zurück zum Artikel

Trump will rigoros Entwicklungshilfe kürzen: Ende mit der Soft-Power-Politik

Trump setzt auf Militär statt Entwicklungshilfe. Bild: Weißes Haus

Bei fast allen Staaten, die Hilfen für Entwicklung, Wirtschaft und Gesundheit erhielten, wird gekürzt, manchmal um 100 Prozent, betroffen sind auch die Ukraine, Belarus, Georgien oder der Kosovo

Trumps Steuerreform, also beispielsweise die drastische Senkung der Unternehmenssteuer, die die USA zu einem Steuerparadies machen würde, wird einmal wieder so verkauft, dass das Geld, auf das der Staat verzichtet, die Wirtschaft wachsen lässt, zu neuen Jobs führt und letztlich die Steuereinnahmen wieder steigen lässt (Voodoo-Economics-Zombie? [1]). Liberale Wirtschaftstheorie gleicht sowieso oft einer Wundermaschine, die selbst zum Besten aller regulieren soll. Der von Liberalen beschworene Trickle-down-Effekt hat sich zwar nie eingestellt, aber scheint weiter ein Verkaufsargument zur Steuersenkung zu sein.

Während sich also die staatlichen Mindereinnahmen hier wundersamerweise selbst refinanzieren sollen, setzt die Trump-Regierung bekanntlich in vielen Bereichen den Rotstift ein, um Ausgaben zu senken. Die sollen, hatte Trump einmal annonciert, dann den Mauerbau und der zehnprozentigen Erhöhung der Rüstungsausgaben zugutekommen. Gestrichen werden sollen Ausgaben im Umweltbereich, bei den Neuen Energien oder der Klimaforschung (Geplante Haushaltskürzungen treffen Wissenschaften [2]), zudem müssen Bildungs-, Arbeits-, Gesundheits- und Wirtschaftsministerium mit Kürzungen rechnen. Trump hat es aber auch nicht mit der Soft Power, daher müssen die Budgets für das Außenministerium und die Entwicklungshilfe stark zusammengestrichen werden. Statt auf Diplomatie und Hilfen, setzt Trump auf militärische Stärke, wie er sie jetzt gegenüber Nordkorea oder Syrien zeigt, oder auf "faire" Wirtschaftsbeziehungen, in denen America first gilt (Trumps Politik: Militär; Sicherheit und Mauerbau [3]).

Bekannt war schon, dass Trump die Entwicklungshilfe praktisch einstellen will, um sie den Alliierten wie der EU zu überlassen. Jetzt sind detaillierte Budgetpläne für Programme des Außenministeriums und der Entwicklungshilfebehörde USAID [4] bekannt [5] geworden, die 2018 einsetzen sollen. Bekannt geworden ist, dass die Trump-Regierung die Entwicklungshilfebehörde eigentlich ganz kappen und mit dem Außenministerium verschmelzen will. Erstaunlich aber ist, wie radikal die Trump-Regierung den Stift ansetzen will, ohne anscheinend zu bedenken, welchen Rückschlag das für die US-Außenpolitik und deren Einfluss haben könnte. Der ehemalige USAID-Direktor Andrew Natsios, der die Behörde unter George W. Bush geleitet hat, der ebenfalls vor allem auf militärische Macht setzte, prophezeit langfristig ein Desaster: "Ich sage voraus, wir werden den Preis für schlecht ausgedachten und falsch bewerteten Organisationsveränderungen und Ausgabenkürzungen zahlen."

Natürlich wird Trump diese Kürzungen nicht einfach durchsetzen können, aber bei Kürzungen der Auslandshilfe werden die Republikaner im Kongress wohl im Großen und Ganzen mitspielen. Praktisch bei allen Ländern werden Programme etwa für Gesundheit (Global Health Programs), Wirtschaftshilfe (Economic Support Fund) oder Entwicklungshilfe (Development Assistance) zusammengestrichen, oft auf Null. Es gibt einige Ausnahmen, Irak, Syrien, Libyen Nigeria, aber auch in Ländern mit prekärer Sicherheitslage wie Jordanien, Marokko, Libanon oder Jemen wird gestrichen, ausgerechnet in Jemen, das vom US-Alliierten Saudi-Arabien bombardiert wird, soll das Gesundheitsprogramm um 30 Prozent gekürzt werden, die Wirtschaftshilfe um fast 15 Prozent. Auch in Afghanistan ist vorgesehen, die Wirtschaftshilfe um 20 Prozent zu kürzen, auch Nepal, Pakistan oder Sri Lanka trifft es. Staaten wie Turkmenistan, Tadschikistan oder Usbekistan werden praktisch leer ausgehen. Erstaunlicherweise sollen die Palästinenser aber ein wenig mehr Geld erhalten.

