Wahre Liebe wartet

Wie eine Tugend auch online vermarktet wird

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Im Zeitalter der sexuellen Aufklärung kommt man sich heute schnell näher. Sexuelle Andeutungen und Abbilder finden sich allerorts. Manchen geht das alles wieder zu schnell, für sie werden sexuelle Tabus laufend gebrochen. Deshalb nehmen sie sich vor, bis zur Ehe enthaltsam zu lieben und zu leben. Diesen Entschluss kann man allen seinen Freunden mit einer "Wahre Liebe wartet - Postkarte" oder einem Pin verkünden. Selbst der diesjährige Valentinstag muss jetzt für eine virtuelle True-Love-waits-Aktion herhalten.

Durch die Gnade Gottes verpflichte ich mich ab heute vor Gott, mir selbst, meiner Familie, meinen Freunden und meinem zukünftigen Ehepartner, bis zum Tag meiner Heirat sexuell rein zu bleiben.

Text der "Wahre Liebe wartet"-Karte

Für nur 2,40 DM kann sich jeder auf der Homepage Wahre Liebe wartet eine Broschüre bestellen, die auf 20 Seiten Auskunft über die Ziele und Hoffnungen der Initiatoren und Mitwirkenden gibt. So verspricht schon das Inhaltsverzeichnis, dass es sich gelohnt hat. Beschrieben werde die sieben Lügen der Liebe, und berichtet wird über das Thema: "Im Netz der Pornografie gefangen."

Das WLW-Heft aus der Schweiz beschäftigt sich sogar mit den medizinischen Aspekten des Wartens. Allein diese wenigen Überschriften verdeutlichen die Initiative, denn die wahre Liebe ist rein und alles andere ist böse. Daher wird auch mit der Zahl "Sieben" an die sieben Todsünden erinnert.

Richard Ross, USA-Gründer von "True Love Waits" sagt: "Junge Leute entscheiden sich für 'Wahre Liebe Wartet', sobald sie verstanden haben, dass Gott sie liebt und sie diese Liebe an Gott zurück geben wollen, wenn sie verstehen, dass Respekt Gott und seinen Richtlinien gegenüber ihr eigenes Leben glücklicher und erfolgreicher macht, ja, wenn ihre Herzen erfüllt sind von einer Dankbarkeit zu Gott für das, was er für junge Menschen getan hat."

Die Beweggründe der Mitglieder und deren heilsbringenden Führungspersonen haben etwas Sektenhaftes. Mit den reellen Bedürfnissen von Jugendlichen hat das wenig zu tun. Manche der Argumente lassen berechtigte Zweifel aufkommen, so berichtet Ross von einem Treffen in Brasilien, bei dem 100.000 WLW-Studenten zusammengekommen wären und Blut gespendet hätten. Nach der Konferenz soll einer der Verantwortlichen zu ihm gesagt haben: "Wenn wir durch Brasilien gehen und Blut nehmen von den Leuten, dann müssen wir die Hälfte der Spenden wieder vernichten. Weil Krankheiten im Blut sind. Aber das Blut von den Leuten hier aus dem Stadion, das gegeben wurde, davon können wir 95 % verwenden."

Hier wird deutlich, dass wohl die Liebe zu Gott eine übergeordnete Rolle spielen soll, und gleichzeitig wird suggeriert, dass es auch noch gesünder sei, enthaltsam zu leben. Aufklärung findet nicht statt, sondern es wird verteufelt. Dabei sollte jeder inzwischen wissen, dass schon Kondome schützen. Auf der Homepage ist Ross stolz, dass seit der Gründung im Jahr 1993 Tausende von Jugendlichen keine Krankheiten bekommen hätten, dass Zehntausende ungeborene Kinder nicht abgetrieben und ebenso viele Herzen wegen nicht gehaltener Versprechen nicht gebrochen worden seien.

Für den Gründer der deutschen Sektion Michael Müller ist "Sexualität losgelöst von irgendwelchen Ordnungen und Maßstäben". Er berichtet auf dem ersten europäischen WLW-Treffen in Winterthur von Artikeln in Jugendzeitschriften über erste sexuelle Erlebnisse von Jugendlichen. An diesem Schweizer Treffen hatten über 1.000 Jugendliche teilgenommen. Für ihn ist klar, dass Gott der Gründer der Sexualität ist und diese sogar bejaht, doch er hat "durch sein Wort Hilfen geschaffen, Anweisungen gegeben, die die Sexualität schützen." Müller macht deutlich, dass dafür nur die Institution der Ehe bestimmt ist und wahre Freunde sich nicht bedrängen. "Jede Beziehung ist wie eine Tätowierung für die Seele", brandmarkt er in seiner Rede in Winterthur voreheliche sexuelle Beziehungen. Den Bedenkenträgern und Kritikern sagt er: "Wir brauchen keine neue Moral, wir brauchen Menschen mit einem Charakter und Format."

Für den diesjährigen Valentinstag am 14. Februar will man als Unverheirateter in die Offensive gehen und dem zukünftigen Partner oder der Partnerin etwas schenken: "Das Versprechen auf Sie/Ihn zu warten." Aus diesem Anlass sollen Jugendliche ihr WLW-Versprechen auch virtuell im Internet bekunden. Damit die Aktion "Erobert das Internet" auch schön vermarktet wird, finden sich auf der amerikanischen Homepage genügend Accessoires. Vom Plakat, Video oder Buch sowie bis zum Internet-Banner wird alles angeboten, um die diesjährige True-Love waits-Kampagne zu unterstützen.