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Welfare Queen, oder: Warum die Vergangenheitsbewältigung zum Exportgut werden muss

Viele Amerikaner lehnen staatliche Fürsorge ab, auch für sich. In den 1930er Jahren nahmen einige Gouverneure keine Mittel aus Washington an, weil es sich um Roosevelts New Deal handelte. Auch 2009 lehnten einige republikanische Gouverneure Mittel aus Obamas Konjunkturpaket ab, zum Beispiel in Louisiana. Quelle: Arthur Rothstein. Public Domain

Man wirft den Brexit, Trump, AfD & Co. gerne in einen Topf und spricht vom aufziehenden Populismus, und doch gibt es Unterschiede. Der Versuch einer Antwort eines lange in Deutschland lebenden Südstaatlers

Auf einem kleinen Friedhof außerhalb des Dorfes Stanford im US-Bundesstaat Mississippi liegen die Vorfahren meines Vaters begraben. Die Identität einer dort begrabenen Isabelle Morris (1870-1942), geborene Knight, beschäftigt mich seit einigen Jahren. Denn die Familie Morris lebte damals im benachbarten Jones County.

Ein gewisser Newton Knight hatte im Bürgerkrieg 1861-1865 Jones County zum "Free State of Jones" erklärt. Mitten in Mississippi war also ein Gebiet aus der Konföderation der Südstaaten ausgetreten. Ob es wirklich offiziell zu diesem Austritt kam oder ob Knight lediglich rund 125 Mitkämpfer auf seine Seite zog, ist bis heute nicht geklärt.

Wir wissen allerdings, worum es ihm ging. Damals besaß ein Viertel der Weißen im Süden Sklaven - und nur ein Prozent von ihnen mehr als hundert. Als armer Weißer wollte Knight nicht für die Rechte dieses einen Prozents kämpfen. Er glaubte, die Reichen würden die Sklaverei nutzen, um die armen Menschen - Weiße und Schwarze - auseinanderzutreiben. Später lebte er mit einer ehemaligen Sklavin und den gemeinsamen Kindern zusammen. Er starb erst 1922, ganze 57 Jahre nach Ende des Bürgerkriegs.

Knight hatte es also mitten in Mississippi geschafft, jahrzehntelang gegen miscegenation-Gesetze zu verstoßen; die Ehe zwischen Schwarzen und Weißen war verboten. Weder das Gesetz noch der Klu Klux Klan konnten ihm jedoch etwas anhaben. Die verschleierten Klansmen waren Feiglinge, die sich schwache Opfer aussuchen. Newton Knight und seine Leute hätten zurückgeschossen.

Ob diese Isabelle auf dem Familienfriedhof eines seiner Kinder war, habe ich nicht klären können. Meine Verwandten wissen nur, dass sie mit Newton verwandt war - und dadurch wir mit ihm. 2009 erschien das Buch The State of Jones [1]. Seitdem weiß ich vom Free State of Jones, aber ich wagte es gar nicht, meine Familie danach zu fragen. Sie wählten alle Trump. Die Frage konnte also heikel sein. 2016 aber lief der Film zum Buch [2] im Kino, und das Thema stand beim letzten Besuch zu Hause im Raum.

Stolz war niemand in meiner Familie auf Newton. "Er war... wie sagt man das?" suchte eine Verwandte nach dem richtigen Begriff. "Ein Verräter?" bot ich an. "Nein, ein Deserteur", sagte ein anderer.

