ZDF: Journalistisches Sträuben gegen Richtigkeit

Seite 2: Kein Wort von der falschen Darstellung im Video

Kein Wort von der falschen Darstellung im Video, erst recht kein Wort dazu, dass dieser kleine Hinweis erst aufgrund einer Programmbeschwerde und mit erheblichem unbezahlten Aufwand eines Zuschauers erfolgte, nachdem Hinweise per Social-Media und E-Mail erfolglos geblieben waren.

Zudem könnte man den in diesem Zusammenhang irritierenden Hinweis auf die "Neufassung im Jahr 2015" dahingehend verstehen, dass davor die Aussage von ZDF-Comedian Til Reiners richtig gewesen wäre, er also nur eine erst "vor kurzem" erfolgte Änderung nicht mitbekommen habe.

Allerdings ruhte die Verjährung damals schon bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, eine Verjährung "nach fünf Jahren" war also auch 2015 nicht möglich.

Zur zweiten Falschbehauptung nimmt Intendant Himmler wie folgt Stellung:

Sie weisen zu Recht darauf hin, dass das Veröffentlichungsdatum dieses Dossiers mit weiterführenden Informationen und Links in der ZDFmediathek falsch ist. In der Tat wurde das Dossier erst einige Tage später veröffentlich. Das Datum wurde in der falschen Annahme gesetzt, dass es einfacher ersichtlich ist, dass das Dossier das Video "Till to go" ergänzt. Unsere Pressestelle wiederum hat die Information der Mediathek genutzt, um Ihnen zu antworten. Sowohl das Team der ZDFmediathek als auch unsere Pressestelle sind darüber informiert. Das Publikationsdatum in der ZDFmediathek ist inzwischen korrigiert worden.

Dr. Norbert Himmler, ZDF-Intendant

Die Pressestelle des ZDF beantwortet also Journalistenfragen, die sich auf Behauptungen einer ZDF-Website beziehen, mit Zitaten eben jener ZDF-Website? (Dann ist zu hoffen, dass in der ZDF-Pressestelle keine ZDF-Journalisten arbeiten und damit ungewollt zum Ausdruck bringen, wie es um das Rechercheverständnis in Mainz bestellt ist.)

Zweifel sät auch die Behauptung im Subtext, bei der falschen Datumsbehauptung solle es sich um einen Einzelfall handeln. Noch nie zuvor galt es zu überlegen, ob man das Veröffentlichungsdatum vordatieren könnte?

In der Programmbeschwerde zu diesem Punkt hieß es:

Es geht dabei nicht um einen möglichen, simplen Datumsfehler auf der Website. Es geht um die Wahrhaftigkeit der journalistischen Arbeit des ZDF. [...] Sollte sich aber herausstellen, dass die Behauptung falsch ist, das Dossier sei zeitgleich mit dem Filmbeitrag erschienen, ist eine öffentliche Richtigstellung und Entschuldigung notwendig. Schließlich wäre der Beitrag dann u.a. ein Versuch, die bereits vorhandene Kritik als gegenstandslos darzustellen, weil man selbst diese angeblich bereits berücksichtigt habe.

Programmbeschwerde

Zu alledem äußert sich der ZDF-Intendant nicht. Stattdessen dankt er "für die kritische Begleitung unseres Programms".

Fazit: Das ZDF hat eine juristische Falschbehauptung verbreitet und bei der Angabe eines Veröffentlichungsdatums gelogen. Trotz zig-facher Hinweise wurde beides erst im Zuge einer formalen Programmbeschwerde behoben, jedoch ohne Entschuldigung und ohne transparente Hinweise, sodass wohl praktisch niemand, der diese Fehlinformationen genossen hat, von der Fehlerhaftigkeit erfährt. Wenn der geschilderte kleine Fall nicht die absolute Ausnahme ist, steht es um die Orientierungsleistung des ZDF nicht gut.

Dass es sich um keinen Einzelfall handelt, legt zumindest nahe, dass es zahlreiche vergleichbare Fälle bei allen möglichen Medien gibt. Denn die Quintessenz aus drei Jahrzehnten Medienjournalismus führte zum provokativen Titel: "Journalistisches Sträuben gegen Richtigkeit".

Aus der Vielzahl von dokumentierten Fällen wird in Teil 2: Medien: Lästige Korrekturen bei Falschaussagen? exemplarisch auf weitere drei verwiesen.