"Viel Spaß daran, Brüssel eine Menge Ärger zu bereiten"
Im Europaparlament formieren sich Fraktionen neu
Beppe Grillo, der Gründer des Movimento 5 Stelle (M5S) führt derzeit mit dem UKIP-Vorsitzenden Nigel Farage Sondierungsgespräche über eine Mitarbeit der M5S-Europaabgeordneten in Farages 2009 gegründeter Fraktion "Europa der Freiheit und der Demokratie" (EFD). Nach einem ersten Mittagessen in Brüssel meinte Grillo, Farage sei keineswegs ein Rassist (was ihm manche seiner politischen Gegner unterstellen), sondern habe Humor und einen Sinn für Ironie.
Farage kommentierte den bisherigen Verlauf der Sondierungsgespräche mit der Bemerkung, dass man gemeinsam "viel Spaß daran haben könne, Brüssel eine Menge Ärger zu bereiten". Hinsichtlich gemeinsamer Ziele konnte man sich unter anderem auf mehr direkte Demokratie einigen.
Darüber, ob die Zusammenarbeit, der einige der 17 gewählten M5S-Kandidaten skeptisch gegenüberstehen, zustande kommt, wird wahrscheinlich eine Online-Abstimmung entscheiden. Der EFD-Fraktion gehörten in der letzten Legislaturperiode neben der UKIP, der "helenozentrischen" LAOS, den Wahren Finnen, der Dansk Folkeparti, der slowakischen Slovenská Národná Strana (SNS), der litauischen Tvarka ir Teisingumas (TT), der niederländischen Kalvinistenpartei SGP und Philippe de Villiers Mouvement pour la France auch die nicht mehr im neuen Europaparlament vertretene Solidarna Polska und die italienische Lega Nord an.
Die Lega Nord hat nun angekündigt, sich an einer neuen Fraktion zu beteiligen, die von Marine le Pens Front National angeführt wird. Diese Partei kann nach ihrem Wahlsieg und mit ihren 24 Mandaten eine Anforderung der Fraktionsbildung (mindestens 25 Abgeordnete) fast im Alleingang erfüllen. Um die andere Voraussetzung - die Teilnahme von Politikern aus mindestens sieben Nationen - Wirklichkeit werden zu lassen, verhandelt le Pen gerade mit Vertretern anderer Gruppierungen.
Neben der Lega Nord haben auch die österreichischen Freiheitlichen, Geert Wilders niederländische PVA und der belgische Vlaams Belang Interesse an einer Mitarbeit bekundet. Weitere mögliche Teilnehmer könnten der polnische Kongres Nowej Prawicy (KNP) und die tschechische Strana Svobodných Občanů (SSO) sein, die neu ins Europaparlament einziehen. Explizit ausgeschlossen hat le Pen bereits eine Aufnahme rechtsextremer Parteien wie der ungarischen Jobbik, der griechischen Chrysi Avgi und der deutschen NPD.
Die Alternative für Deutschland (AfD) will den derzeitigen Bekundungen ihres Vorsitzenden Bernd Lucke nach weder bei le Pen noch bei Farage mitmachen. Schon im Wahlkampf, als die AfD-Jugendorganisation Farage zu einer Diskussionsveranstaltung in Köln eingeladen hatte, war die Parteispitze sehr um Abgrenzung zur UKIP bemüht. Daran wird sich voraussichtlich auch dann nichts ändern, wenn Beppe Grillos M5S anstatt der Lega Nord als Vertreter Italiens in der EFD-Fraktion sitzt - Lucke möchte nämlich Teil der Fraktion der "Europäischen Konservativen und Reformisten" (EKR) werden, die von den britischen Tories angeführt wird, und der unter anderem die konservativen Parteien aus Tschechien und Polen angehören.
Im Europaparlament existiert auch für ideologisch weniger eng verbundene Parteien ein Anreiz, Fraktionen zu bilden: Sie haben dann Anspruch auf mehr Büros, mehr Mitarbeiter und mehr Redezeit. Einen Fraktionszwang, wie man ihn aus deutschen Parlamenten kennt, gibt es zumindest in Farages EFD nur sehr bedingt: Dort stimmten die Abgeordneten in der Vergangenheit nur etwa in der Hälfte aller Abstimmungen geschlossen ab - in anderen Fraktionen lag dieser Wert bei über 80 Prozent.
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