Geschichtsvergessenheit

Eine deutsche Familie wäre eher froh, einen Freiheitskämpfer gegen die Nazis in den eigenen Reihen zu haben. Die Deutschen distanzieren sich lautstark von den dunkelsten Seiten ihrer Vergangenheit. Als Björn Höcke von der AfD Anfang des Jahres meinte, nur die Deutschen würden ihre Scham zur Schau stellen, erntete er Kritik. Von Links sowieso, aber auch Peter Tauber, Generalsekretär der CDU, sprach von einer "widerlichen Entgleisung." Und doch hat Höcke mit der Formulierung recht: Nur die Deutschen haben eine Vergangenheitsbewältigung. Unrecht hat er, wenn er diese abschaffen und die Vergangenheit wieder schönreden will, wie die Amerikaner dies bis heute tun. Stattdessen sollten auch andere Länder sich kritisch mit der eigenen Vergangenheit befassen. Die Vergangenheitsbewältigung muss zum Exportgut [3] werden.

Deutschland hat nicht nur ein Holocaust-Denkmal, sondern ganz Berlin erinnert schonungslos an die Nazi-Zeit. Und das Stolperstein-Projekt [4] bringt die Erinnerung an alle Orte, wo unschuldige Menschen zu Opfern wurden - man findet sie überall.

Auch in den USA fanden überall Gräueltaten statt. Immer wieder beschränkt man mit Verweis auf die Sklaverei den Rassismus auf die Südstaaten, als hätte Oregon 1857 [5] Schwarzen nicht generell verboten, sich dort niederzulassen - als hätte Ohio dieses Verbot nicht bereits 1804 erfunden [6]. Auch Delaware, Kentucky, Maryland und Missouri erlaubten beim Ausbruch des Bürgerkriegs 1861 den Besitz von Sklaven, obwohl diese nicht zu den Südstaaten zählten.

Schaut man sich eine Karte der USA von 1861 an, besteht das Land weitgehend aus Sklavenstaaten mit einem kleinen Streifen von Bundestaaten im Norden, die weder freie, gleichberechtigte noch versklavte Schwarze wollten. Man spricht allerdings gewöhnlich von Bundesstaaten, wo die Sklaverei verboten war - nicht von Bundesstaaten, die auch keine freien Schwarzen haben wollten. Vier Jahre später wurde die Sklaverei abgeschafft. Dann gab es nur noch Bundesstaaten, die keine gleichberechtigten Schwarzen wollten.

"Aber das ist doch alles lange her, die Schwarzen hatten mittlerweile genug Zeit, um aufzuholen." So klingt die übliche Antwort des weißen Amerikas auf diese Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte. Dennoch finden die ersten zaghaften Versuche einer Vergangenheitsbewältigung in den USA gerade statt. Kein Museum der Sklaverei, aber immerhin: Ein National Museum of African American History and Culture [7] wurde im September 2016 auf dem Mall in Washington eröffnet, nur ein paar Gehminuten vom Kongress und Weißen Haus entfernt. Und eine neue Onlinekarte [8] zeigt die rund 5.000 Orte, wo Menschen gelyncht wurden. Drei Viertel der Opfer waren schwarz, viele andere waren Hispanics.

In Slavery by Another Name [9] (2009) widerlegte der Historiker Douglas Blackmon den Mythos des langsamen Fortschritts für Schwarze seit dem Ende der Sklaverei, indem er zeigte, wie die Schwarzen in den USA ab etwa 1890 quasi wieder versklavt wurden. Zum Beispiel wurde das Herumstehen zum Verbrechen: das Loitering war erfunden. So konnte die Polizei jeden verhaften, der nicht direkt arbeitete und zur Arbeit ging. Kontrolliert wurden selbstverständlich vor allem Schwarze. Um die Strafen zu zahlen, wurden die Angeklagten quasi als Leiharbeiter billig verdingt. So finanzierte sich manch ein kommunaler Haushalt durch hohe Gebühren für Lappalien, die Schwarze "begehen" - bis heute [10], wie man seit den Ausschreitungen in Ferguson/Missouri weiß.

