Wie die AfD durch Agenda-Setting siegt und Politik und Medien mitmachen
Vor der Brandenburg-Wahl scheint es, als hätte die AfD schon gewonnen. Fast alle übernehmen ihre Schwerpunktthemen. Fallbeispiel und Kommentar.
75 Minuten konnte man am 9. September in der Sendung "Hart aber fair" zuschauen, wie die AfD Erfolge einheimsen kann, obwohl sie selbst gar nicht Teil der Diskussionsrunde war.
Schon in der Frage "Versteht die Politik die Bürger noch?" waren Aussagen enthalten, die eigentlich hinterfragt gehören. Da wird unterstellt, die rechten Wahlerfolge rühren von einer ominösen Vertrauenskrise her – und nicht vor allem daher, dass viele Wähler tatsächlich eine deutschnationale rechtskonservative Politik wollen.
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Mit der Ex-Grünen Antje Hermenau und dem Oberbürgermeister von Grimma, Matthias Berger waren gleich zwei Politiker vertreten, die für die Freien Wähler antreten, die für ein unverkrampftes Verhältnis zur AfD eintraten. Hermenau vertrat in der Sendung viele Thesen, die auch ein AfD-Politiker nicht eleganter formulieren könnte.
Kein Bündnis mit besonders rechten AfD-Landesverbänden
Als Kontrahent trat der Alt-CDUler und NRW-Innenminister Herbert Reul auf, der eigentlich weder mit der AfD noch mit dem BSW Bündnisse eingehen würde. Die sächsische SPD-Spitzenkandidatin Petra Köpping zeigte sich schon erfreut, dass es ihre Partei in dem Bundesland überhaupt wieder über die Fünf-Prozent-Hürde geschafft hat.
Sie beharrte auf der Abgrenzung von der AfD in Sachsen und Thüringen, weil diese Landesverbände ja besonders rechtsextrem seien. Die Frage, ob andere Landesverbände vielleicht doch Kooperationspartner sein könnten, wurde ihr nicht gestellt. Die iranischstämmige Journalistin Gilda Sahebi formulierte am ehestens eine konsistente Position gegen die Rechten, drang damit aber nicht recht durch.
Heimat statt Antifa: Geheimwaffe gegen die AfD?
Ein Totalausfall war Monchi, der Sänger der einst in der Antifa-Szene beliebten Band Feine Sahne Fischfilet, der sich in der Sendung nicht nur eilfertig von einigen polizei- und staatskritischen Songs ihrer wilden Jahre distanzierte. Selbst ein klares antifaschistisches Statement hörte man von ihm höchstens am Schluss, als er noch mal bekundete, dass ihm eine mögliche Regierungsbeteiligung der AfD Angst machen würde.
Ansonsten kamen von ihm nur Bekenntnisse des Mitmachens. Seine Konzerte wollte Monchi dann auch nicht als Beitrag zum Antifaschismus verstanden wissen, vielmehr wollte er auch was für seine Heimat machen. Ständig wollte Monchi noch betonen, dass er keineswegs gegen, sondern für etwas ist. Da redet man konsequenterweise auch nicht mehr vom Antifaschismus, der das Nichtkonstruktive schon in der ersten Silbe hat.
So blieb anderthalb Wochen vor der Brandenburg-Wahl nur ein Fazit. Bei "Hart aber fair" hat die AfD schon gewonnen, obwohl sie gar nicht dabei war.
Jetzt doch Grenzkontrollen: Wie die AfD die Politik bestimmt
Am Ende konnte der Moderator noch das Top-Thema der folgenden Nachrichten vermelden: Die Bundesinnenministerium verkündet Grenzkontrollen in Deutschland. Jahrelangen haben fast alle Politiker in Deutschland gesagt, dass solche Grenzkontrollen gegen EU-Recht verstoßen. Nun sorgen die Wahlergebnisse in Sachsen und Thüringen dafür, dass das Unmögliche doch gemacht wird.
Haben die Politiker tatsächlich die Hoffnung, mit solchen Maßnahmen die Wähler der AfD zurückzugewinnen, in dem sie das Signal setzen, die etablieren Parteien können rechte Politik auch ohne die AfD machen. Die SPD-Politikerin Maja Wallstein ist nicht davon überzeugt. Sie warnt davor, im Wahlkampf die rechte Rhetorik der AfD zu übernehmen.
Zurzeit müsse die AfD nur husten, sofort versuchten alle anderen, sich zu rechtfertigen. Wer aber nach rechts springe, mache die Rechten stark. Wallstein plädierte dafür, statt ständig die Themen anzusprechen, die die AfD vorgibt – innere Sicherheit, Migration – sollten die AfD-Gegner eigene Inhalte setzen. Wallstein nannte etwa die ungleiche Verteilung von Wohlstand und ein unzureichendes Gesundheitssystem.
Wie in Frankreich die Linke gewinnt und die Rechte regiert
Die Linke in Frankreich hätte mit solchen sozialen Themen die Wahlen vor einigen Wochen gewonnen, sie wurde stärkste Kraft im französischen Parlament und die in Umfragen favorisierten Rechten landeten an dritter Stelle. Trotzdem hat Emmanuel Macron kürzlich einen rechtskonservativen Ministerpräsidenten ernannt, der sich vielleicht von den Ultrarechten tolerieren lässt.
Das zeigt die Fallstricke, wenn sich Linke angeblich aus antifaschistischen Motiven mit Teilen des Kapitals und dessen Parteien verbünden. Am Ende, dass lehrt die Geschichte, werden sie immer von den Rechten ausgespielt, denn ihnen und nicht den noch so moderaten Linken, vertraut das Kapital viel mehr.
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