Versucht Iran, USA und Israel in einen Krieg im Roten Meer zu locken?
Ein mutmaßliches Spionageschiff heizt den Konflikt an. Die USA beschuldigen Teheran, bei Huthi-Angriffen auf Schiffe zu helfen. Wie reagiert Washington?
Das Weiße Haus hat erklärt, dass der Iran beteiligt ist an den Angriffen auf den Schiffsverkehr vor der Küste Jemens. "Wir wissen, dass der Iran tief in die Planung der Operationen gegen Handelsschiffe im Roten Meer verwickelt gewesen ist", sagte die Sprecherin für nationale Sicherheit des Weißen Hauses [1], Adrienne Watson, in einer Mitteilung.
Das Land habe der jemenitischen Huthi-Miliz auch bei Drohnenattacken auf Schiffe mit Informationen geholfen, so Watson weiter. Das stehe im Einklang mit der "langfristigen materiellen Unterstützung und Ermutigung von destabilisierenden Aktionen der Huthi in der Region durch den Iran".
Laut einem Bericht des Wall Street Journal [2] (WSJ) vom Freitag, der sich auf westliche und regionale Sicherheitsbeamte beruft, gebe ein Überwachungsschiff im Roten Meer, das von Irans paramilitärischen Einheiten kontrolliert werde, gezielte Informationen an die Huthi weiter.
In dem Bericht wurde der Name des mutmaßlichen Spionageschiffs nicht genannt, aber es wird davon ausgegangen, dass es sich um die Behshad handelt, ein Frachtschiff unter iranischer Flagge, das seit Juli 2021 im Roten Meer vor Anker liegt.
Die Huthi haben zunehmend ihre Angriffe auf Handelsschiffe in der Meerenge von Bab el-Mandeb verstärkt, um ihre Solidarität mit dem Gazastreifen zu bekunden, der von Israel seit fast drei Monaten beschossen wird.
Die Huthi-Angriffe, die sich gegen eine wichtige Handelsroute, insbesondere für Öl, richten, haben einige Reedereien dazu veranlasst, Schiffe umzuleiten oder den Schiffsverkehr durch den Suezkanal einzustellen [3], was weitreichende Auswirkungen auf den Welthandel haben könnte.
Der iranische Frachter als Honigfalle
Die Huthi haben die Behauptung zurückgewiesen, dass ihre Angriffe von iranischen Geheimdiensten unterstützt wurden. "Es ist seltsam, alles dem Iran zuzuschreiben, als wäre das Land die stärkste Macht der Welt", sagte ein Sprecher der Gruppe dem WSJ.
Man habe eigene Überwachungseinrichtungen, die sich in den Jahren des Kriegs gegen die Miliz bewährt hätten. Auch Teheran hat bestritten, die jemenitische Rebellengruppe bei ihren Angriffen zu unterstützen.
Der Journalist John Helmer geht auf Grundlage von westliche und russische Quellen jedoch davon aus [4], dass die Positionierung der Behshad in der gegenwärtigen Situation ein Köder für riskante israelische oder US-amerikanische Operationen sei.
Man habe ihn, Helmer, darauf hingewiesen, dass nach dem Zwischenfall mit dem iranischen Saviz-Schiff, das vor zwei Jahren wohl von Israel mit einer Mine im Roten Meer schwer beschädigt wurde, die Schiffsortung und das Schiffstracking im Roten Meer und im Golf von Aden an geheime Orte an die jemenitische Küste verlegt worden seien.
"Ich vermute", so eine Quelle, "dass die Behshad eine Honigfalle ist, aber ich habe keine Ahnung, welche Reaktion die Iraner, Russen und Chinesen für den Fall eines Angriffs auf die Behshad ausgearbeitet haben."
Washington hatte vor Kurzem "Operation Prosperity Guardian" gestartet. Mit der internationalen Eingreiftruppe sollen die Angriffe der Huthi abgewehrt werden.
Wie Michael Horton von der Jamestown Foundation und Mitbegründer von Red Sea Analytics International (RSAI) feststellt [5], befänden sich Militärschläge vonseiten der USA in einem fortgeschrittenen Planungsstadium. Sie seien aber eine "schlechte Option für den Umgang mit den Huthi".
Einige Europäer scheren aus
Die militante Gruppe habe die jahrelangen Luftangriffe Saudi-Arabiens und der Vereinigten Arabischen Emirate während ihrer Intervention im Jemen nicht nur überlebt, sondern sei militärisch und politisch erfolgreich daraus hervorgegangen.
Die von Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten geführten Luftangriffe hätten die öffentliche Wut geschürt und wirkten wie ein Klebstoff, der die breitere Huthi-Organisation zusammenhalte.
Die Biden-Regierung überlegt außerdem, die Huthi wieder zu einer ausländischen Terrororganisation zu erklären. Doch das würde wenig bringen, so Horton, und zudem die Versorgung der Menschen mit humanitären Gütern erschweren.
Die Europäer, die ebenfalls Kriegsschiffe in die Region schicken wollen, sind uneinig und oft nicht gewillt [6], unter US-Befehl militärisch gegen die Huthi und den Iran vorzugehen. Sie wollen sich primär auf den Schutz ihrer eigenen Handelsschiffe konzentrieren.
