"We're not trying to sell the US form of government here"
Das Unternehmen, weltweit Demokratie zu verkaufen, setzt auf eine neue Marketingstrategie
Während die irakische Elite über Perspektiven der nationalen Versöhnung diskutiert und die Bilder des Abu Ghraib-Gefängnisses zu globalen Ikonen avancieren, schaltet eine Londoner Agentur neue Anzeigen im Irak, die auf die Unabhängigkeit vorbereiten sollen - in erster Linie aber auf ein demokratisches System.
Auf dem Fernsehschirm ist ein älterer Iraker zu sehen, der an einem Schreibtisch sitzt und dabei gezeigt wird, wie er sorgsam Papier zusammenfaltet, das an Wahlzettel erinnert. "I choose to live in peace" sagt die Erzählerstimme auf arabisch und dann: "I choose justice and stability." Schließlich: "I, an Iraqi, choose one Iraq."
Der 30-Sekunden lange Werbespot, der seit Anfang Mai in Irak ausgestrahlt wird, endet dann mit der blauen Signatur des Transitional Administrative Law (TAL). Sie wurde von der Coalition Provisional Authority (CPA) geschaffen, die wiederum dafür zuständig ist, den Irak bis zum 30. Juni 2004 zu verwalten und auf die Unabhängigkeit vorzubereiten.
Zu den Vorbereitungsmaßnahmen zählen auch solche Anzeigen, die in Radio, Printmedien und Fernsehen Verbreitung finden - die gegenwärtige Printversion der Anzeigenkampagne erklärt den Irakern den Übergang zur Souveränität - und eine Reihe von Zielen. Patrick Ryder, ein Air Force Major, der das Projekt für die CPA in Bagdad betreut, beschreibt diese Ziele wie folgt:
The imagery in the ads is meant to encourage Iraqis to think beyond the US occupation. If it can promote discussion among Iraqis about their future and how they can get involved, and what they need to do, then we've succeeded. These are essentially ads for Iraqis about Iraqis.
Kreiert wurde diese Anzeigenkampagne von der Londoner Agentur Bell Pottinger Public Affairs (BPPA], die den Zuschlag für den 5,8 Millionen-Dollar-Job März diesen Jahres erhielt.
Als eine der größten PR-Firmen Englands, zu deren Kunden BAE Systems, McDonalds und Imperial Tobacco zählen und die bereits Margaret Thatchers Machtergreifung im Jahre 1979 begleitete, soll die BPPA auch die Kommunikationsoffensive für die bevorstehenden Wahlen der irakischen Regierung koordinieren. Wie PR Week berichtet, arbeitet die Firma dabei eng mit Bates PanGulf aus Dubai und dem in Bagdad angesiedelten Mediendienstleister Balloch & Roe zusammen.
BPPA-Chef Lord Bell ist jedoch nicht der erste, der sich diese hehren Ziele gesteckt hat. Vor ihm hatte es hatte bereits auch Charlotte Beers versucht (Zur Aufrüstung der Wahrheit). Kurz nach dem 11. September ließ die "Queen of Branding" Videos, Info-Broschüren und andere Medien folgen, die den nicht geringen Anspruch hatten, Demokratie in der muslimischen Welt zu "verkaufen". Die Anstellung der Marketingspezialistin Beers als Under Secretary of State for Public Diplomacy, die kurz vor dem Ausbruch des Dritten Golfkrieges übrigens durch Margaret Tutwiler ersetzt worden war (Besseres Image benötigt), wurde damals von Colin Powell mit den folgenden Worten legitimiert:
There is nothing wrong with getting somebody who knows how to sell something. We are selling a product. The product we are selling is democracy. We need someone who can rebrand American foreign policy, rebrand diplomacy. She got me to buy Uncle Ben's rice.
Doch wenn Amerika mit Demokratie gleichzusetzen war, gab es da ein Problem. Dieses hatte Wally Olins, Ko-Gründer der Wolff Olins Brand Consultancy, früh als schier unlösbares Imageproblem erkannt:
People don't have a single clear idea about what the country stands for, but rather have dozens if not hundreds of ideas that are mixed up in people's heads in a most extraordinary way. So you will often find people both admiring and abusing America, even in the same sentence.
Naomi Klein, die als Anti-Konzern-Aktivistin und Globalisierungskritikerin diesen Prozess beobachtete, hielt in diesem Zusammenhang fest:
When brand managers transfer their skills from the corporate to the political world, they invariably bring a fanaticism for consistency and homogeneity with them.
Die Zeiten haben sich geändert. Der Schlüssel zu dem zeitgenössischen Irak scheint ein anderer. Wie Clayton Collins in The Christian Science Monitor berichtet, geht es weniger darum, den Begriff der Demokratie im Bewusstsein der Iraker zu verankern, als vielmehr darum, deren Vorteile (Freiheit, Sicherheit, Wohlstand) zu bewerben.
Wie Jack Trout, der 2002 ebenfalls an dem Brand USA-Programm von Charlotte Beers gearbeitet hat, sagt:
Democracy is confusing. And the campaign should say very clearly to the Iraqi people, 'We're not trying to sell the US form of government here.'