Bundesbehörden forcierten diesen Rückschritt im ganzen Land. Der Verkehrsminister unter Präsident Obama, Anthony Foxx, machte der Nation klar [11], dass der Ausbau der Highways in den 1950ern bewusst eingesetzt wurde, um schwarze Familien zu enteignen und schwarze Nachbarschaften zu zerteilen. Der Anschluss der Städte an die Highways erfolgte oft mitten durch schwarze Gemeinden, die den weißen Stadträten schon immer ein Dorn im Auge waren. Systematisch wurden Schwarze - durch Gesetze des Bundes, nicht nur in den Südstaaten - auch benachteiligt, wenn es um geförderten Wohnungsbau ging. So waren jahrzehntelang niedrig verzinste Bundesdarlehen an die Bedingung geknüpft [12], dass neue Wohngebiete rein weiß sein mussten.

Nicht alle weißen Amerikaner hören diese Tatsachen gerne. Auf der Webseite The American Conservative stand [13] nach dem Amtsantritt Trumps, junge Weiße hätten es satt, für alles schuldig gemacht zu werden, weswegen sie heute zu den white supremicists überlaufen würden. Ob sie obige historische Tatsachen überhaupt kennen? Warum fragen sie ihre Eltern und Großeltern nicht wie die Deutschen: Was habt ihr gewusst? Was habt ihr getan?

US-Konservative sind oft keine

Wie kommt es dazu, dass meine konservativen Verwandten und Freunde in den USA sich auf den Schlips getreten fühlen, wenn es um die Aufarbeitung der US-Geschichte geht, während Konservative in Deutschland viel offener mit der deutschen Vergangenheit? Dazu muss man eine Besonderheit im amerikanischen Konservatismus kennen: Echt konservativ bedeutet in den USA, dass man an starke Führer glaubt, die sich für nichts entschuldigen müssen. Und man will den Staat klein halten. Arme Menschen seien an der eigenen Misere selbst schuld - entsprechend muss man jede systematische Benachteiligung ausblenden, die eine staatliche Fürsorge rechtfertigen würde.

Ab 1933 versuchte der damalige Präsident Roosevelt, in Folge der Wirtschaftskrise einen Sozialstaat in den USA aufzubauen. Schon damals waren die USA das einzige westliche Industrieland, das ohne entsprechende Institutionen auskam. Die Amerikaner sind also schon lange - vielleicht weniger aus Überzeugung als notgedrungen - Individualisten. In seiner fulminanten Geschichte des New Deals Freedom from Fear [14] zitiert der Historiker David Kennedy immer wieder Zeitzeugen, die sich darüber wundern, dass so wenige US-Bürger während der Weltwirtschaftskrise gegen die Missstände protestierten. Stattdessen nahm man einfach an, die Armut irgendwie selbst verschuldet zu haben.

Durch den New Deal schaffte es Roosevelt unter anderem, die Social Security als Rentensystem einzuführen. Seitdem müssen ältere Menschen nicht mehr fürchten, im hohen Alter betteln zu müssen; fürs Nötigste war gesorgt - es sei denn, man war Schwarz. Denn rund drei Viertel der Schwarzen arbeiteten damals auf dem Acker oder als Haushaltshilfe. Solche "freiberuflichen Tätigkeiten" kamen erst 1950 zur Social Security hinzu.

Dann begann die Bürgerrechtsbewegung, und Präsident Johnson baute ab 1964 seine Politik der Great Society auf dem Fundament von Roosevelts New Deal. Ziel war es, dass die US-Regierung die Schwarzen endlich gleichbehandeln sollte. Je mehr schwarze Bürger in den Genuss sozialer Fürsorge kamen, desto größer wurden allerdings die Klagen im weißen Amerika über vermeintliche Missbräuche des Wohlfahrtsstaats. Es entstand der Begriff Welfare Queen - zu deutsch etwa: Königin Hartz IV. Doch die Sorge, arme Schwarze würden üppig von Steuergeldern leben, war schon immer eine Lüge [15].

