Zähneklappern im Treibhaus
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Die Energie- und Klimawochenschau: Von einer viel zu warmen Arktis, von aus dem Tritt geratenden Höhenwinden und von drohenden Fahrverboten für Diesel-Pkw
Zur Abwechslung mal ein Kälterekord: Auf der Zugspitze wurde in der Nacht von Montag auf Dienstag -30,5 Grad Celsius gemessen. Das sei dort die niedrigste Ende Februar je gemessene Temperatur gewesen, die seit dem Beginn der Aufzeichnungen 1901 registriert wurde.
Das berichtet die Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf den Deutschen Wetterdienst DWD, der die dortige Station betreibt. Auch sonst ist es im ganzen Land reichlich winterlich, außer vielleicht, dass nur in wenigen Regionen wie etwa dem Nordosten Schnee liegt.
Tiefe Minusgrade sind eigentlich für den Osten und Süden keine Seltenheit, aber richtige, länger anhaltende Winter sind in den letzten beiden Jahrzehnten in den meisten Gegenden Mitteleuropas rar geworden. Ein Blick auf die lange in Berlin Dahlem gemessene Temperaturreihe, die bis ins Jahr 1876 zurückreicht, zeigt, dass winterliche Kälteeinbrüche an der Spree auch in Zeiten der globalen Erwärmung eher die Regel als die Ausnahme sind.
Der globale Wandel manifestiert sich auf der lokalen Ebene in Berlin eher darin, dass die Zahl der Frosttage pro Jahr deutlich ab- (minus 17 Tage in 100 Jahren) und die der Sommertage (Tage mit Temperatur über 25 Grad Celsius) zugenommen hat (plus 12 Tage in 100 Jahren).
Die Angaben sind aus einer Analyse zweier Berliner Meteorologen, die sich eingehend mit den verschiedenen Berliner Temperaturzeitreihen auseinander gesetzt haben, die bis ins 17. Jahrhundert zurückreichen, und zu den weltweit ältesten erhaltenen Messreihen gehören.
Auch sonst gibt es übrigens keinen Grund zu meinen, dass ein oder zwei Wochen ungewöhnlicher Kälte in weiten Teilen Europas, eines ziemlich kleinen Kontinents, schon ein Anzeichen für das Erlahmen der globalen Erwärmung wäre.
Am Dienstag war es im globalen Mittel 0,6 Grad Celsius wärmer als im Durchschnitt am 27. Februar der Jahre 1979 bis 2000, wie man hier sehen kann. Auf der Nordhalbkugel lagen die Temperaturen um 1,2 Grad Celsius über dem genannten Referenzwert und in der Arktis gar um 4,7 Grad Celsius.
Höhenwinde durcheinander
Vielmehr sieht es danach aus, als sei die derzeitige hiesige Kälte die Kehrseite der globalen Erwärmung, die erwartungsgemäß in der Arktis besonders ausgeprägt ist. Wem es hierzulande zu kalt ist, wäre dieser Tage auf Spitzbergen deutlich besser aufgehoben.
Dort kletterte zu Beginn der Woche das Thermometer über Null Grad Celsius. Selbst am Nordpol, der die ersten Sonnenstrahlen erst wieder in einem knappen Monat sehen wird, herrschten am Montag zeitweise Temperaturen von um die Null Grad.
Am Kap Morriss Jessup, der Nordspitze, sollen am Samstag vergangener Woche sogar sechs Grad Celsisus gemessen worden sei, berichtet der Sydney Morning Herald unter Berufung auf verschiedene europäische und US-amerikanische Meteorologen.
Diese sprechen von einem ganz außerordentlichen Zustrom warmer und feuchter Luft weit in den äußersten Norden. Normalerweise wird die Arktis in dieser Jahreszeit von einem Wirbel äußerst kalter Luft beherrscht, und die wärmeren Luftmassen ziehen in Tiefdruckgebieten weiter südlich in den gemäßigten Breiten mehr oder weniger von West nach Ost.
Wie in den vergangenen Jahren zunehmend zu beobachten, verändert jedoch die mäandernde Höhenströmung, das Jetstream genannte Band starker Höhenwinde, die die Zugbahnen dieser Tiefdruckgebiete steuern, ihren Charakter. Ihre Wellen greifen weiter nach Norden aus und werden langsamer. Dadurch gelingt einerseits warme Luft weiter in den Norden und kalte weiter in den Süden.
Gleichzeitig bedeutet die Verlangsamung der Wellen, dass die mit ihnen verbundenen Wetterlagen länger anhalten. Wie bereits mehrfach berichtet kann dies im Sommer zu ausgedehnten Hitze- und im Winter zu anhaltenden Kältewellen führen.
Für die Seehunde in der östlichen Ostsee sind das alles übrigens sehr gute Nachrichten. Erstmals seit mehreren Wintern hat das Eis dort wieder seine normale Ausdehnung, sodass sie problemlos auf diesem ihren Nachwuchs zur Welt bringen können. Ansonsten ist die Ausdehnung des Meereis auf der Nordhalbkugel weit unter dem Durchschnitt, wie die Daten des US-amerikanischen National Snow and Ice Data Center zeigen.