Ukraine-Krieg sprengt Arktischen Rat

Seite 2: Finnland und Schweden: schwierige Vorgeschichte mit Moskau

Finnland und Schweden haben ihre eigene Geschichte mit Russland, die hier nicht in aller Ausführlichkeit dargestellt werden kann. Bekanntlich war das finnische Territorium über Jahrhunderte Teil des Königreichs Schweden. 1809 musste Schweden Finnland nach verlorenem Krieg an Russland abgeben. 1917 erklärte Finnland sich zu einem unabhängigen Staat. Es folgten Grenzstreitigkeiten, der Angriff der Sowjetunion 1939 auf Finnland (Winterkrieg) und der Fortsetzungskrieg Finnlands auf Seite der Deutschen gegen die Sowjetunion. Finnland konnte nicht die Gebiete zurückgewinnen, die es haben wollte. Die heutige Grenze zu Russland besteht seit 1944.

Finnland und Schweden blieben westlich orientiert, aber blockfrei. 1995 traten sie gemeinsam der EU bei. Ein Nato-Beitritt hatte bisher keine Mehrheit in der Bevölkerung. "Die Allianzfreiheit war gut für uns", betonte Schwedens Ministerpräsidentin Magdalena Andersson noch vor kurzem und meinte, es sei in der aktuellen Lage nicht sinnvoll, etwas daran zu ändern. Allerdings kooperieren Schweden und Finnland bereits stark mit der Nato.

Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine gibt es nun erstmals in Meinungsumfragen mehr Menschen, die für einen Nato Beitritt sind, als Stimmen dagegen – sowohl in Schweden (49 Prozent dafür, 24 Prozent unentschlossen, 27 Prozent dagegen) als auch in Finnland (53 Prozent dafür. 19 Prozent unsicher, 28 Prozent dagegen).

Und als die außenpolitische Sprecherin Russlands, Maria Sacharowa, vor kurzem Schweden und Finnland vor einem Beitritt in die Nato warnte, wurde dies empört aufgenommen. "Ich möchte ganz deutlich sein: Schweden bestimmt selbst und selbstständig über unsere sicherheitspolitische Linie", sagte Andersson. Der finnische Präsident Sauli Niinistö nannte diese Art Drohungen "nicht neu", aber dramatisch mit Blick auf die Ukraine.

Dass vier Flugzeuge der russischen Luftwaffe am Mittwoch östlich von Gotland in den schwedischen Luftraum eingedrungen sind, wird auch nicht als Zufall angesehen.

Niinistö ist eigentlich Nato-Befürworter, ruft aber dazu auf, einen kühlen Kopf zu behalten. Auch in Schweden dürfte es nicht schon morgen so weit sein, sondern eher ein Wahlkampfthema werden.

Wie sehr der Angriff auf die Ukraine die politischen Verhältnisse im Norden gerade verschiebt, darf man aber daran ablesen: Erstmals seit dem finnischen Winterkrieg liefert Schweden Waffen an ein Land, das sich im Krieg befindet. Eigen Tag später zogen Finnland und Norwegen nach.

Schimpfwort "Finnlandisierung"

"Finnlandisierung" ist ein politisches Schimpfwort geworden – für eine Situation, bei der ein kleines Land die Interessen des großen Nachbarn "freiwillig" berücksichtigt. Eine solche Lösung für die Ukraine gilt vielen als inakzeptabel.

Immerhin hat es Finnland aber geschafft, mehr als 70 Jahre an der 1340 Kilometer langen Grenze zur Sowjetunion beziehungsweise Russland zu leben, ohne dass es weitere bewaffnete Konflikte, Tote und Zerstörung gegeben hat. Gemessen daran war es eine erfolgreiche Realpolitik und keine schlechte Grundlage für die Zukunft: In vielen Rankings ist Finnland heute auf Spitzenplätzen.

Welche Zukunft hat der Arktische Rat?

Wie viel international zerschlagenes Geschirr Russlands Präsident Wladimir Putin bei der Entscheidung zum Ukraine-Krieg eingepreist hat, ist schwer einzuschätzen. Je länger dieser Krieg dauert und je mehr Opfer er kostet, desto schwerer werden auch die diplomatischen Beziehungen zu reparieren sein.

Der Arktische Rat wurde gegründet in Zeiten der Entspannung. Seine Bedeutung ist über die Jahre immer weiter gewachsen: Zum einen, weil die Auswirkungen des Klimawandels gerade in der Arktis zunehmen, zum anderen wegen seiner blockübergreifenden Struktur. Zum 25. Jubiläum im vergangenen Jahr wurden ambitionierte Pläne und Ziele für die Zukunft beschlossen. Dauert die Pause zu lange, ist das Gremium tot.