Was russische Atomwaffen in Belarus mit dem rheinland-pfälzischen Büchel zu tun haben
Seite 2: Hiroshima-Papier der G7 mehr als enttäuschend
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Eine indirekte Antwort kam in Form der "Hiroshima-Vision zur nuklearen Abrüstung" der G7-Staaten, die für die Ican-Partner mehr als enttäuschend war. Das Papier kündigt "konkrete Schritte zur Verstärkung der Abrüstungs- und Nichtverbreitungsbemühungen" an, "um das Endziel einer Welt ohne Atomwaffen und mit unverminderter Sicherheit für alle zu erreichen". Worin diese konkreten Schritte bestehen, wird jedoch nicht näher erläutert.
Trotz eines Besuchs im Friedensmuseum von Hiroshima, trotz Trauergesichtern und Kranzniederlegungen, trotz warmer Worte über das unermessliche Leid der Überlebenden - für die mächtigsten Staaten der Welt ist alles business as usual.
Die westlichen Atommächte haben hier eine wichtige Chance verpasst, der Welt zu erklären, dass sie einen Ersteinsatz von Atomwaffen kategorisch ausschließen. Und dass Atomwaffen niemals und unter keinen Umständen wieder eingesetzt werden dürfen. Die G20-Erklärung vom November 2022 war fortschrittlicher.
Das Papier besagte, dass "der Einsatz oder die Androhung des Einsatzes von Kernwaffen (…) unzulässig" ist. Im G7-Papier hieß es dagegen: "Russlands Drohungen mit dem Einsatz von Atomwaffen, ganz zu schweigen von einem möglichen Einsatz von Atomwaffen durch Russland im Zusammenhang mit seiner Aggression gegen die Ukraine, sind inakzeptabel". Auch China wird für seine "beschleunigte Aufrüstung ohne Transparenz und Dialog" kritisiert.
Seit wann sind Politikerinnen und Politiker der Meinung, dass sie Sicherheit und Abrüstung erreichen können, indem sie mit dem Finger auf andere zeigen?
Das einzig Neue an dieser "Vision" ist mehr Transparenz über die westlichen Atomwaffenarsenale (Großbritannien wird ab 2021 keine Informationen mehr über sein Arsenal veröffentlichen).
Ansonsten wird das Mantra der letzten 20 Jahre wiederholt: Ein Vertrag zur Beendigung der Produktion von spaltbarem Material für Waffenzwecke sei notwendig, der umfassende Teststoppvertrag müsse in Kraft treten (obwohl auch dieser von den USA blockiert wird) und das Prinzip der Nichtverbreitung von Atomwaffen über den Kreis der akzeptierten Atommächte hinaus. Als Schuldige werden die üblichen Verdächtigen ausgemacht: Nordkorea und Iran.
Kein Wort findet sich in dem Papier über die "Modernisierung" der westlichen Atomwaffenarsenale, die vor dem Einmarsch Russlands in die Ukraine in vollem Gange war. Keine Erwähnung der lange geplanten Stationierung von B61-12 Atombomben in Europa.
Als Teil eines breiten zivilgesellschaftlichen Bündnisses demonstriere ich seit Jahren gegen die Stationierung von US-Atomwaffen in Deutschland und das Prinzip der nuklearen Teilhabe.
So organisieren wir vom 4. bis 7. Juli ein Protestcamp in der Nähe des nordrhein-westfälischen Fliegerhorstes Nörvenich, wo die Bundeswehr mit dem Trägerflugzeug "Tornado" den Einsatz von Atomwaffen trainiert.
Traditionell fanden diese Proteste seit den 1990er-Jahren am Fliegerhorst in Büchel in Rheinland-Pfalz statt, wo die US-Atomwaffen im Rahmen der nuklearen Teilhabe Deutschlands bis zu ihrer "Modernisierung" stationiert waren.
Zwar haben sich alle G7-Staaten gegen eine nukleare Teilhabe Russlands mit Weißrussland ausgesprochen. Gleichzeitig müssen aber die USA ihre Atomwaffen aus fremden Territorien, auch aus Deutschland, abziehen, sonst wird hier mit zweierlei Maß gemessen.
Die Überlebenden von Hiroshima und Nagasaki und in den Teilen der Welt, in denen Atomwaffen zu "Testzwecken" eingesetzt wurden, verdienen mehr als Lippenbekenntnisse.
Die Verantwortung für die weltweite Abschaffung von Atomwaffen liegt nicht allein bei Russland, auch wenn Putins Regierung derzeit die aggressivste Nuklearpolitik der anderen Atomwaffenstaaten betreibt.
Eine glaubwürdige nukleare Abschreckungspolitik lebt von Drohungen - auch Trump war ein Meister darin. Es ist an der Zeit zu begreifen, dass noch mehr Abschreckung - ob konventionell oder nuklear - keinen Frieden schafft. Jetzt nicht und auch in Zukunft nicht. Es gibt keine Alternative zum mühsamen Weg der Diplomatie, des Dialogs und überprüfbarer Verträge.
Xanthe Hall, Abrüstungsreferentin, Internationale Ärzt:innen für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW)
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