Wenn strenge Vorschriften kaum überwacht werden
Christoph Jehle wünscht sich mehr "Marktüberwachung" - ein Kommentar
Die Liste der in Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission erarbeiteten Vorschriften für Geräte und Vorrichtungen, deren Anwendung den Energiebedarf betreffen, hat inzwischen einen beachtlichen Umfang erreicht und umfasst vom Standby-Verbrauch bis zu nicht-gewerblichen Kaffeemaschinen praktisch alle Bereiche des täglichen Lebens. In Vorbereitung befindet sich derzeit die Regulierung für Wasserhähne und Duschköpfe.
Auf dem Bearbeitungswege befinden sich noch zahlreiche andere Produktgruppen wie Fenster. Bei letzteren scheint jedoch inzwischen die Luft raus. Zwar wurde die Vorstudie zu Fenstern als energieverbrauchsrelevanten Produkten 2015 veröffentlicht und am 30. September 2015 fand dazu ein Konsultationsforum statt. Inzwischen wird die damalige Projekt-Website jedoch für andere Informationen genutzt, was darauf hindeutet, dass die Vorstudie abgeschlossen ist und kein Budget für den Weiterbetrieb der Website mehr verfügbar ist. Auch zahlreiche andere Projekte im Bereich der Okodesign-Regulierung sind inzwischen in einem undefinierten Wartestatus.
Im Falle der vor allem in Deutschland vielfach angegriffenen Staubsauger-Verordnung (EU) Nr. 666/2013 vom 8. Juli 2013 liegt inzwischen schon der knapp 300 Seiten lange Draft Final Report der Review Study on Vacuum Cleaners vor, welcher sich derzeit in der Diskussion mit den Stakeholders befindet. Diese Review Study befasst sich auch mit der Überarbeitung der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 665/2013 vom 3. Mai 2013 zur Ergänzung der Richtlinie 2010/30/EU im Hinblick auf die Energieverbrauchskennzeichnung von Staubsaugern.
Hier hat die britische Firma Dyson, die Staubsauger produziert, die ohne Staubbeutel arbeiten, vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen die Messmethode geklagt, weil sie sich dadurch behindert fühlen. Dass sich die Verbraucher mit den Energieeffizienzlabeln bei Staubsaugern schwer tun, hat auch die EU-Kommission erkannt und hat einen entsprechenden Leitfaden für Endverbraucher online gestellt. Die Verbraucher waren jahrelang davon ausgegangen, dass ein Staubsauger mit hohem Strombedarf auch besonders gut saugt, was sich jedoch in den einschlägigen Studien nicht bestätigt hat.
Problem der Marktüberwachung beim Energiebedarf
Selbst wenn die EU-Vorschriften hinsichtlich der Energieeffizienz von elektrischen Geräten unstrittig sind, bedeutet dies noch lange nicht, dass diese Vorschriften auch eingehalten werden. So ist die Marktüberwachung der Vorschriften in Folge der Ökodesign-Richtlinie und den Vorschriften für das Energieeffizienz-Label in Deutschland Sache der Bundesländer. Vielfach beschränken sich die Kontrollen auf die Produktangaben auf der Website der Anbieter. Ob diese dann auch mit den jeweiligen Geräten übereinstimmen, ist eine andere Frage.
Im Frühjahr 2018 hat man in Deutschland zwei Marktüberwachungs-Konzepte sowohl für die Ökodesign-Verordnungen als auch für die Energieeffizienzlabel, inzwischen meist verkürzt als Energielabel bezeichnet veröffentlicht. Diese Konzepte sind jedoch für die Bundesländer nicht bindend und so sollte man sich keine zu großen Hoffnungen machen, dass sich die Situation der Marktüberwachung schnell verbessert.
Inzwischen gibt es zumindest einen vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen ausgelösten Rückruf für einen unter verschiedenen bekannten Marken vertrieben Kühlschrank des Vertreibers PKM. Dass hierbei nur die Marke Schaub Lorenz mit dem Typ SL210 SP erwähnt wird, die technisch baugleichen jedoch nicht, ist jetzt nicht gerade verbraucherfreundlich. Selbst wenn die Marktüberwachung der Energieeffizienzvorschriften in Deutschland in Deutschland endlich funktionieren würde, besteht die große Chance, dass sie zumindest bei Kleingeräten etwas spät kommt. Hier hat sich die Realität des globalisierten Handels deutlich weiter entwickelt und für eine globale Marktüberwachung fehlen die rechtlichen Rahmenbedingungen.
Marktüberwachung bei anderen EU-Vorschriften
Bei der in nationales Recht umzusetzenden EU-Richtlinie WEEE, die in Deutschland unter dem Namen ElektroG bekannt ist, muss sich jeder Anbieter, der derartige Geräte auf dem deutschen Markt anbietet, diese bei der Stiftung ear registrieren lassen und die jeweiligen Verkaufsmeldungen abgeben. Wer sich dort selbst oder über einen Bevollmächtigten angemeldet hat, lässt sich leicht über das öffentliche Verzeichnis einsehen. Und wenn dort eine Marke nicht ordnungsgemäß registriert ist, kann man dies auch anonym bei dem hier für die Marktüberwachung zuständigen Umweltbundesamt mit einem online ausfüllbaren Formular zur Anzeige bringen.
Dies verspricht jedoch nur dann Erfolg, wenn der Inverkehrbringer eine Adresse in Deutschland hat. Sitzt der Vertreiber in einem anderen EU-Mitgliedsstaat, so ist die deutsche Behörde auf ihre ausländischen Partner angewiesen, die einen derartigen Vorwurf jedoch in der Regel nicht verfolgen. Völlig aussichtslos ist die Verfolgung eines nicht registrierten Anbieters, wenn dieser seinen Sitz außerhalb der EU hat.
Insgesamt scheint die Lösung mit der Stiftung ear als Gemeinsame Stelle der Hersteller im Sinne des ElektroG so gut zu funktionieren, das mit dem neuen Verpackungsgesetz (VerpackG) ebenfalls das Modell einer zentralen Stelle eingeführt hat. Die Zentrale Stelle Verpackungsregister soll die Marktüberwachung mit Beginn des kommenden Jahres erleichtern. Auch beim kommenden Batteriegesetz (BattG) will man die derzeitige Organisation möglichst bald aufgeben und eine zentrale Stelle einführen.