Von Armut bedrohte Mieter: Ein trauriger Europarekord

Seite 2: Zinsbindung, Bankenrettung und Wohnungsmarkt

Die Zinsen sind oft kurzfristig an den Euribor gebunden und werden halbjährlich oder jährlich angepasst. Der Euribor ist der Zinssatz für Interbankengeschäfte.

Als der in der Finanzkrise explodierte, wurden Zinsen für viele schnell unbezahlbar, obwohl die Europäische Zentralbank die Leitzinsen damals senkte. Der Interbankensatz war ab 2015 sogar negativ, steigt seit einem Jahr steil an und ist nun auf über drei Prozent gestiegen. Das hat fatale Folgen für viele Hypothekenkredite.

Wurden Banken mit Steuermilliarden gerettet, flogen einst zahllose gebeutelte Familien aus ihren Wohnungen. Auf das knappe Angebot auf dem Mietmarkt traf so plötzlich zudem eine große Nachfrage und trieb die Preise zusätzlich an.

Über die Finanzkrise wurde der Wohnungsmarkt in Spanien komplett umgekrempelt. Seit 2011 geht die Zahl derer stark zurück, die in eigenen Wohnungen leben. Damals waren es fast 83 Prozent, 2020 nur noch knapp 74 Prozent. Bei jungen Menschen unter 35 Jahren hat sich die Zahl von einst 69 Prozent sogar fast halbiert.

Besonders junge Menschen wurden seither in die Mietfalle gedrückt, die zudem unter besonders prekären Arbeitsbedingungen leiden. Explodierende Mieten und Kaufkraftverluste über die hohe Inflation haben Mieten für viele längst unbezahlbar gemacht.

Nach Angaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) haben Beschäftigte hier allein 2022 im Durchschnitt 5,5 Prozent Kaufkraft verloren. Dabei sind zum Beispiel in der katalanischen Metropole Barcelona, wo schon in der 40 Prozent zur Miete wohnen, die Mieten zwischen 2010 und 2020 um gut 136 Prozent angestiegen.

Die Löhne dagegen nur um 43,5 Prozent, also nicht einmal ein Drittel davon. Die Durchschnittsmiete stieg 2022 auf 1.077 Euro und frisst damit praktisch den Mindestlohn auf, von dem viele Menschen leben müssen.

Die sozialdemokratische Regierung hat vier Jahre fast ungenutzt verstreichen lassen. Sie hat nicht einmal verhindert, dass viele Hypotheken weiter an den Euribor gebunden sind. Das wird wegen der steigenden Leitzinsen zu einer neuen Enteignungswelle und zu noch stärkerem Druck auf dem Mietmarkt führen, da Zinsen erneut für viele unbezahlbar werden.

Das neue Wohnungsgesetz, kurz vor anstehenden Kommunal- und Regionalwahlen am 28. Mai gerade beschlossen, bringt allerdings auch keine Mietsenkungen, deckelt sie nicht einmal, wie an dieser Stelle schon herausgestellt wurde.

Sie dürfen sogar weiter steigen, 2024 um drei Prozent, danach soll die Steigerung auf die Inflationsrate begrenzt werden. Da die Löhne damit aber nicht mithalten, geht die Schere weiter auf. Auch die Zahl der Miet-Zwangsräumungen wird deshalb steigen. Positiv erklärt die BdE zum neuen Gesetz, dass ein "größer Schwerpunkt auf die notwendige Erhöhung des Mietangebots" gelegt werde.

Es werden aber sicher viele Jahre vergehen, bis sich das spürbar verändern kann. Bisher hatten sich die Sozialdemokraten sogar den Forderungen des Juniorpartners Podemos wiedersetzt, Wohnungen endlich auf den Markt zu bringen, die die staatliche Bad Bank von Banken übernommen hat.

Auch das soll nun vor den Wahlen doch geschehen. Aber das sind bestenfalls 50.000, von denen viele erst fertiggestellt und 15.000 sogar erst gebaut werden müssen, gibt die Regierung zu.