UNEP-Warnung: 1,5-Grad-Ziel kurz vor dem Kipppunkt
Die Welt droht das 1,5-Grad-Ziel zu verfehlen. Ein neuer UN-Bericht warnt vor dramatischen Folgen für Mensch und Natur. Noch gäbe es einen letzten Ausweg.
Der aktuelle UNEP-Bericht "Emissions Gap Report 2024" zeigt: Um eine Erderwärmung von deutlich über zwei Grad bis zum Ende des Jahrhunderts zu verhindern, müssen die Länder ihre nationalen Klimaziele (NDCs) deutlich verschärfen.
Auf der COP29 in Baku, Aserbaidschan, müssen die Weichen dafür gestellt werden, dass die aktualisierten NDCs die Treibhausgasemissionen bis 2030 nahezu halbieren. Nur so kann das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens noch erreicht werden. Andernfalls drohe es in wenigen Jahren außer Reichweite zu geraten, warnt der Bericht.
"Es ist technisch noch möglich, auf dem 1,5-Grad-Pfad zu bleiben", sagt UNEP-Chefin Inger Andersen. "Dafür sind aber beispiellose Emissionsminderungen durch einen massiven Ausbau von Solar- und Windenergie sowie Aufforstung nötig."
Die neuen NDCs müssten von der gesamten Regierung getragen und schnell umgesetzt werden. Zudem sei eine verstärkte internationale Zusammenarbeit notwendig, einschließlich einer Reform der globalen Finanzarchitektur. Die Investitionen in den Klimaschutz müssten mindestens versechsfacht werden. Besonders gefordert seien die großen Volkswirtschaften und Emittenten in der G20, so Andersen.
Studie: Emissionen müssen bis 2030 um 42 Prozent sinken
Für einen kostenoptimalen 1,5-Grad-Pfad müssen die Emissionen dem Bericht zufolge bis 2030 um 42 Prozent gegenüber 2019 sinken, für 2 Grad um 28 Prozent.
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Bis 2035 wären es 57 beziehungsweise 37 Prozent. Da die Emissionen 2023 aber wieder um 1,3 Prozent auf 57,1 Gigatonnen CO2-Äquivalente gestiegen sind, müssten sie für 1,5 Grad um 7,5 Prozent und für 2 Grad um 4 Prozent pro Jahr sinken.
Jedes zehntes Grad zählt
"Jedes Zehntel Grad, das wir vermeiden können, zählt", betont der Bericht. Es gehe um gerettete Menschenleben, geschützte Ökosysteme und vermiedene Schäden.
Würden dagegen nur die aktuellen NDCs umgesetzt, steuere die Welt auf eine katastrophale Erwärmung von bis zu 2,6 Grad zu. Dann wären in Zukunft teure und großangelegte Maßnahmen nötig, um CO2 wieder aus der Atmosphäre zu entfernen.
G20 im Fokus: Sie verursachen 77 Prozent der Emissionen
Eine Schlüsselrolle kommt den G-20-Staaten zu, die 2023 für 77 Prozent der Emissionen verantwortlich sind. Durch den Beitritt der Afrikanischen Union zur G20 erhöht sich dieser Anteil lediglich auf 82 Prozent – ein Hinweis auf die unterschiedliche Verantwortung von Industrie- und Entwicklungsländern.
Da die G20 bis jetzt nicht einmal auf dem Weg sind, ihre aktuellen NDCs zu erreichen, müssten gerade die größten Mitglieder ihre Anstrengungen massiv erhöhen, so der Bericht. Gleichzeitig brauche es mehr Unterstützung für ärmere Länder, um Klimaschutz und Entwicklung zu verbinden.
Die Umsetzung der neuen Ziele erfordere einen ganzheitlichen Regierungsansatz mit Maßnahmen, die den ökologischen und sozialen Nutzen maximieren. Zudem müssten die Investitionen in den Klimaschutz mindestens versechsfacht werden – unterstützt durch Reformen des globalen Finanzsystems und ein starkes Engagement der Wirtschaft.
Zwar wären nicht alle Ausgaben zusätzlich, da ohnehin Investitionen notwendig sind, um den wachsenden Energiebedarf und die Entwicklung zu decken. Dennoch schätzt der Bericht die jährlichen Mehrkosten für Netto-Null auf 0,9 bis 2,1 Billionen US-Dollar bis 2050. Zum Vergleich: Die Weltwirtschaft ist 110 Billionen US-Dollar schwer.
Bericht: NDCs müssen konkret und transparent sein
Um die neuen Ziele zu erreichen, müssten die aktualisierten NDCs gut konzipiert, spezifisch und transparent sein, so der Bericht:
- Sie sollten alle Treibhausgase und Sektoren abdecken und konkrete Ziele mit Basisjahr enthalten.
- Sie müssten darlegen, wie nationale Nachhaltigkeitspläne mit ambitioniertem Klimaschutz vereinbar sind.
- Es benötige Transparenz, inwieweit der Beitrag dem fairen Anteil und dem höchstmöglichen Ehrgeiz entspreche.
- Detaillierte Umsetzungspläne mit sektoralen Zielen und Überprüfungsmechanismen seien entscheidend.
- Schwellen- und Entwicklungsländer sollten ihren Unterstützungsbedarf für den notwendigen Wandel benennen.
Schnelles und entschlossenes Handeln aller Länder sei jetzt notwendig, um das Ruder noch herumzureißen, so die Schlussfolgerung des Berichts.
Die COP29 in Baku biete die Chance, die Weichen für ambitionierte neue Klimaziele zu stellen. Jeder Sektor und jeder Akteur müsse seinen Beitrag leisten. Nur so könne die Erderwärmung noch auf ein erträgliches Maß begrenzt und katastrophale Folgen verhindert werden.