Zweifel an Selenskyjs "Siegesplan": US-Regierung zeigt sich enttäuscht
Wolodymyr Selenskyj steht in der Kritik: Vorwürfe der Wahlkampf-Einmischung in den USA und Skepsis am "Siegesplan" trüben Unterstützung für die Ukraine.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sieht sich bei seinem Besuch in den USA mit schweren Vorwürfen konfrontiert. Führende Republikaner werfen ihm vor, sich unzulässig in den US-Wahlkampf eingemischt zu haben. Zudem zeigten sich US-Regierungsvertreter enttäuscht über Selenskyjs "Siegesplan" für die Ukraine. Dies überschattet die Bemühungen um weitere Hilfen für das Land.
Selenskyj verärgert Trump-Lager mit Interview und Fabrikbesuch
Auslöser der Kontroverse ist zum einen ein Interview Selenskyjs mit dem Magazin "New Yorker". Darin stellte er das Wahlversprechen von Ex-Präsident Donald Trump infrage, im Falle eines Wahlsieges schnell Frieden für die Ukraine auszuhandeln. Außerdem kritisierte er den republikanischen Vizepräsidentschaftskandidaten JD Vance als "zu radikal".
Für weiteren Unmut sorgte ein Besuch Selenskyjs in einer Granatenfabrik in Pennsylvania zusammen mit dem demokratischen Gouverneur und Senator des Bundesstaates. Mike Johnson, republikanischer Sprecher des Repräsentantenhauses, bezeichnete dies als "eindeutig parteiische Wahlkampfveranstaltung" und forderte die Entlassung des ukrainischen Botschafters, der den Termin arrangiert hatte.
Der Besuch der Waffenfabrik könnte auch die innenpolitischen Spannungen in den USA anheizen. Ein Ausschuss des Repräsentantenhauses leitet nun offiziell eine Untersuchung ein. Es soll geklärt werden, wie die US-Regierung "mit Steuergeldern den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj nach Pennsylvania geflogen hat, um Wahlkampf für Vizepräsidentin Kamala Harris zu machen", so Bloomberg.
Bei einer Kundgebung griff Trump Selenskyj scharf an: "Wir geben weiterhin Milliarden von Dollar an einen Mann, der sich weigert, einen Deal zu machen: Selenskyj". Der Ex-Präsident hatte im Wahlkampf versprochen, im Falle eines Sieges den Krieg in der Ukraine schnell zu beenden.
US-Regierung von "Siegesplan" enttäuscht
Gleichzeitig wächst in der US-Regierung die Skepsis gegenüber dem von Selenskyj angekündigten "Siegesplan" für die Ukraine. Hochrangige Beamte in den USA und Europa zeigten sich enttäuscht, berichtet das Wall Street Journal (WSJ).
Der Plan enthalte wenig Neues und beschränke sich im Wesentlichen auf Forderungen nach noch mehr Waffen, heißt es. Der Plan zeige keinen klaren Weg zum Sieg auf, insbesondere vor dem Hintergrund, dass Russland auf dem Schlachtfeld an Boden gewinne.
Weiter heißt es in dem Bericht, Selenskyj habe einen maximalistischen Vorschlag unterbreitet. Kern des Plans sei, dass die Ukraine die von den USA gelieferten Waffen nach eigenem Ermessen einsetzen dürfe. Außerdem sollten die USA und ihre Verbündeten Kiew alles geben, was es wolle. Doch die Rahmenbedingungen in der Ukraine hätten sich geändert und Bidens engste Mitarbeiter entmutigt.
US-Präsident Joe Biden beharrt bislang – ebenso wie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) – auf den Beschränkungen für Angriffe mit westlichen Waffen im russischen Hinterland. Andere europäische Staats- und Regierungschefs drängen dagegen auf eine Freigabe – in der Hoffnung, dass es keine russische Reaktion auf mögliche Angriffe geben wird. Angesichts der neuen russischen Nukleardoktrin ist das jedoch eine riskante Wette.
Milliarden-Hilfen für die Ukraine von Biden angekündigt
Ungeachtet der Kontroversen sicherte Biden der Ukraine weitere umfangreiche Hilfen zu. Bei einem Treffen mit Selenskyj im Weißen Haus ordnete er die Freigabe der restlichen 5,5 Milliarden US-Dollar für Waffen und Ausrüstung an, die der Kongress bewilligt hatte. Hinzu kommen 2,4 Milliarden US-Dollar für Luftverteidigung und Drohnen, schreibt das WSJ.
Dennoch könnte der Streit um Selenskyjs angebliche Wahlkampfeinmischung die Unterstützung für die Ukraine in den USA gefährden. Viele Republikaner sehen die Milliardenhilfen ohnehin kritisch. Im Kongress wird befürchtet, dass die Hilfen ab dem kommenden Jahr nicht mehr in diesem Umfang fließen könnten, sollten die Republikaner eine oder beide Kammern erobern.