Südamerika: Gefährliche frühe Hitze durch Klimawandel
Temperaturen liegen mehr als zehn Grad über dem zu dieser Jahreszeit üblichen Maß. Noch dramatischer ist der ausbleibende Regen. Wissenschaftler ordnen Ereignisse ein.
Eigentlich sollte in Südamerika südlich des Äquators jetzt der Frühling einkehren. Doch was der Süden Brasiliens, Paraguay, Bolivien und der Norden Argentiniens im September erlebte, waren eher Sommerbedingungen.
Vielerorts lagen die Temperaturen mehr als zehn Grad über dem zu dieser Jahreszeit üblichen Maß, wie im argentinischen Targal an der Grenze zu Bolivien.
Mehrfach die 40-Grad-Celsius erreicht
Dort haben die Tageshöchsttemperaturen schon seit der zweiten Augusthälfte mehrfach die 40-Grad-Celsius erreicht oder überschritten. Hier können die Temperaturwerte und Niederschlagsdaten der letzten 365 Tage an hunderten Stationen in der Region nachgelesen werden.
Noch dramatischer als die Temperaturdaten sind an vielen Stationen die Niederschlagsdaten, in denen sich ein großes Regendefizit widerspiegelt, im Inland hat es meist seit April nicht mehr geregnet, was für den Norden Argentiniens und die Jahreszeit nicht ungewöhnlich ist. Allerdings war auch schon der vorhergehende Winter viel zu trocken.
Anfang August, auf dem Höhepunkt der kalten Jahreszeit, waren die Temperaturen in Córdoba, Argentiniens nordwestlich von Buenos Aires gelegene zweitgrößte Stadt, auf 34 Grad Celsius gestiegen mehr als zehn Grad über dem dort im Winter üblichen.
Die Stadt liegt etwas südlich des 31. südlichen Breitengrades. Auf der Nordhalbkugel wäre das vergleichbar mit Kairo, Shanghai oder Houston.
Brände im Regenwald
Verfrühte Hitze und ausbleibende Niederschläge – verschärft dadurch, dass die hohen Temperaturen mehr Verdunstung bedeuten – haben inzwischen zu zahlreichen Waldbränden geführt.
In Bolivien wurden bisher 33 gezählt, in Paraguay, wo die Temperaturen pünktlich zu Frühlingsbeginn auf über 40 Grad Celsius geklettert waren, wurden 20 gezählt. Auch der Amazonas-Regenwald brennt wieder.
Katastrophale Dürre
Schon im vergangenen Sommer – die Sommermonate sind auf der Südhalbkugel Dezember bis Februar – hatte es in weiten Teilen Südamerikas eine ausgedehnte Hitzewelle gegeben, die im Zusammenhang mit einem großen Mangel an Niederschlägen, die Wasserversorgung in Uruguay bedroht hat und zu schwerwiegenden Ernteausfällen führte, wie wir hier auf Telepolis Anfang März berichteten.
Argentinien war von der schlimmsten Dürre seit 60 Jahren betroffen, und die dadurch verursachten Ernteverluste waren für die krisengeschüttelte Ökonomie des Landes ein weiterer schwerer Schlag, weil sie einen Rückgang der Deviseneinnahmen bedeuteten.
Welche Rolle der Klimawandel spielt
Da drängt sich natürlich die Frage auf, inwiefern diese katastrophale Dürre mit dem Klimawandel zusammenhängt. Dem sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den Niederlanden, Brasilien, den USA und Großbritannien mit einer sogenannten Zuordnungsstudie nachgegangen.
In derlei Untersuchungen wird mit verschiedenen Klimamodellen untersucht, wie häufig bestimmte Wetterereignisse, wie etwa die beschriebene Hitzewelle in Südamerika, aufträten, wenn die Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre noch auf dem vorindustriellen Niveau wäre und wie oft sie unter den gegenwärtigen Klimabedingungen auftreten.
Auf diese Art lassen sich Aussagen treffen, um wie viel wahrscheinlicher der Klimawandel das beobachtete Extremwetter gemacht hat. Wenn man außerdem die Treibhauskonzentration weiter erhöht, lassen sich auch Aussagen treffen, wie häufig ähnliche Ereignisse künftig auftreten könnten, wenn die Emissionen nicht endlich beendet werden.
Das Ergebnis: Unter gegenwärtigen Bedingungen ist eine derartige Hitzewelle, wie sie der Süden Brasiliens, Paraguay, Teile Boliviens und der Norden Argentinien im September erlebte, ein Ereignis, das alle 30 Jahre zu erwarten ist.
Ohne den Einfluss des Menschen, das heißt, ohne die zusätzlichen Treibhausgase in der Atmosphäre wäre ein solches Ereignis mindestens 100-mal unwahrscheinlicher und es würde um 1,4 bis 4,2 Grad Celsius kühler ausfallen.
Frühe Hitzewellen besonders gefährlich
Die Autorinnen und Autoren weisen ansonsten darauf hin, dass frühe Hitzewellen besonders gefährlich sind, da sich die Menschen zu dieser Jahreszeit bislang nicht auf die hohen Temperaturen eingestellt haben. Zudem sei die Hitze besonders für ärmere Menschen, die sich keine Klimaanlage leisten können, gefährlich.
Es gebe Berichte über einen Anstieg der Patienten in Krankenhäusern in der Region, aber genauere Aussagen über Opferzahlen ließen sich noch nicht machen. Dafür müssten die Sterbezahlen ausgewertet werden, die bisher nicht vorliegen.
Schließlich betonen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, dass viele Hitzeschäden und -opfer vermeidbar sind, wenn es entsprechende Notfallpläne gäbe. Diese würden aber bisher nirgendwo vorliegen.