Wortfilter offline

Angeblich auf Betreiben von eBay wurde die Website gesperrt

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Im Anfang war das verbotene Wort. Herausgefiltert von eBay. Mit einem Programm, das in User-Kreisen der Einfachheit halber Wortfilter heißt. Und Axel Gronen sah, dass es schlecht war. Und machte sich daran, auf seiner Website den Wortfilter von eBay anzuprangern. Titel der Seite: "Wortfilter bei eBay: Zensur und ihre Folgen". Hinzu kamen kuriose Auktionen, Tipps, Tricks und Tools rund um eBay sowie allerlei Neuigkeiten. Erst vor wenigen Tagen feierte die Seite ihren ersten Geburtstag. Seit gestern ist sie offline.

In seinem Newsletter schildert Axel Gronen den Gang der Dinge: Vormittags gegen 10 Uhr ist die Website plötzlich nicht mehr erreichbar. Telefonische Nachforschungen Gronens ergeben: Probleme mit dem Server. Diese Probleme waren am Nachmittag zwar behoben. Doch Gronens Seite ist weiterhin unerreichbar. Auf Nachfrage erfährt er, seine Website bleibe "auf Betreiben eBays offline". In seinem Newsletter schreibt er:

Den genauen Beschwerdegrund könne man mir nicht nennen, aber man habe den Sachverhalt geprüft und sich für die Sperrung entschieden. In den nächsten Tagen oder Wochen bekäme ich das auch schriftlich.

Daraufhin greift Gronen erneut zum Telefon - und bittet Joachim Guentert, den Pressesprecher von eBay Deutschland, um Aufklärung. Doch erstens ist Guentert selbst ganz überrascht, und zweitens kann er später definitiv bestätigen, dass eBay Deutschland nichts mit der Sperrung zu tun hat. Jedoch könne Guentert "den eher unwahrscheinlichen Fall nicht völlig ausschließen, dass eBay.com da etwas unternommen habe." Der Provider ist zu diesem Zeitpunkt leider nicht mehr erreichbar. Weitere Verzögerungen will Gronen nicht hinnehmen. Gleich morgen früh will er deshalb "beim Landgericht Köln eine Einstweilige Verfügung gegen Host Europe beantragen, die diese Firma zwingt, meine Website wieder erreichbar zu machen."

Die Mail ging an die rund 8.700 Abonnenten des Newsletters - und innerhalb der ersten Stunde erhielt Gronen 417 Antwortmails, die meisten davon mit Durchhalteparolen (nicht aufgeben, weiter so) und zünftiger Schmähkritik an eBay. Außerdem wurden ihm etwa 30 Anwälte genannt, die er kontaktieren solle.

Telepolis gegenüber äußert Gronen den Verdacht, dass die Sperrung ihren Ursprung beim Server selbst hat - und dass der Verweis auf eBay eine "reine Schutzbehauptung des Servers" ist. Fakt ist: Gronen hat vor kurzem eine neue Domain beantragt, die den Namen "eBay" enthält. Gedacht war sie für Demo-Zwecke. Denn Gronen hat eine neue Sicherheitslücke bei eBay entdeckt, die er vor laufender Kamera entlarven will. Gedreht werden soll - heute nachmittag. Der Drehtermin ist längst vereinbart, und jetzt das. Gronen hält es für möglich, dass angesichts des Namenselements "eBay" jemand bei seinem Provider misstrauisch geworden ist. Doch statt der Sache auf den Grund zu gehen, wurde kurzerhand die Seite wortfilter.de gesperrt - die bislang nie beanstandet wurde und mit der neuen Seite nur indirekt zu tun hat.

Dass eBay.com hinter der Sperrung steckt, hält Gronen für unwahrscheinlich. Er wüsste nicht, was man ihm vorwerfen könne. Zwar seien die Amerikaner "sehr pingelig, was Bilder angehe". Sprich: wenn die Seite optisch zu sehr an den Seitenaufbau von eBay erinnert und wenn Logos und Symbole in unzulässiger Weise verwendet werden, kann es schon mal Ärger geben. Doch außer einem eBay-Logo mit Verweis auf das eBay-Partnerprogramm findet man bei wortfilter.de keine entsprechenden Abbildungen. Anders gesagt: Gronens Seite ist strikt "textorientiert" und hat bislang weder bei eBay.de noch bei eBay.com Anstoß erregt. Im Gegenteil: Gronen berichtet zwar kritisch aber fair, und das weiß man auch bei eBay zu schätzen.

Aktuell ist unter www.wortfilter.de nicht viel zu sehen. Mal abgesehen von der Fehlermeldung "Das Angebot auf diesem Server ist zur Zeit nicht erreichbar. Bitte versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal." nebst englischer Übersetzung sowie einer unübersehbaren Eigenwerbung des Providers Host Europe. Versucht man direkt auf Unterseiten zu gelangen, begegnet man nur noch dem berühmt-berüchtigten Fehler 404 (Error 404 - Not found).

Für Axel Gronen ist das mehr als unerfreulich. Zwar verdient er mit der Seite kein Geld. Jedenfalls nicht direkt. Aber sie ist sein Aushängeschild. Und damit die Grundlage für seinen wirtschaftlichen Erfolg. Offline zu sein ist schlecht fürs Image. Schließlich arbeitet Gronen als Unternehmensberater in Sachen eBay. Zum einen gibt er Lernwilligen Nachhilfe und erklärt ihnen, wie man bei eBay erfolgreich handelt. Zum anderen berät er Firmen, die mehr oder weniger direkt mit eBay zu tun haben und Rat suchen. Auch sitzt er im Aufsichtsrat eines Unternehmens, das einen neuen Bezahldienst entwickelt - und diesen gerne an eBay verkaufen möchte. Diese Firma hat Gronen "als Experten mit ins Boot geholt". Wenn jetzt seine Seite plötzlich nicht erreichbar ist, dann könnte das ein schlechtes Licht auf ihn werfen.

Um wenigstens auf Umwegen erreichbar zu sein hat Axel Gronen die Seite gespiegelt - sie ist bis auf weiteres hier zu finden. Übrigens wird diese Seite von demselben Provider gehostet, der www.wortfilter.de gesperrt hat. Das findet Axel Gronen "schon ironisch". Aber er ist guten Mutes, dass seine Seite bald wieder online ist - spätestens Ende der Woche. "Juristisch ist diese Sache nicht haltbar," meint Gronen. Einen neuen Provider hat er schon. Fehlt nur noch die Umzugsgenehmigung. Die muss dem alten Provider im Zweifelsfall auf juristischem Wege abgerungen werden. Außerdem erwartet Gronen, dass der Provider die Kosten für den Anwalt übernimmt und Entschädigung leistet für die Nicht-Erreichbarkeit seiner Website.