Wiederaufbau Ukraine: Wie "neoliberal" wird er?
Seite 2: Deregulierungen zugunsten von Unternehmen
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Wie die Reformen aussehen sollen, ist schon seit 2014, seit der damaligen Diskussion über einen EU-Beitritt der Ukraine, Gegenstand skeptischer Äußerungen über eine Westanbindung der Ukraine, wonach sie, um ein Kampfwort zu verwenden, auf "neoliberale Reformen" hinauslaufen würde: Deregulierungen zugunsten von Unternehmen, zum Nachteil von Arbeitnehmern und sozialer Absicherungen.
Schaut man auf die Agenda des morgigen internationalen Expertentreffens zum Wiederaufbau der Ukraine, das Deutschland wegen der G7-Präsidentschaft ausrichtet, so findet diese Skepsis schon Begründungen.
Arbeitsrecht ändern, Privatisierung vorantreiben
Aufgeführt wird etwa der ukrainische Präsidentenberater Alexander Rodnyansky jr., Wirtschaftsprofessor in Cambridge, der eine prominente Figur ist, wenn es um Reformpläne geht. Der britische Guardian hat seinen Vorstellungen Anfang Oktober einen eigenen Beitrag gewidmet. Die Überschrift sagt schon einiges über den Kurs, der dem Wirtschaftsberater von Präsident Selenskyj vorschwebt: Die Ukraine müsse ihr Arbeitsrecht überarbeiten und Privatisierung vorantreiben, um die Wirtschaft zu sanieren.
Man kann sich gut vorstellen, dass westliche Investoren und Unternehmer wenig gegen Reformideen einzuwenden haben, die vorhaben, "einen liberaleren Ansatz" zu versuchen, mit einem flexiblen Arbeitsmarkt, der das Modell Dänemark nachahmt, "weil wir aufholen müssen". Die entbürokratisieren wollen, wenn es um Arbeitnehmerrechte geht: "Es gibt auch konventionellere Dinge zu reformieren: einfache Einstellung, einfache Entlassung, Abfindungen, flexible Arbeitszeiten und befristete Verträge."
Auch die Einführung eines Null-Stunden-Vertrags ist laut Guardian in der Diskussion wie auch die Abschaffung des Mindestlohns in einigen Branchen, "in denen sie nicht zu mehr Beschäftigung führen".
Wir müssen sicherstellen, dass er (der Mindestlohn, Einf. d. A.) nicht zu hoch ist, weil unsere Wirtschaft kollabiert und wir müssen sicherstellen, dass er die Arbeitslosigkeit nicht in die Höhe treibt.
Alexander Rodnyansky jr.
Intelligenter Plan: "Nachhaltigkeit" und ein schleichender Prozess
Geht es nach Michael Harms, Geschäftsführer des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft (OA), so heißt das erste Gebot für den längerfristigen Wirtschaftsaufbau "Nachhaltigkeit". Die Bevölkerung müsse schnelle Ergebnisse beim Wiederaufbau zerstörter Infrastruktur sehen. Gleichzeitig gelte für einen intelligenten Plan, dass "Grundlagen für nachhaltiges Wachstum" geschaffen werden. Dazu gehört auch die Kontrolle der Mittel. Wer viel gibt, fordert auch.
"Jedes Geberland solle die Aufsicht über eigene Projektmittel behalten, um Transparenz und Rechenschaftspflicht zu gewährleisten", wird Harms von der SZ zitiert. Solange der Krieg weitergeht, sei "nicht mit einer riesigen Investitionswelle deutscher Firmen in der Ukraine zu rechnen". Harms sprich von einem "schleichenden" Prozess, den man nun vorbereiten muss.