Türkei: Wie die AKP mit Mafia, Söldnern und Dschihadisten kooperiert
- Türkei: Wie die AKP mit Mafia, Söldnern und Dschihadisten kooperiert
- Die Söldnerfirma Sadat
- Die Bundesregierung ist im Bilde - und schweigt
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Da sich der Pate Sedat Peker auch immer wieder selbst belastet, dürften seine Enthüllungen über kriminelle Verstrickungen der türkischen Regierungsparteien weitgehend glaubwürdig sein (Teil 2)
In der Türkei spielt gerade Real-Life-Krimi: Ein Mafia-Pate aus dem innersten Kreis des Tiefen Staates packt scheibchenweise darüber aus, wie das Erdogan-Regime und die Mafia die Türkische Republik gemeinsam regieren. Die Protagonisten blamieren sich mit ihren Dementis, weil sie quasi in Echtzeit von Sedat Peker der Lüge überführt werden. Dabei ist es im Grunde nicht neu, was er berichtet. "Viel von dem, was Peker sagt, wurde ja in den letzten Jahren schon von der kurdischen Presse enthüllt" , sagt der Historiker Nikolaus Brauns. Auch die kurdisch-türkische Linkspartei HDP sowie andere Oppositionelle und Medienschaffende wie Can Dündar hätten sich dazu geäußert.
Teil 1: Türkei: Wie nahe stehen sich Staat und Mafia?
Peker selbst ist ein rechtsextremer Anhänger des Turanismus, der ein Reich aller Turkvölker, genannt "Turan", propagiert. Er gehörte bis vor Kurzem dem innersten Kreis des "Tiefen Staates" an. Sein Wissen könnte deshalb das Regime von Präsident Recep Tayyip Erdogan, dessen islamisch-reaktionärer AKP und ihres Juniorpartners, der ultranationalistischen MHP ins Wanken bringen. Daher verfolgen Millionen türkischer Staatsbürger Pekers Videos mit großem Interesse.
Regierende stellen Gülen-Bewegung in den Vordergrund
Am 31. Mai berichtete Telepolis von den Anschuldigungen in Pekers siebtem Video: Der Sohn des früheren Ministerpräsidenten Binali Yildirim, Erkan Yildirim, soll über Venezuela und Panama Drogen im großen Stil in die Türkei geschmuggelt haben. Letztes Jahr soll er in Venezuela gewesen sein, um Kokain-Geschäfte abzuwickeln. Vater Yildirim dementierte: Sein Sohn sei in Venezuela gewesen, um Masken und Corona-Testkits dorthin zu bringen. Die oppositionelle Zeitung Cumhuriyet fand jedoch heraus, dass laut Zollunterlagen in diesem Zeitraum keinerlei Corona - Hilfslieferungen getätigt wurden.
Vielleicht ging es beim Besuch von Erkan Yilidirim neben dem Kokainhandel aber auch um den "Transfer" von venezolanischem Gold in die Türkei? Das erinnert wiederum an die Geldwäsche über die staatliche Halk Bank mit Gold unter Verletzung der US-Sanktionen gegen den Iran: Dazu tritt der zwielichtige Reza Zarab in den USA als Kronzeuge gegen die Türkei auf.
Man sollte annehmen, dass eine Regierung vorsichtiger agiert, nachdem sie der Zusammenarbeit mit der Mafia überführt worden ist und kriminelle Aktivitäten und Staatsterror ans Licht gekommen sind. Aber der mafiöse Stil innerhalb der türkischen Regierung ist heute tiefer verwurzelt als je zuvor. Erdogan und seine Clique sind sich der Loyalität des Westens und Russlands so sicher, dass sie munter weitermachen. Am 31. Mai berichtete die Tagesschau über die Festnahme und Entführung des Neffen des Predigers Fethullah Gülen, Selahattin Gülen, in Kenia durch den türkischen Geheimdienst MIT. Anfang Juni wurde Orhan Inandi, der Gründer und Leiter der fünf Sebat-Schulen des Gülen-Netzwerks in Bischkek, Kirgisien, tagelang in der türkischen Botschaft festgehalten. Über seinen anschließenden Verbleib gab es zunächst keine Nachrichten.
Die Türkei sorgte in den letzten Jahren immer wieder mit illegalen Entführungen von Oppositionellen durch den Geheimdienst für Schlagzeilen. Dem Neffen Gülens wird die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Die Gülen-Bewegung gilt in der Türkei als Terrororganisation und wird für den gescheiterten Putschversuch im Juli 2016 verantwortlich gemacht. In Deutschland genießen die Gülenisten Asyl. Die Gülen-Bewegung ist allerdings keine Bewegung eines modernen, aufgeklärten Islam, wie dies in Deutschland teilweise kommuniziert wird und weshalb ihre Einrichtungen in Deutschland mit öffentlichen Geldern gefördert werden.
Bevor es zum Bruch zwischen Erdogan und Gülen kam, hatte Gülen ein geheimes Netzwerk aufgebaut und seine Anhänger in Polizei und Staatsanwaltschaft untergebracht. Genau wie der AKP ging und geht es den Gülenisten um die Errichtung eines autoritären türkisch-islamischen Staates. Auch sie verfolgten die kurdische Bevölkerung und ließen morden. Sie waren ebenso Teil des tiefen Staates wie die AKP-ler um Erdogan.
Nachdem Erdogan verkündet hatte, dass Kriminelle ins Land gebracht und den Gerichten übergeben würden, griff Peker das Thema der illegalen Entführungen sofort auf und brachte es mit seiner Person in Verbindung: "Würde es etwas an der Wahrheit ändern, wenn man mich ins Land entführt, Bruder Tayyip? Du sagst, ich sei Teil einer internationalen Verschwörung gegen die Türkei. Dann werde ich im nächsten Video mit Bruder Tayyip sitzen und mit ihm von Bruder zu Bruder sprechen...Ich war dabei, als Du noch keine Macht hattest. Keiner von deinen jetzigen Lakaien war da...ich habe dir an die Macht geholfen. Im nächsten Video werde ich dich daran erinnern, wenn wir beide über unsere Sünden reden werden".
Support für Dschihadisten in Nordsyrien
Im achten Video berichtete Peker, die Söldnerfirma Sadat des ehemaligen Erdogan-Beraters Tanrıverdi habe 2015 direkt Waffen an die in Syrien aktive dschihadistische Al-Nusra-Front geliefert. Al-Nusra gehörte zunächst Al-Qaida an, bis sie am 28. Juli 2016 ihre Trennung von diesem Netzwerk und ihre Umbenennung zu "Dschabhat Fath asch-Scham" bekanntgab. Sie schloss sich dem "Islamischen Staat" (IS) an und wurde vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen 2013 als Terrororganisation eingestuft. 2015 lieferte die Türkei also Waffen an eine Terrororganisation.
Durch den Mord an der HDP-Aktivistin Deniz Poyraz in Izmir vor ein wenigen Tagen und die Vita des kurz darauf festgenommenen Täters kam heraus, dass Sadat seine Söldner auch in Syrien militärisch ausgebildet hat. Dies berichtete die HDP-Abgeordnete Hüda Kaya. Entsprechende Fotos ließen sich demnach auf seiner Instagramseite finden. Der Täter Onur Gencer gehört den Grauen Wölfen an und wollte offensichtlich ein Blutbad anrichten. Ursprünglich sollte an dem Tag ein HDP-Treffen mit 40 Personen stattfinden, das kurzfristig verschoben wurde.
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