Der Begriff war das Ergebnis jahrzehntelanger Propaganda. In seiner Doku von 2002 "Century of the Self" [16] erklärt der Brite Adam Curtis, wie die Werbebranche und die Industrie in den USA bei der Einführung des New Deals zusammenarbeiteten, um mithilfe der Psychoanalyse Freuds die heutige Konsumgesellschaft zu schaffen. Die Bürger sollten sich nicht zusammentun, um ihre gemeinsamen Interessen zu verteidigen - denn das wäre schlecht fürs Geschäft - sondern sie sollten Sachen kaufen, die sie im Grunde nicht benötigten. Wie der Titel der Doku klarmacht: Die Menschen sollten sich vor allem als Individuen sehen, nicht als Teil einer Gesellschaft - denn das sei faschistisch und unamerikanisch.

Weitere historische Puzzleteile wurden in einem 2015 veröffentlichten Buch namens One Nation Under God: How Corporate America Invented Christian America [17] erläutert: Der Autor Kevin Kruse zeigt, dass US-Industrielle nicht nur die Werbebranche, sondern auch die Kirche für ihre Zwecke nutzten. Roosevelt hatte nämlich in den 1930er Jahren immer wieder religiöse Anspielungen in seine Reden eingebaut, um für seine Sozialpolitik zu werben. Die Geschäftswelt holte sich als Reaktion darauf ihre eigenen Prediger, die gegen Roosevelts vermeintlichen "christlichen Sozialismus" wetterten und den Amerikanern erklärten, nur jeder selbst könne die eigene Seele retten. Entsprechend seien Versuche des Staates, den Armen zu helfen, nicht nur fehlgeleitet, sondern auch "Tyrannei" und antichristlich. So erklärte der junge Prediger Billy Graham 1951, "die größte Not" der Armen sei nicht "Geld, Essen, oder Medizin, sondern Jesus." Wenn überhaupt, sollten die Armen von der Kirche Hilfe bekommen, nicht von einem gottlosen Staatsapparat. Kruse selbst nennt diesen Konservatismus amerikanischer Art "christlichen Neoliberalismus".

In den 80er und 90er Jahren ist der christliche Psychologe James Dobson zu erwähnen. Er beeinflusste das republikanische Lager mit seiner These, Väter sollten streng sein. Kinder müsse man auch mal körperlich züchtigen. "Als wir klein waren", sagte mir neulich ein alter Spielkamerad aus Grundschulzeiten, "hatten die Kinder nur Angst vor ihren Eltern." Als großer Trump-Fan sehnt er sich nach dieser Zeit zurück.

Auf die Wirtschaft übertragen bedeutet das Prinzip des strengen Vaters: Der Staat muss armen Menschen Disziplin beibringen. Sozialhilfe macht sie nur abhängig vom Staat und nimmt ihnen den Ansporn weg, ihr Leben selbst in die Hände zu nehmen. (Das Ideal des strengen Vaters erklärt auch zum Teil, weswegen eine Mehrheit der weißen Frauen [18] in den USA für Trump stimmte, denn dieser gibt sich, soweit es ihm als Mittsiebziger gelingt, gerne als starken Mann aus. Nicht nur Männer, sondern auch viele Frauen in den USA haben die Ideologie des strengen Vaters verinnerlicht.)

Es gelang diesen Kräften, viele Amerikaner gegen den Sozialstaat einzuschwören. Und so kommt es, dass die Bedürftigen in den USA für Politiker stimmen, die ihnen die staatliche Unterstützung kürzen. Für Hillary Clinton stimmten rund 51% der Amerikaner, ihre Wahlkreise machten aber 64% der Wirtschaftskraft [19] der USA aus. Absurd aber wahr: Tendenziell wollen wohlhabendere Amerikaner ihren Mitbürgern über die staatliche Fürsorge helfen - die Bedürftigen lehnen die Unterstützung aber immer wieder als unchristlich ab.

