Von Bienen bis Ameisen: Insekten als Schlüssel für eine gesunde Ernährung
- Von Bienen bis Ameisen: Insekten als Schlüssel für eine gesunde Ernährung
- Bis zu vierzig Prozent aller Böden weltweit sind geschädigt
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Es gibt immer weniger Insekten, die unsere Nutzpflanzen bestäuben. Das wirkt sich negativ auf die Qualität unserer Lebensmittel aus. Das sind die Folgen.
Wenn über Gesundheit im Zusammenhang mit Insekten gesprochen wurde, ging es häufig um negative Effekte: Insekten können Krankheiten übertragen. Ein anderer Aspekt wurde dagegen für selbstverständlich genommen: Insekten bestäuben Nutzpflanzen, tragen zu gesunden Böden bei und bekämpfen Schädlinge.
Früchte, die von Insekten bestäubt wurden, weisen eine im Schnitt um 23 Prozent bessere Qualität auf als jene, die nicht von Tieren bestäubt werden. Das ist das Ergebnis einer Auswertung von wissenschaftlichen Datenbanken aus 48 Ländern, die im Juli in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht wurde.
Bedeutung der Bestäuber-Insekten für Obst- und Gemüseproduktion
Dabei übernehmen Wirbellose den größten Teil der Bestäubungsarbeit. Obst, Gemüse und Nüsse, die die meisten unserer Vitamine und Mineralien liefern, sind abhängig von Bestäubern und fruchtbar machenden Organismen im Boden. Schätzungsweise 75 Prozent der Lebensmittelpflanzen sind davon betroffen.
Beispiel Apfel: Die sternförmig angeordneten schwarzen Kerne in seinem Innern sind ein ineinandergreifendes, empfindliches System. Werden die Apfelblüten bestäubt, schütten die Samen Hormone aus, die der Pflanze sagen, welche Vitamine und Mineralien sie produzieren und wie schnell sie wachsen soll.
Auswirkungen mangelnder Bestäubung auf Obstqualität und Ernteerträge
Auf diese Weise werden Konsistenz, Größe und Form bestimmt. Fehlen die Bestäuber, gerät das System aus dem Gleichgewicht. Werde weniger bestäubt, werde weniger geerntet, erklärt Simon Potts von der britischen Universität Reading.
Würden nur drei oder vier der Kerne bestäubt, kann der Apfel schief wachsen, und sein Nährwert sich verringern. Die Frucht könnte braun und faltig werden, bevor sie reift. Oder Erdbeeren werden unförmig und enthalten weniger Zucker. Es geht also nicht nur um geringere Erträge, sondern auch um eine geringere Qualität.
Das drohende Aussterben von Insektenarten und seine Folgen
Ein Wissenschaftler-Team um Axel Hochki von der Uni Trier kommt zu dem Schluss, dass rund 2.800 von rund 14.600 untersuchten Arten in Europa vom Aussterben bedroht sind. 125 Tier- und Pflanzenarten gelten bereits jetzt als ausgestorben, regional oder möglicherweise ausgestorben. Allein von den in Europa heimischen Pflanzen sind 27 Prozent vom Aussterben bedroht.
Allein in Deutschland generieren Bienen, Schmetterlinge und andere Bestäuber laut Agrarbericht jedes Jahr einen Wert von 3,8 Milliarden Euro.
Globale wirtschaftliche Auswirkungen der Bestäubung durch Insekten
Einer 2020 erschienenen Studie zufolge soll sich der Wert der Bestäubungsleistung von Honigbienen in den USA auf 6,4 Milliarden Dollar belaufen. Wildbienen erbrachten einen Produktionswert von 1,5 Milliarden Dollar pro Jahr. In Großbritannien trägt die Bestäubung durch Insekten mit umgerechnet rund 690 Millionen Euro zur Wirtschaft bei.
Inzwischen jedoch gehen weltweit zwischen drei und fünf Prozent der Gemüse-, Obst- und Nussproduktion wegen unzureichender Bestäubung verloren, schreiben Autoren in einer vor einem Jahr veröffentlichten Studie der Harvard University. Auf den ersten Blick scheint diese Zahl gering.
Doch bei näherem Hinsehen sind die Verluste enorm, warnt Studienleiter Matthew Smith. Weil weniger gesunde Lebensmittel verzehrt würden, erkrankten die Menschen leichter. In der Folge gebe es 420.0000 Todesfälle pro Jahr. Das entspricht etwa der Anzahl derer, die jährlich an Drogenmissbrauch, zwischenmenschlicher Gewalt oder Prostatakrebs sterben.
Die Bedeutung von Bestäubern für die globale Landwirtschaft und Ernährungssicherheit
Bereits vor zehn Jahren verwies eine Studie darauf, dass ein Bestäubungsdefizit bei Ernte der Apfelsorte "Gala" in Großbritannien Produktionsverluste in Höhe von umgerechnet 6,6 Millionen Euro zur Folge habe.
Das Team der oben genannten Harvard-Studie modellierte für Honduras, Nigeria und Nepal einen ähnlichen wirtschaftlichen Wertverlust der landwirtschaftlichen Produktion. Zwischen 16 und 31 Prozent des wirtschaftlichen Wertes gehen durch unzureichende Bestäubung verloren, wie die Forscher herausfanden. In Ländern, in denen ein bis zwei Drittel der Bevölkerung in der Landwirtschaft beschäftigt sind, habe dies einen enorm großen Effekt.
Die ökologische Bedeutung von Bestäubern für sauberes Wasser und gesunde Ökosysteme
Bestäuber sorgen für sauberes Wasser und sanitäre Einrichtungen, denn gesunde Pflanzenökosysteme halten die Wasserwege sauber. Mangroven, die von der Bestäubung durch Tiere profitieren, filtern Schadstoffe heraus, absorbieren Abflüsse und fördern die Sedimentation – all dies trägt zur Verbesserung der Wasserqualität bei. Seit Ende der 1990er Jahre allerdings geht der weltweite Mangrovenbestand um etwa 35 Prozent zurück, wie Forscher herausfanden.
In Ökosystemen können mehr Arten Schadstoffe schneller entfernen, wodurch sich auch die Wasserqualität verbessert, wie eine in der Fachzeitschrift Nature veröffentlichte Arbeit zeigt. Allerdings weisen Forschungsergebnisse darauf hin, dass der Verlust an wildlebenden Tieren und Pflanzen in Süßwasserökosystemen doppelt so hoch ist wie in den Ozeanen und Wäldern.
Weltweit gehen bis zu fünf Prozent der Obst- und Gemüseproduktion durch unzureichende Bestäubung verloren.
Eine in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlichte Auswertung wissenschaftlicher Datenbanken aus 48 Ländern ergab, dass Früchte, die von Tieren und Insekten bestäubt werden, im Durchschnitt eine um 23 Prozent bessere Qualität aufweisen als solche, die nicht von Tieren bestäubt werden. Das zeige sich insbesondere in Form, Größe und Haltbarkeit von Obst und Gemüse.
Der Anbau von Obst, das kurzlebig ist und seltsam aussieht, entspricht meist nicht den Normen des Handels. Dies wiederum führt zu mehr Lebensmittelverschwendung, was sich in der gesamten Produktionskette bemerkbar macht, warnen die Forscher.
In einer aktuellen Studie, die im Fachmagazin PLOS One veröffentlicht wurde, sind ein Fünftel aller untersuchten Tier- und Pflanzenarten in den kommenden Jahrzehnten vom Aussterben bedroht. Besonders stark betroffen sind Pflanzen und wirbellose Tiere.