Wohnungsbau: Preise ziehen an, Bauvolumen bricht ein
Wegen steigender Kosten nehmen viele Investoren Abstand von geplanten Projekten. Die Bundesregierung dürfte ihr Ziel für den Neubau erneut verfehlen. Forscher empfehlen einen Strategiewechsel.
Gegen den Mangel an bezahlbarem Wohnungsraum hilft: Bauen. Doch der Wohnungsbau stockt in Deutschland. Inflation, steigende Zinsen und Lieferengpässe treiben die Baukosten in die Höhe, sodass viele Bauunternehmer und Investoren von ihren Projekten wieder Abstand nehmen.
In manchen Regionen Deutschlands warnt die Wohnungswirtschaft bereits, dass der Bau von Sozialwohnungen in Gefahr sei. So etwa in Bremen und Niedersachsen, wo der Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft (vdw) am Mittwoch beklagte, dass der Mietwohnungsbau an einem seidenen Faden hänge.
Als Gründe nannte vdw-Chefin Susanne Schmidt die hohen Baukosten, die auch auf steigende Standards und hohe gesetzliche Anforderungen zurückzuführen seien. Kapazitätsengpässe bei Zulieferern und im Bauhandwerk, steigende Zinsen und eine wackelige Förderkulisse seien weitere Probleme – und sie seien der Politik längst bekannt. "Aber geändert hat sich bislang nichts", so Schmidt.
Gestiegene Baukosten hatte auch das Statistische Bundesamt am Dienstag in seiner vierteljährlich veröffentlichten Statistik konstatiert. Die Preise für den Neubau konventionell gefertigter Wohngebäude lagen im November 2022 um 16,9 Prozent über dem Vorjahreswert. Allein von August bis November seien die Baupreise um 2,5 Prozent gestiegen.
Die Bundesregierung hatte das Ziel ausgegeben, dass 400.000 neue Wohnungen pro Jahr gebaut werden. Davon sollten 100.000 Sozialwohnungen sein. Vor dem Hintergrund der steigenden Baukosten dürfte das Ziel der Koalition kaum zu erreichen sein.
Die Spitzenverbände der Bauwirtschaft hatten bereits Anfang Dezember in einem gemeinsamen Schreiben erklärt:
Im Jahr 2021 wurden nur noch 293.393 Wohnungen neu gebaut. 2022 wird diese Zahl aller Voraussicht noch unterschritten. Alle Vorzeichen deuten darauf hin, dass es im Jahr 2023 einen dramatischen Einbruch geben wird. Das Ziel der Koalition, jährlich 400.000 Wohnungen zu bauen, droht zum Wunschdenken zu werden.
Ende vergangenen Jahres hatte das Münchner ifo-Institut darauf verwiesen, dass die Zahl der Stornierungen im deutschen Wohnungsbau deutlich zugenommen habe. Im November klagten laut einer Umfrage 16,7 Prozent der Unternehmen über Stornierungen, nach 14,5 Prozent im Vormonat.
Ifo-Forscher Felix Leiss sagte: "Zwar verfügen die Unternehmen noch über gut gefüllte Auftragsbücher, aber die immer weiter steigenden Baupreise, höhere Zinsen und geringere Fördermöglichkeiten belasten das Neugeschäft und führen bereits seit einigen Monaten zu auffällig vielen Stornierungen". Die Unternehmen seien sehr besorgt.
Am Mittwoch veröffentliche auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) eine Analyse der Situation im Wohnungsbau. Dem DIW zufolge stieg das Bauvolumen im vergangenen Jahr nominal um 13,6 Prozent.
Weil die Branche von kräftigen Preissteigerungen geprägt war, stieg der Umsatz allerdings nur auf dem Papier. Inflationsbereinigt sei die Bautätigkeit um zwei Prozent zurückgegangen, heißt es beim DIW. Der dringend benötigte Wohnungsneubau sei sogar um 4,5 Prozent geschrumpft.
Studienautor Martin Gornig geht davon aus, dass das Bauvolumen auch in diesem Jahr inflationsbereinigt negativ sein wird. Erst ab 2024 könnte es wieder im Plus liegen, wobei "der Wohnungsbau, insbesondere der Neubau, der Gesamtentwicklung noch hinterherhinken" dürfte.
Gornig fordert deshalb von der Bundesregierung einen Strategiewechsel. Um in Ballungsräumen bezahlbaren neuen Wohnraum zu schaffen, müsse sie stärker auf die Nachverdichtung im Bestand setzen. Zudem sollten auch Unternehmen gefördert werden, um Kapazitäten aufbauen zu können.
Anderenfalls könnten die Engpässe im Angebot nicht abgebaut werden. Durch die bestehenden Engpässe bestünde die Gefahr, dass ein Großteil der Förderungen, etwa bei der energetischen Gebäudesanierung, in steigenden Preisen verpuffe.
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