Afrika wird unwichtig, Europa auch

Afrika scheint für die Trump-Regierung nach dem Plan unwichtig zu werden. Hier wird radikal gekürzt, was nicht nur die EU, sondern auch China ausnützen werden. Insgesamt werden die Gelder für Afrika um 30 Prozent gekürzt, nur einige Länder wie Botswana, die Elfenbeinküste, Burkina Faso. Lesotho, Somalia und vor allem Namibia erhalten mehr. Nigeria erhält etwas weniger, keine Entwicklungshilfe mehr, aber dafür wird die Wirtschaftsförderung um 857 Prozent vervielfacht. Man hat zumindest oberflächlich den Eindruck, dass man auch mit einigen vielleicht persönlichen Interessen von Beteiligten hier etwas abzieht und dort etwas drauflegt. Niger, Mauretanien, die Zentralafrikanische Republik gehen ganz leer aus. Auch Dschibuti wird gekürzt, wo die USA in Camp Lemonnier einen wichtigen Militärstützpunkt für Drohnen haben, aber auch China einen Marinestützpunkt baut [6]. In Lateinamerika werden die Gelder für alle Länder gekürzt, auch in Peru um 40 Prozent. Auffällig ist hier aber, dass die Wirtschaftshilfe um mehr als 900 Prozent erhöht werden soll.

Interessant ist der Plan auch im Hinblick auf Europa und Eurasien. Hier wird flächendeckend gestrichen. Albanien -63 Prozent, Belarus ebenso wie Bosnien-Herzegowina oder Montenegro -100 Prozent. Selbst Polen soll leer ausgehen, auch wenn es in dem Topf nur 3 Millionen US-Dollar waren. Gekürzt wird aber auch im Kosovo, in Georgien, Serbien oder Moldawien. Und ganz auffällig in der Ukraine, wo die Hilfen von 570 Millionen auf 178 Millionen zusammengestrichen werden. Die Kürzung um fast 70 Prozent ist mehr als symbolisch, sondern zeugt von einem nachlassenden Interesse an dem Land, das von der Obama-Regierung gegen Russland massiv unterstützt wurde.

Foreign Policy zitiert William Taylor, unter George W. Bush US-Botschafter in der Ukraine und gegenwärtig Vizepräsident am Institute of Peace. Nach ihm sei ein wichtiges Ziel der Ukraine-Politik gewesen, sie den europäischen Institutionen zu nähern: "Es ist in unserem Interesse, dass sie sich nicht in Richtung der russischen Institutionen bewegen." Tatsächlich könnte man hier zur Vermutung kommen, dass die Trump-Regierung die Beeinflussungspolitik um Russland herum aufgeben oder reduzieren will.

Auch andere Programme und Behörden sollen gekürzt werden oder gleich ganz wegfallen. So soll das Budget des Bureau for Food Security um 68 Prozent heruntergefahren werden, das Lebensmittelhilfe leistet. Das Bureau of Oceans and International Environmental and Scientific Affairs, die Hilfe für Länder, die unter den Folgen des Klimawandels leiden, wird praktisch ausgetrocknet, auch die Milliarde US-Dollar sollen nicht mehr in den Green Climate Fund fließen, wie das beim Klimaabkommen in Paris beschlossen worden war. Wegfallen soll auch die Vertreterin für globale Frauenthemen, das Koordinierungsbüro für Cyberthemen oder Gelder für die Antiterror-Trans-Sahara-Partnerschaft.


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-3697522

Links in diesem Artikel:
[1] https://heise.de/-3696909
[2] https://www.heise.de/tp/features/USA-Geplante-Haushaltskuerzungen-treffen-Wissenschaften-3658896.html
[3] https://www.heise.de/tp/features/Trumps-Politik-Militaer-Sicherheit-und-Mauerbau-3657227.html
[4] https://www.usaid.gov/
[5] http://foreignpolicy.com/2017/04/24/u-s-agency-for-international-development-foreign-aid-state-department-trump-slash-foreign-funding/
[6] https://www.nytimes.com/2017/02/25/world/africa/us-djibouti-chinese-naval-base.html