UKIP stärkste Partei in England
Euro-euphorische Liberaldemokraten verlieren alle Sitze bis auf einen, Labour nur knapp vor Tories
Die UK Independence Party (UKIP) kommt in England und Wales auf einen Stimmenanteil von 27,5 Prozent und kann 23 (statt vorher 13) Abgeordnete ins Europaparlament entsenden. Die Labour Party landet mit 25 Prozent der Stimmen nur knapp vor den Tories. Beide Parteien kommen auf jeweils 18 Mandate. Das sind für die Tories sieben weniger und für Labour fünf mehr. Die auf nationaler Ebene mit den Tories regierenden euro-euphorischen Liberaldemokraten verlieren mit 7 Prozent der Stimmen alle bis auf einen ihrer elf Europaabgeordneten und fallen hinter die bislang zwei Abgeordnete starken Grünen zurück, die jetzt mit 8 Prozent drei Abgeordnete entsenden können.
Das Ergebnis in Schottland wird erst am Nachmittag erwartet, weil auf manchen der Westlichen Inseln am Sonntag nicht ausgezählt wird. Prognosen der BBCzufolge kommen die Scottish National Party und Labour dort jeweils auf zwei Sitze, die Tories und UKIP jeweils auf einen. Das Ergebnis aus Nordirland steht wahrscheinlich erst noch später fest. Hier gewinnen die Sitze gemeinhin religiös gebundene Regionalparteien verschiedener Radikalitätsgrade. Bestätigen sich die Vorhersagen in den beiden Landesteilen, wäre die UKIP die erste Partei, der es gelungen ist, das Quasi-Duopol von Labour und den Tories aufzubrechen und eine landesweite Wahl zu gewinnen.
Am stärksten schnitt die eurokritische Partei, die sechs von 10 ausgezählten Regionen gewann, in den östlichen Midlands ab, wo sie ihren Stimmenanteil von 16,5 auf 33 Prozent verdoppeln konnte. Labour führt in Wales, im Norden und in London, wo UKIP mit 16,9 Prozent nur auf dem dritten Platz landete.
Maßgeblich zum UKIP-Erfolg beigetragen hat der Parteivorsitzende Nigel Farage, der in den vergangenen Jahren durch zahlreiche Bonmots und ihre Verbreitung auf YouTube zum wahrscheinlich europaweit bekanntesten Europapolitiker wurde: Eine Art Franz-Josef Strauß und Herbert Wehner in Personalunion, dem kein anderer Parlamentarier auch nur annähernd rhetorisch Paroli bieten konnte (was freilich auch daran lag, dass viele Parteien nicht ihre charismatischsten Leute nach Brüssel und Straßburg schickten).
Farage verlautbarte nach seinem Sieg, dass er sich nun auf den Einzug seiner Partei ins Westminster-Parlament vorbereite, das im nächsten Jahr gewählt wird. Außerdem spekulierte er, dass das Resultat "ernste Konsequenzen" für die Vorsitzenden der Konservativen, der Sozialdemokraten und der Liberaldemokraten haben könnte. Vor allem der liberaldemokratische Parteivorsitzende Nick Clegg, der kurz vor seiner Wahl den englischen Thronfolger Prince Charles verteidigt hatte, als dieser den russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin mit Adolf Hitler verglich, sei nun "unhaltbar".
Nach bisherigen Hochrechnungen werden die euroskeptischen Parteien im Europaparlament mit 129 Sitzen die drittstärkste Gruppe hinter den proeuropäischen Konservativen mit 212 und den Sozialdemokraten mit 187 Mandaten sein. Dass die sehr unterschiedlichen Gruppen auch formell als Fraktion zusammenarbeiten, ist jedoch unwahrscheinlich. Farage hat bereits öffentlich sein Desinteresse daran bekundet. Viertstärkste Gruppe sind die Liberalen, die auf 71 Sitze kommen. Danach folgen die Grünen mit 55 Mandaten und die Linken mit 43.
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