Vertrauensbildende Maßnahmen

Tagung "Europas Verbraucher online", Bonn, 10. und 11. Juni 1999.

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

"Wir wollen das Vertrauen der Nutzer und Verbraucher in die neuen Möglichkeiten stärken", meinte Siegmar Mosdorf, Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft, und an Minister Müllers statt erschienen. Eine Angelegenheit, die offensichtlich notwendig ist, wie sich anhand einer von Horst Reichenbach (Generaldirektor der EU-DG24, Verbraucherpolitik) präsentierten Studie von Consumers International zeigte.

"Die Internetwelt ist nicht heil":

  1. acht Prozent der im Rahmen der Studie bestellten Waren kamen niemals beim Verbraucher an
  2. nur ein Drittel der Webangebote informierte auch über allfällige Beschwerdemöglichkeiten
  3. kaum Informationen gab es über die Kosten der Zustellung bei Bestellungen aus dem Ausland
  4. nur ein Fünftel der Webangebote enthielt die Zusicherung, daß Verbraucherdaten nicht weitergegeben werden.

Heiko Steffens (TU-Berlin und Präsident der AgV,Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände) verlangte, daß beim Ecommerce mindestens der gleiche Schutz für den Verbraucher gegeben sein muß wie beim herkömmlichen Handel. Die Politik ist hier gefordert, aber damit ist wohl auch in Hinblick auf die EU zu fürchten, daß sich eher eine Abwärtsspirale in Gang setzt.

EU reicht nicht

Klar scheint aber mittlerweile auch, Mosdorf betonte dies nachdrücklich, daß beim Online-Shopping EU-Regeln überhaupt nicht ausreichen: im globalen Markt muß auch auf globale Spielregeln gesetzt werden, was heißt, es sind auf OECD- und/oder WTO-Ebene klare Verhältnisse zu schaffen. Und auf dieser Ebene muß auch für eine Mitwirkung der Verbraucherverbände gesorgt sein, ist eine der Forderungen der BEUC (Europäischer Verbraucherverband).

Spamming und ENFOPOL machen ratlos

Auf die Frage, wie sich denn das Vertrauen der Verbraucher gut entwickeln könne, wenn die EU einerseits den Werbeattacken auf die Internetnutzer Grünes Licht gibt (Stichwort: Ecommerce-Richtlinie), und andererseits die staatlichen Sicherheitsbehörden (Stichwort: ENFOPOL) sozusagen Zugriff auf jedes verschickte Elektron bekommen, reagierten Reichenbach und Mosdorf jedoch etwas ratlos. Natürlich, es gibt die deutschen Eckpunkte zur Kryptopolitik, es soll eine ENFOPOL-Diskussion geben (wann? wie?), und bei der kommerziellen Email-Werbung ist jetzt mit der Opt-out-Lösung des Europaparlaments niemand mehr so recht glücklich. Offenbar kann sich hier - in Anbetracht der Ratlosigkeit - noch was bewegen.

Online, aber nicht shoppend?

Emily Nagle Green von Forrester Research, Amsterdam erzählte, daß es diesen September die ersten echten europäischen Daten geben werde - offenbar sind die bisher gehandelten also Schätzungen. Nicht mehr so euphorisch, dafür aber sehr genau, wurde das Online-Shopping-Volumen für Europa für 1999 mit 372 Millionen USD ausgewiesen. In zwei Jahren werden es exakt 4,568 Milliarden sein. Von den ganz wundersamen Prognosen sind die Marktforscher jetzt also weg, dafür schlagen sie sich mit dem "Online-Gap" herum: nur ein Viertel der US-Haushalte, die online sind, geht auch online shoppen. Spätestens ab da vergaß dann Frau Green, daß europäische Verbraucherleute ihr lauschten und versuchte sich in sehr schön modellierten Marketingszenarien.