So scheint sich Frankreich von der US-Allianz abkoppeln zu wollen – ob momentan oder permanent, ist allerdings unklar. Das Schifffahrts-Nachrichtenportal gCaptain berichtet [7] mit Bezug auf Quellen aus der US-Schifffahrt, dass …
die prekäre Lage der unter US-Flagge fahrenden Schiffe, die mit militärischer Ladung in der Nähe des Roten Meeres gestrandet sind, im Zentrum der US-Sorge steht. Die Franzosen wollen ihren Schiffen Vorrang einräumen, während Handelsschiffe unter US-Flagge – zu deren Schutz die US-Marine verpflichtet ist – für die USA auf nicht nachvollziehbare Weise geringere Priorität genießen. Der dringend benötigte Schutz, der durch den jüngsten Raketenangriff auf einen unter US-Flagge fahrenden Tanker in Israel noch unterstrichen wurde, zeigt in aller Deutlichkeit, wie verwundbar diese Schiffe sind, weil es keinen angemessenen militärischen Schutz gibt. Diese kritische Situation bedroht nicht nur die Sicherheit der Schiffe, sondern wirft auch tiefgreifende Fragen über die Entschlossenheit der Vereinigten Staaten auf, ihre maritimen Güter zu schützen – ein Engagement, das gefährlich ins Wanken zu geraten scheint.
US-Militärschläge würden Huthi in die Karten spielen
Russland scheint über Gespräche mit dem Iran und den Huthi sichergestellt zu haben [8], dass seine Tanker ungehindert durch das Rote Meer und die Meeresstraße Bab el-Mandeb fahren können.
Das Zögern und Widerstreben der Europäer, militärisch vorzugehen [9], das diplomatische Agieren Russlands im Hintergrund und vor allem die Tatsache, dass wichtige Marine-Verbündete der USA wie Australien, Japan und Südkorea bei "Operation Prosperity Guardian" nicht mitmachen [10], ist Zeugnis von divergierenden Zielen, schlechter Koordination und schwindender Unterstützung für eine US-Führung im Roten Meer, die einen neuen Kriegsschauplatz erzeugen könnte.
Eine militärische Reaktion der USA wäre zudem durchaus etwas, das von den Huthi als Erfolg verbucht würde. Sie werden im Jemen, aber auch im arabischen Raum, immer mehr als "die einzige muslimische Gruppe, die sich gegen die israelische Aggression stellt", angesehen [11], während sie die vom Iran bereitgestellten Waffen ihren Bedürfnissen anpassen.
Die Miliz sei zudem ein Meister der asymmetrischen Kriegsführung – wie ihre Offensiven am Roten Meer deutlich gezeigt haben. Sie würde auf US-geführte Angriffe mit Angriffen auf die Energieinfrastruktur in Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten reagieren, während die Handelsschiffe im Roten Meer nur schwer gegen die Huthi-Schläge geschützt werden könnten, betont Horton [12].
Die Huthi haben ihr Ziel weitgehend erreicht: Israel und seinen Verbündeten Kosten aufzuerlegen, ihre regionale Reichweite zu demonstrieren und die Unterstützung im eigenen Land zu stärken. Die USA und ihre Verbündeten haben keine guten Optionen, wenn es um den Umgang mit den Huthi geht. Abgesehen davon, dass sie Israels unerbittliche Offensive im Gazastreifen einschränken sollten, besteht die einzige Möglichkeit, eine Eskalationsschleife zu vermeiden, darin, dass die USA die von Saudi-Arabien und Oman geführten Bemühungen zur Eindämmung der Drohungen und Angriffe der Huthi weiterhin unterstützen.
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[1] https://www.voanews.com/a/us-says-iran-deeply-involved-in-red-sea-attacks-on-commercial-vessels/7409355.html
[2] https://www.wsj.com/world/middle-east/iranian-spy-ship-helps-houthis-direct-attacks-on-red-sea-vessels-d6f7fd40?mod=hp_lead_pos3
[3] https://www.heise.de/tp/features/Panamakanal-und-Rotes-Meer-Stehen-wir-bald-wieder-vor-leeren-Regalen-9581005.html
[4] https://johnhelmer.net/honey-trap-for-israelis-and-americans-in-the-red-sea/
[5] https://responsiblestatecraft.org/houthi-missiles-israel/
[6] https://gcaptain.com/spain-italy-france-decline-us-command-of-red-sea-operation-prosperity-guardian/
[7] https://gcaptain.com/french-navy-quits-operation-prosperity-guardian/
[8] https://johnhelmer.net/running-the-red-gauntlet-russia-is-negotiating-with-the-houthis-for-red-sea-passage-of-oil-cargoes-defying-us-eu-sanctions/
[9] https://gcaptain.com/spain-italy-france-decline-us-command-of-red-sea-operation-prosperity-guardian/
[10] https://gcaptain.com/french-navy-quits-operation-prosperity-guardian/
[11] https://responsiblestatecraft.org/israeli-airstrike-syria-iranian-commander/
[12] https://responsiblestatecraft.org/yemen-houthi-red-sea/
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