Schließlich gelang es den US-Industriellen, sogar die Wirtschaftsphilosophie zu vereinnahmen. Die "unsichtbare Hand" des schottischen Moralphilosophen Adam Smith gilt als zentraler Begriff in den heutigen Wirtschaftswissenschaften, obwohl diese für Smith nur eine Randmetapher war. Der Markt regele alles von alleine, so der Glaube in den USA, wenn der Staat sich einfach raushält. Mehr noch: Laut Smith sei das beste Ergebnis zu erzielen, wenn jeder seine eigenen Interessen schützt. "Kennen Sie eine Gesellschaft, die nicht auf Gier basiert?", fragte [20] 1979 der renommierte Ökonom Milton Friedman einen TV-Moderator. Individualistischer geht's nicht.

Und doch ist Friedmans Annahme so falsch, wie die amerikanische Lesart von Smiths beiden Hauptwerken. Smith selbst sprach häufig davon, dass der Mensch seinen Selbstwert daraus beziehe, von anderen geschätzt (nicht beneidet) zu werden. Wir wollen alle geliebt und beliebt sein. Friedman hätte besser einen Anthropologen oder Ethnologen als einen TV-Moderator gefragt. Bereits 1944 schrieb Karl Polanyi in seiner Großen Transformation gegen die weitverbreitete Annahme unter Ökonomen, Märkte seien schon immer zentral gewesen: "Die Geschichtsschreibung und Ethnographie ... kennen keine Wirtschaft vor der unseren, die auch nur annähernd von Märkten kontrolliert und reguliert wurde." Die Anthropologen und Ethnologen kennen auch keine Gesellschaft, die auf Gier basiert. Empfohlen sei hier Debt: the first 5,000 years [21].

Der US-Konservatismus basiert also auf einer Fehldeutung der Lehren Adam Smiths zusammen mit einem missverstandenen Christentum - und einer großzügigen Prise Geschichtsvergessenheit, vor allem in Sachen Rassismus. Nicht erst seit kurzem regieren alternative Fakten in den USA.

Was lernt man für Deutschland daraus?

Man wirft heute die verschiedensten Populisten aus den USA, Großbritannien, den Niederlanden, Frankreich, usw. in einen Topf und spricht gerne von einer drohenden Gefahr. Man kann nach obiger Analyse allerdings leicht feststellen: Es gibt auch große Unterschiede.

Viele vermeintlich konservative US-Bürger sind im Grunde genommen eher individualistische Wirtschaftsliberale. Da das politische System in den USA aber nur zwei große Parteien kennt und es schwierig bis unmöglich ist, eine dritte aufzubauen, landen viele Wirtschaftsliberale bei den Republikanern. In der Bundesrepublik Deutschland hatte man aber schon immer die FDP und die Union. Da konnten Liberale und Konservative getrennte Wege gehen. Und so stark ausgeprägt wie in den USA ist der reine Wirtschaftsliberalismus in Deutschland auch nicht, wie man am bescheidenen Abschneiden der FDP sieht.

Die Unionsparteien - deutsche Konservative - wollen im Gegensatz zu den heutigen US-Republikanern nicht um jeden Preis den Staat klein und unfähig machen. Stattdessen erkennt seit 1950 der herrschende Ordoliberalismus (auch soziale Marktwirtschaft genannt) an, dass unregulierte Märkte immer wieder zu unerwünschten Ergebnissen führen. Daher muss der Staat regelmäßig eingreifen, um die Marktwirtschaft zu retten. Weil der Staat es nicht besser weiß als der Markt, soll der Staat allerdings erst intervenieren, wenn der Markt dabei ist zu versagen - so jedenfalls der Leitsatz im Ordoliberalismus.

Auch Adam Smith wird in Deutschland anders interpretiert. Anselm Görres, ein Mitbegründer des Adam-Smith-Preises [22] für marktwirtschaftliche Umweltpolitik, sagte mir einmal: "Wenn man Smith liest, erkennt man einen gewissen Geist. Es geht ihm nicht um Gier, sondern um Fairness."

