T-Com verstößt weiter gegen das Verbot der Speicherung von Verbindungsdaten
Neuer Telepolis-Service: Nutzer tragen ihre Erfahrungen mit der Speicherpraxis von Providern ein
Fast vier Monate nach der letztinstanzlichen Niederlage der T-Com im Streit um die verdachtsunabhängige Speicherung der Daten von Flatrate-Kunden (Der erste legal anonyme Heise-Forenposter?) fängt der Konzern an, die Aufbewahrungsfrist für diese rechtswidrig gespeicherten Daten zu verkürzen (vgl. T-Com speichert IP-Adressen nur noch sieben Tage).
Der Osnabrücker Staatsanwalt und Sonderdezernent für Internet-Kriminalität Jürgen Lewandrowski vermutet als Grund für die Umstellung die Anfrageflut einer Hamburger Abmahnkanzlei, die für die Musikindustrie arbeitet. T-Com-Sprecher Ralf Sauerzapf dagegen erklärte die Umstellung gegenüber der Süddeutschen Zeitung damit, dass der Fall Holger Voss seinem Unternehmen "viel Post" von Flatrate-Kunden eingebracht hätte, die wie der vor Gericht siegreiche Telepolis-Leser behandelt werden wollten. Diesem Wunsch, so Sauerzapf, würde man mit der Verkürzung der Speicherdauer auf 7 Tage gerecht werden. "In einigen Wochen" so der T-Com-Sprecher, dürften sich alle Kunden über diese verkürzte Frist freuen.
Ob diese Maßnahme allerdings jene Kunden zufriedenstellt, welche die Telekom per Ankündigung einer Musterklage zur Einstellung der (noch) rechtswidrigen Speicherpraxis aufforderten, ist mehr als fraglich. Denn was Sauerzapf als Dienst am Kunden darstellen will, ist alles Andere als ein Bekenntnis zur aktuellen Rechtslage. Oder wie es ein Heise-Forumsteilnehmer formulierte: "Es ist illegal, also mache ich es nur ganz wenig? Danke Telekom."
Tatsächlich schreibt § 96 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) vor, dass Verkehrsdaten "nach Beendigung der Verbindung unverzüglich zu löschen" sind. Ausnahmen von diesem Verbot sind auf Einzelfälle beschränkt. Trotzdem gab der T-Com-Sprecher zu Protokoll, dass die Maßnahme mit dem Bundesdatenschutzbeauftragten Schaar abgestimmt sei. Auf eine Bitte nach Bestätigung dieser Aussage hat Schaar bisher nicht reagiert, auch ein offener Brief von Holger Voss blieb ohne Antwort.
Inwieweit die Verkürzung neben den Telekom-Töchtern T-Online und Congster auch die Speicherdauer der Verbindungsdauer von Telekom-Backbone-Nutzern wie 1&1 verkürzen wird, bleibt abzuwarten. Ebenso ist fraglich, ob andere Anbieter der Speicherpraxis der T-Com folgen werden, wie Schaars Sprecher Dietmar Müller vermutet.
Viele Anbieter geben gar keine oder nur sehr verwirrende Auskünfte zu den Speicherfristen (Wer die Verbindungsdaten speichert (und das Gegenteil behauptet)). Telepolis hat deshalb die am Ende des Artikel befindliche Übersicht, wer die Verbindungsdaten speichert, um eine Spalte erweitert, in die Benutzer ihre Erfahrungen mit der Speicherpraxis der einzelnen Provider eintragen können. Das Forum schließt an eine Übersicht an, die Telepolis nach einer Anfrage an 60 Flatrate-Anbieter veröffentlicht hatte (den Stand von 16.1.2007 finden sie im ersten Überblick: Wer die Verbindungsdaten speichert).
Obwohl die Provider fast einen Monat Zeit für eine Antwort hatten, trudeln immer noch Stellungnahmen ein. Teleos gab uns am 24. Januar zur Kenntnis, dass die Firma "grundsätzlich" keine dynamisch zugewiesenen IP-Adressen vorhalte und QSC teilte am 5. Februar mit, dass nicht zu Abrechnungszwecken benötigte, dynamisch vergebene IP-Adressen, "innerhalb weniger Tage" gelöscht würden. Bei NetCologne bestätigten Leser die Möglichkeit zum Opt-Out auf Anfrage, während bei HanseNet herauskam, dass der Provider die Verbindungsdaten für Alice-DSL-Flatrates trotz einer vermeintlichen Ausstiegsklausel speichert.
In der Rubrik Vorratsdatenspeichern berichten wir zukünftig über aktuelle Entwicklungen sowie über rechtliche und technische Datenschutzlösungen wie Relakks, TOR, I2P, Freenet, GNUnet, Mute, ANts P2P und RShare.