Wo ist die Förderung für Höhenwind-, Strömungs- und Osmosekraftwerke?
Seite 2: Höhenwindkraftwerke
Höhenwindenergie (HWE), auf Englisch "Airborne Wind Energy (AWE)", ist eine revolutionäre Technologie, die mittlerweile bereit für den Markteintritt ist.
Höhenwindenergieanlagen erzeugen Strom mittels automatisierter, an einem Seil befestigter Fluggeräte oder Drachen. Sie erschließen zusätzliche Windressourcen in Höhen von bis zu 800 Meter und dies bei 90 Prozent weniger Materialeinsatz und gleichzeitig einem hohen Kapazitätsfaktor.
Die Anlagen passen in Standardcontainer, was die Logistik bei der Aufstellung erheblich vereinfacht und in Zukunft eine Massenproduktion ähnlich wie im Automobilbereich ermöglicht.
Bisher gibt es außer Forschungsförderung keine Markeinführungsunterstützung durch die Politik. So ist Höhenwindenergie im EEG nicht definiert, weshalb es keine spezifische Vergütung gibt.
Zudem berücksichtigen auch die Regularien zum Luftraum und zur Luftverkehrssicherheit die Technologie Höhenwindenergie noch nicht ausreichend.
Höhenwindenergie ins EEG
Höhenwindenergieanlagen (HWE) sollten daher als eigenständige Windenergietechnologie ins EEG aufgenommen werden, da sie nicht unter das gängige Verständnis einer Windenergieanlage mit Turm und Rotor fallen. Die ersten kommerziellen Höhenwindenergieanlagen liegen im Bereich von 150 Kilowatt (kW).
In den nächsten Jahren werden sie in die Megawatt-Klasse skaliert. Damit sind sie bereits größer als Kleinwindanlagen (<50 kW), aber noch deutlich kleiner als etablierte dreiflügelige Windenergieanlagen und daher passen sie auch nicht in das im EEG vorhandene Vergütungsschema für Windkraft.
Der europäische Verband des Höhenwindenergiesektors (Airborne Wind Europe) hat nun einen Vorschlag unterbreitet, wie die Höhenwindkraftwerke mit einem eigenen Vergütungssatz im EEG berücksichtigt werden könnten.
Er schlägt für die Jahre 2024 und 2025 20 Cent pro Kilowattstunde (kWh) vor, was schon deutlich niedriger liegt, als am Anfang für die Solarstromerzeugung nötig war. Diese lag im EEG 2000 bei ca. 50 Cent/kWh.
Eine schnelle Degression mit Markthochlauf könnte die Höhenwindtechnologie in einigen Jahren mit heutigen Windkraftanlagen wettbewerbsfähig machen. Das kürzlich ermittelte Potenzial in Deutschland liegt bei mehreren Dutzend Gigawatt, wobei die hohe Anfangsvergütung wohl nur für die ersten, wenigen Megawatt anfallen würde.
Vereinbar mit Luftverkehr
Auch für die Risikominderung bezüglich Kollisionen mit Flugzeugen hat der Verband kluge Vorschläge entwickelt.
Generell sollten andere Luftverkehrsteilnehmer eine HWE-Anlage als Hindernis betrachten, welches – wie herkömmliche Windparks auch – zu umfliegen ist. HWE sollten daher mit einem speziellen Symbol in Luftraumkarten gekennzeichnet werden. Zudem sollte für alle Systeme in allen Entwicklungsphasen eine spezielle Markierung und Befeuerung des Flugkörpers und der Bodenstation definiert werden.
Zur Verminderung des Kollisionsrisikos können HWE-Systeme zudem abtauchen oder landen, um anderen Luftraumnutzern auszuweichen. Voraussetzung ist allerdings, dass diese über Transponder "kooperieren" und identifizierbar sind. Ähnlich wie bei der bedarfsgesteuerten Nachtkennzeichnung (BNK) würden HWE-Systeme diese taktischen Manöver automatisch einleiten.
Der Verband Airborne Wind Europe und seine Mitglieder fordern nun die Abgeordneten des Deutschen Bundestags, das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BWMK) sowie das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) auf, diese Forderungen zeitnah zu prüfen und umzusetzen, um den Markthochlauf der Technologie zu erleichtern.
Ich halte diese Forderungen für klug und nicht nur berechtigt, sondern sogar notwendig, sie schnell umzusetzen. Die Katastrophenentwicklung im irdischen Klima und die zunehmenden Spannungen und Kriege infolge von Energieabhängigkeiten lassen uns keine andere Chance mehr, als schnell alle emissionsfreien Energieerzeugungstechnologien hochzufahren, was am besten mit einem eigenen Vergütungssatz im EEG gelingt.
Zudem könnte das ein wirksamer Beitrag sein, neue Industrien in Deutschland aufzubauen, was zwingend erforderlich ist, weil Deutschland schon den Anschluss an die wichtigen emissionsfreien Industrien wie Solar, E-Autos und Batterien längst an China verloren hat.
Höhenwindkraftwerke, Flussströmungskraftwerke und Osmosekraftwerke gehören wegen ihrer hohen Potenziale eindeutig zu den neuen förderungswürdigen emissionsfreien Technologien und können eine Basis sein, große für die Welt nutzbare emissionsfreie Industrieproduktionen auch wieder in Deutschland zu schaffen.
Hans-Josef Fell ist Präsident der Energy Watch Group und Mitautor des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG). Von 1998 bis 2013 war er für die Grünen im Bundestag. Er hat zahlreiche Preise und Auszeichnungen für sein Engagement erhalten. Fell ist Botschafter für 100 Prozent Erneuerbare Energien und Sprecher der Bürgerinitiative Bürger Solarfabrik.