Von der Linearwirtschaft zur Kreislaufwirtschaft
EU-Kommission will im Rahmen des Green Deals Europa bis 2050 zu einem klimaneutralen Kontinent machen. Aktionsplan Kreislaufwirtschaft soll Wirtschaft vom Ressourcenverbrauch entkoppeln.
Dass mit Mülltrennung und Gelber Tonne alleine die Zukunft der europäischen Bevölkerung nicht gesichert werden kann, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass über 40 Prozent der Gelben Säcke nur thermisch oder energetisch recycled, also in Müllverbrennungsanlagen schlicht verbrannt werden.
Das liegt nicht zuletzt daran, dass die meisten Verpackungen nicht für ein späteres Recycling entwickelt werden. Ein Joghurtbecher, der aus einem dünnen Plastikbecher besteht, der zur Stabilität mit einer Pappbanderole ummantelt ist und von einem Deckel aus Aluminiumfolie verschlossen ist, müsste vom Verbraucher getrennt und den jeweiligen Sammelsystemen zugewiesen werden, was dieser vielfach nicht macht. Maschinell sind diese Bestandteile bislang nicht sicher zu trennen und so bleibt nur der Weg in die Müllverbrennung.
Auch wenn die energetische Nutzung in der Müllverbrennung ein Fortschritt gegenüber der früher üblichen Deponie ist, ist sie nicht kreislauffähig. Der Hauptvorteil der Müllverbrennung in Deutschland ist die Vorbildfunktion dieser Einrichtungen für den chinesischen Markt. So ist die EEW Energy from Waste GmbH (EEW) mit ihren 17 Kehrrichtverbrennungsanlagen seit 2016 eine Tochter der Beijing Enterprises Holdings Limited, die damit von den Erfahrungen der ehemaligen E.ON-Tochter.
Das deutsche Verpackungsgesetz bietet hier bislang keine Hilfestellung, weil es zwar eine ökologische Gestaltung der Beteiligungsentgelte und somit die Förderung von Rezyclaten fordert, dies aber in der Praxis nicht funktioniert, weil für nicht recyclingfähige Verpackungen nur minimal höhere Preise für die Verwertung verlangt werden können, weil der Kunde sonst zu einem Wettbewerber abwandert, der geringere Zuschläge fordert.
Auch die Regelungen beim Elektroaltgeräterecycling sind bislang nicht wirklich kreislaufförderlich, weil dort einzig das Gewicht kostenrelevant ist und daher nicht recyclierbare Bestandteile wie metallbedampfte Kunststoffe, die leichter sind als trennbare Komponenten, bevorzugt werden.
Aktionsplan Kreislaufwirtschaft
Mit ihrem Aktionsplan Kreislaufwirtschaft hat die EU-Kommission den Fahrplan vorgelegt, wie sie in den nächsten Jahren weniger Abfälle, mehr Recycling und den Schutz unserer Ressourcen erreichen möchte. Die Implementierung der Kreislaufwirtschaft wird als grundsätzliche Transformation unseres ökonomischen Handelns von einer ressourcenvernichtenden, linearen zu einer enkeltauglichen, zirkulären Wirtschaftsweise gesehen.
Die Kreislaufwirtschaft ist ein Modell der Produktion und des Verbrauchs, bei dem bestehende Materialien und Produkte so lange wie möglich geteilt, geleast, wiederverwendet, repariert, aufgearbeitet und recycelt werden.
Es beginnt bei der Art und Weise, wie Produkte designt und produziert werden, weil dies darüber entscheidet, ob sie langlebig, reparierbar und wartungsarm sind und ob sie nach ihrer Nutzung recycelt oder anderweitig wiederverwendet werden können. Einen positiven Ansatz liefern PCs und Notebooks, die als refurbished wieder auf den Markt gebracht werden.
Ein negatives Beispiel sind kleine Elektrogeräte und Smartphones, die oftmals nur deshalb als Elektroschrott entsorgt werden, weil keine Ersatzteile für die Reparatur vorhanden sind oder keine Sicherheitsupdates für das Betriebssystem mehr geliefert werden.
Bislang durchgesetzt hat sich die Kreislaufwirtschaft inzwischen unter konventionellen Marktbedingungen bei Bleibatterien, wie sie als Starterbatterien bei Verbrennern oder unterbrechungsfreien Stromversorgungen eingesetzt werden. Da liegt die Recycling-Quote schon seit einigen Jahren bei sagenhaften 99 Prozent und ist kostendeckend. Der Erfolg liegt einerseits in den technischen Möglichkeiten, andererseits in der Nachfrage nach Blei begründet, die aus dem Bergbau nicht mehr vollständig bedient werden kann.
Die EU-Kommission will für alle Produkte, die auf den europäischen Markt kommen, hin zu mehr Wiederverwendung, Reparatur und Recycling und weg von der klassischen Wegwerfwirtschaft und der vielfach festgestellten geplanten Obsoleszenz, die uns seit dem Wirtschaftswunder begleitet.
Brüssel plant, Mindeststandards festzulegen, welche alle Produkte für den europäischen Markt künftig erfüllen müssen. Damit soll festgelegt werden, welche Materialien und Chemikalien eingesetzt werden dürfen und dass die Geräte reparierbar sein müssen. Bislang gibt es nur Vorschriften, welche chemischen Bestandteile nicht erlaubt sind.
Die neuen Regeln sollen auf der Basis der aktuellen Erfahrungen zuerst für einzelne Produktgruppen wie Batterien, Elektrogeräte oder Verpackungsmaterial erarbeitet werden. Bislang fehlen jedoch Definitionen dafür, was nachhaltig ist. Sharing- und Reuse-Modelle statt Produkteigentum sowie eine Abkehr vom Wachstumsparadigma werden zwar schon länger propagiert, konnten sich jedoch bislang nicht durchsetzen.
Mit der Kreislaufwirtschaft beabsichtigt die EU-Kommission offensichtlich ein dickes Brett zu bohren. Die Widerstände aus der linearen Wegwerfwirtschaft dürften gewaltig sein.
Wenn zirkulares Denken die Kreislaufwirtschaft beflügelt
Das westliche Wirtschaftssystem mag zwar einigen zu Reichtum und vielen zu bescheidenem Wohlstand verholfen haben, lässt aber all jene zurück, die erst später in den Zug dieser Entwicklung hätten einsteigen können. Zudem ist die Glück versprechende Reise auf diesem Zeitstrahl des Ressourcenverbrauchs nicht unendlich, sondern wird früher oder später am Mangel oder an politischen Umständen scheitern.
Das zirkulare Denken ist in der westeuropäischen und nordamerikanischen Kultur bislang weitgehend unbekannt und stößt meist auf ungläubiges Staunen oder gar Ablehnung. Zu sehr behindert die hiesige Sozialisierung dabei, das im Fernen Osten gebräuchliche Denkmodell zu verstehen. In Asien ist diese Art zu denken so verbreitet, dass niemand das heute betont oder erläutert.