Die Körperstrafe - auch in der Familie - ist in Deutschland verboten, und nach einem starken Mann als politischen Führer sehnt sich hierzulande anscheinend nur eine sehr kleine Minderheit: Seit den Äußerungen Höckes zum Holocaust-Denkmal ist die AfD wieder unter 10% gesunken [23]. Dass Kinder sich vor ihren Eltern fürchten sollten, wie mein alter Spielkamerad aus Mississippi meint, glauben wohl wenige Deutsche.

Dass ärmere Haushalte massenhaft gegen ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen stimmen, ist kein weit beklagtes Phänomen in der deutschen Politik. Kein Bundesland hat 2009 Mittel aus Merkels Konjunkturpaket aus Trotz oder Ideologie abgelehnt. Und statt den Sozialstaat abschaffen zu wollen, wie viele Amerikaner, liefen viele Deutsche zum ersten SPD-Kanzlerkandidaten über, der versprach, die Beschränkung des Sozialstaats in der Agenda 2010 zu revidieren. Kein deutscher Politiker wirft Hartz-IV-Empfängern vor, den Sozialstaat zu missbrauchen, um "wie Königinnen" zu leben.

Und meine deutschen Freunde finden es irgendwie cool, dass ich mit einem Newton Knight, der mitten in Mississippi gegen die Sklavenstaaten kämpfte, entfernt verwandt bin.

Craig Morris [24] ist Mitautor von Energy Democracy: The Germany Energiewende to Renewables [25], der ersten Geschichte der Energiewende, und seit August deutscher Staatsbürger.


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https://www.heise.de/-3806032

Links in diesem Artikel:
[1] http://www.nytimes.com/2009/08/16/books/review/Reynolds-t.html
[2] http://www.imdb.com/title/tt1124037/
[3] https://www.heise.de/tp/features/US-Boykott-von-Waren-aus-den-nicht-kriegswilligen-Laendern-3428442.html
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Stolpersteine?oldformat=true
[5] https://www.theatlantic.com/business/archive/2016/07/racist-history-portland/492035/
[6] http://www.blackpast.org/primary/1804-ohio-black-codes
[7] https://nmaahc.si.edu/
[8] http://www.monroeworktoday.org/explore/
[9] http://www.pbs.org/tpt/slavery-by-another-name/watch/
[10] https://qz.com/257042/these-seven-charts-explain-how-ferguson-and-many-other-us-cities-wring-revenue-from-black-people-and-the-poor/
[11] http://dianerehm.org/shows/2016-05-30/transportation-secretary-anthony-foxx-on-the-legacy-of-the-u-s-highway-system-rebroadcast
[12] http://www.theecologist.org/essays/2987362/racist_housing_how_postwar_suburban_development_led_to_todays_innercity_lead_poisoning.html
[13] http://www.theamericanconservative.com/dreher/marching-off-identity-politics-cliff/
[14] https://books.google.de/books/about/Freedom_from_Fear.html?id=cL85ggyT9oYC&redir_esc=y
[15] https://www.theatlantic.com/business/archive/2016/09/welfare-queen-myth/501470/
[16] https://www.youtube.com/watch?v=DnPmg0R1M04
[17] https://www.nytimes.com/2015/05/17/books/review/one-nation-under-god-by-kevin-m-kruse.html
[18] https://www.theguardian.com/us-news/2016/nov/10/white-women-donald-trump-victory
[19] https://www.brookings.edu/blog/the-avenue/2016/11/29/another-clinton-trump-divide-high-output-america-vs-low-output-america/
[20] https://www.youtube.com/watch?v=MQ0-cDKMS5M
[21] http://www.nybooks.com/articles/2013/05/09/debt-we-shouldnt-pay/
[22] http://www.foes.de/veranstaltungen/adam-smith-preis/
[23] http://www.wahlrecht.de/umfragen/
[24] https://twitter.com/PPchef
[25] http://energiewendebook.de/