrinde in 30 Hirnregionen bei Mädchen, aber nur in 2 Regionen bei Jungen. Bei Mädchen waren Regionen in allen Hirnlappen und beiden Hemisphären betroffen, bei Jungen nur im Okzipitallappen.
Die Altersvorhersage des Modells ergab eine Beschleunigung um durchschnittlich 4,2 Jahre bei Mädchen und 1,4 Jahre bei Jungen. Der Effekt war bei 43 Prozent der untersuchten Regionen bei Mädchen größer als 0,5, aber nur bei sechs Prozent der Regionen bei Jungen.
Die am stärksten betroffenen Regionen bei Mädchen waren der bilaterale Gyrus fusiformis, die linke Insula und der linke Gyrus temporalis superior.
Diese Regionen spielen eine wichtige Rolle bei der sozialen Kognition, wie der Erkennung von Gesichtern und Emotionen sowie Empathie und Mitgefühl. Bei Jungen waren der linke und rechte laterale okzipitale Cortex betroffen, die an der Verarbeitung von Objekten und Gesichtern beteiligt sind.
Chronischer Stress auf niedrigem Niveau
Wie die Autoren der Studie betonen, liefern die Ergebnisse "einen potenziellen neurophysiologischen Mechanismus für Veränderungen der psychischen Gesundheit und des Verhaltens von Jugendlichen, die mit den Lockdowns in Verbindung stehen."
Da eine beschleunigte Hirnreifung mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung neuropsychiatrischer und Verhaltensstörungen assoziiert ist, unterstreichen die Befunde laut den Forschern "die Bedeutung einer kontinuierlichen Überwachung und Unterstützung von Personen, die während der Covid-19-Pandemie Jugendliche waren."
Die Forscher weisen auch darauf hin, dass die Pandemie-Lockdowns als "natürliches Experiment" die Untersuchung der Auswirkungen von chronischem Stress auf niedrigerem Niveau auf eine Population von Hunderten Millionen Menschen ermöglichten.
"Frühe Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Auswirkungen dieses geringeren chronischen Stresses für die Gesundheit von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen nachteilig waren", so die Autoren.
Was Eltern tun können
Um mit den Folgen umzugehen und betroffene Jugendliche zu unterstützen, können Eltern aber auch einiges tun:
Sie sollten die Gefühle ihres Kindes akzeptieren und Verständnis für seine Probleme zeigen. Hören Sie aufmerksam zu, ohne zu urteilen. Schaffen Sie eine vertrauensvolle Atmosphäre, in der Ihr Kind sich öffnen kann. Ermutigen Sie es, über seine Sorgen und Gefühle offen zu sprechen.
Unterstützen Sie Ihr Kind dabei, wieder mehr soziale Kontakte zu knüpfen und zu pflegen, zum Beispiel durch gemeinsame Aktivitäten mit Freunden. Ermöglichen Sie Ihrem Kind Bewegung und Sport, am besten an der frischen Luft. Regelmäßige körperliche Aktivität wirkt stressabbauend.
Gestalten Sie gemeinsame Familienzeit mit positiven Erlebnissen und Spaß, um Geborgenheit und Zusammenhalt zu stärken. Achten Sie selbst auf Ihre eigene psychische Gesundheit. Ein stabiles Umfeld und Vorbild hilft auch Ihrem Kind.
Bei anhaltenden psychischen Problemen oder Verhaltensänderungen Ihres Kindes sollten Sie sich nicht scheuen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, zum Beispiel über Schulpsychologen oder Kinderärzte. Eine frühzeitige Behandlung ist entscheidend, um eine weitere Verschlimmerung der Probleme zu verhindern.
Die Studie macht deutlich, wie massiv die Corona-Politik in die Entwicklung einer ganzen Generation eingegriffen hat - mit stärkeren Auswirkungen auf Mädchen. Jetzt gilt es, den Schaden einzudämmen und betroffene Jugendliche bestmöglich zu unterstützen.
Eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, denn die Folgen werden uns noch lange beschäftigen. Die politische Aufklärung steht – vor allem in Deutschland – aus.