Todsichere Sicherheitspolitik
Seite 2: Nato inszeniert sich als Garant für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte
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Die Westmächte nutzen die Stunde für einen Propaganda-Coup, um Völkerrechtsbrüche von Nato-Staaten aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwinden zu lassen; sie forcieren ihre Hoch- und Atomrüstung unter Verweis auf Russland, das zur alleinigen Gefahr für den Weltfrieden stilisiert wird, während sie selbst sich als Hort der Freiheit, Demokratie und Menschenrechte darstellen.
Während seiner Polen-Reise Ende März 2022 forderte US-Präsident Joseph Biden:
… mit Blick auf den Krieg in der Ukraine die Länder der Europäischen Union und der Nato zu einem "langen Atem" auf … Der Kampf für Freiheit und Demokratie sei eine Aufgabe unserer Zeit …
Dies kann der Präsident jenes Staates sagen, auf dessen Konto ungezählte Regime-Change-Aktionen mit CIA-Einflussnahme und massive Kriegsverbrechen sowie weitere Völkerrechtsverstöße gehen, und er erhält Akzeptanz in der westlichen Öffentlichkeit.
Die einseitige Berichterstattung in führenden Medien zeigt die ihrem Aufwand entsprechende Wirkung: Auch bei vielen Jugendlichen ist "eine Angst entstanden und daraus das Bedürfnis, dass Deutschland sich besser verteidigen muss", so Laura Körner von der Landesschülervertretung NRW.3
Viele ordnen die Gefahr ausschließlich dem russischen Militär zu, während die Nato sich erfolgreich als Sicherheitsgarant inszeniert. Der feine Unterschied besteht darin, dass dieser Sicherheitsbegriff mit einer Abwehrbereitschaft und militärischen Befähigung gegen einen Feind gleichgesetzt wird, anders als beim Friedensbegriff, der nur im gemeinsamen Handeln aller Beteiligten zum Ziel führt.
Der Meinungsumschwung in der Öffentlichkeit wurde schon seit Jahren vorbereitet. Etwa durch die Werbekampagne der Bundeswehr "Mach, was wirklich zählt", durch Sprüche wie "Mach dich bereit, an dein Limit zu gehen" oder "Mach dich bereit für echte Verantwortung!"4
Die auf Jugendliche fokussierte Werbung fürs Militär findet ihre Entsprechung in der medialen Öffentlichkeit: 2015, also vor Jahren schon, hatte die auflagenstärkste Zeitschrift für Deutschlands öffentlichen Dienst beklagt, dass "große Teile der Bevölkerung wie der Medien eine ausgesprochen kritische Haltung gegenüber allem, was mit Streitkräften und Kriegswaffen zu tun hat" einnehme.
Die Nato hat auf diesen Zustand unter andrem mit einer Essener Strategiekonferenz im Herbst 2015 reagiert. Im Einladungsschreiben formulierte die Strategieschmiede Joint Air Power Competence Centre, der "Nato gegenüber feindlich eingestellte Einheiten (Entities hostile to Nato) wissen, dass das Wissen sowie das Verständnis für Luftstreitkräfte der Öffentlichkeit verwundbar ist".
Nato setzt auf Einflussnahme der öffentlichen Meinung
Strategische Kommunikation ist für die Nato zu einem Element psychologischer Kriegsführung geworden. Die Essener Konferenz empfiehlt in ihrem Schlussbericht:
Strategie und strategische Kommunikation sind untrennbar miteinander verbunden ... Botschaften lassen sich leichter in Form von Geschichten vermitteln; die Kraft des "Geschichten Erzählens" mit einer menschlichen Dimension: Klare, prägnante und einfache Botschaften …
Mit dieser Strategie der Nachrichtensteuerung verzeichnen die transatlantisch ausgerichteten Kräfte in Medien und Politik große Erfolge bei der Manipulation der öffentlichen Meinung.
Die Kräfte des Friedens und der Ökologie haben die Aufgabe, angesichts des Gegenwindes in ihrer Gegenaufklärung nicht nachzulassen. Die militärische Sicherheitslogik darf nicht zu einem bitteren Ende führen.
Es geht stattdessen darum, eine Weltgemeinschaft der Kooperation aufzubauen, die gemeinsam die Zukunftsgefährdungen durch die ökologische Katastrophe abwendet. Dies muss die Priorität einer Weltinnenpolitik werden, die einst der sowjetische Präsident Michail Gorbatschow einforderte.
Militär und Kriege erweisen sich nicht nur als größte Naturzerstörer, sondern sie sind auch zwingend zurückzudrängen, wenn die Menschheit überleben will. Der UNO-Generalsekretär U-Thant schrieb 19695:
… nach den Informationen, die mir als Generalsekretär der Vereinten Nationen zugehen, haben nach meiner Schätzung die Mitglieder dieses Gremiums noch etwa ein Jahrzehnt zur Verfügung, ihre alten Streitigkeiten zu vergessen und eine weltweite Zusammenarbeit zu beginnen, um das Wettrüsten zu stoppen, den menschlichen Lebensraum zu verbessern, die Bevölkerungsexplosion niedrig zu halten und den notwendigen Impuls zur Entwicklung zu geben.
Wenn eine solch weltweite Partnerschaft innerhalb der nächsten zehn Jahre nicht zustande kommt, so werden, fürchte ich, die erwähnten Probleme derartige Ausmaße erreicht haben, dass ihre Bewältigung menschliche Fähigkeiten übersteigt.
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