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mRNA-Vakzine gegen Covid-19: Das Risiko bleibt jung und männlich

Jüngster Sicherheitsbericht des PEI nach einem Jahr Impfkampagne: Herzmuskelentzündung ist schwerwiegende, aber sehr seltene Nebenwirkung. Betroffen ist eine schon bekannte Gruppe

Eine aktuelle Übersicht über die Nebenwirkungen der vier bisher zugelassenen genetischen Impfstoffe nach zwölf Monaten Dauer der Impfkampagne hat das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) am 7.2.2022 in seinem 17. Sicherheitsbericht vorgelegt [1].

Dieser zeigt im Vergleich zum vorherigen Bericht des PEI [2], dass schwerwiegende Nebenwirkungen und Impfkomplikationen weiterhin sehr selten auftreten. Das gilt insbesondere auch für die Herzmuskelentzündungen (Myokarditis) und die Herzbeutelentzündung (Perikarditis) nach Impfung mit den beiden mRNA-Vakzinen Comirnaty von Biontech-Pfizer und Spikevax von Moderna.

Verdachtsmeldungen bis Ende Dezember 2021

Das PEI berichtet über knapp 245.000 aus Deutschland gemeldete Verdachtsfälle von Nebenwirkungen oder Impfkomplikationen im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung vom Beginn der Impfkampagne am 27. Dezember 2020 bis zum 31. Dezember 2021.

In diesem Zeitraum wurden etwa 149 Millionen Impfungen durchgeführt, davon knapp 111 Millionen mit Comirnaty, etwa 22 Millionen mit Spikevax, knapp 13 Millionen mit Vaxzevria von Astrazeneca und rund 3,6 Millionen mit der Covid-19-Vaccine Janssen von Johnson & Johnson.

Somit ist im Monat Dezember 2021 die Anzahl der mit Comirnaty durchgeführten Impfungen um rund 14 Millionen und der mit Spikevax um rund elf Millionen angestiegen, während bei den beiden Vektor-Impfstoffen nur noch ein ganz geringer Anstieg zu verzeichnen ist [3].

Seit einer Reihe von Monaten dominieren demnach die beiden mRNA-Impfstoffe das Impfgeschehen in Deutschland, wobei der Impfstoff von Biontech-Pfizer mit großem Abstand an der Spitze steht.

Der am 21.12.2021 in der EU neu zugelassene Proteinimpfstoff Nuvaxovid taucht in der Statistik noch nicht auf, weil er erst in einigen Wochen verfügbar sein wird.

Zur Methodik der Sicherheitsberichte

Die regelmäßigen Sicherheitsberichte des PEI beruhen auf dem in Deutschland etablierten (passiven) Meldesystem über Nebenwirkungen und Impfkomplikationen nach Impfung mit Covid-19-Vakzinen.

Diese Meldungen erhalten die Gesundheitsämter und andere Institutionen entsprechend den Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes von Ärztinnen und Ärzten, aber auch anderen Organisationen, wie etwa den Arzneimittelkommissionen der Apotheker bzw. der Ärzte in Deutschland, aber auch von Impflingen und deren Angehörigen.

Das PEI fasst alle Meldungen zusammen, unabhängig vom ursächlichen Zusammenhang mit der Impfung.

Im Sinne der frühzeitigen Erkennung von möglicherweise neuen Risikosignalen ist es wichtig, die Meldeschwelle niedrig anzusetzen. Dies bedeutet, dass auch Meldungen in rein zeitlichem und nicht notwendigerweise ursächlichem Zusammenhang mit der Impfung bedeutsam sind.

Die Meldungen sind also zunächst ganz überwiegend Verdachtsfälle und müssen im Nachhinein hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs mit der Impfung bewertet werden.

Dazu führt das PEI im Rahmen der Erkennung möglicher neuer Risikosignale fortlaufend sogenannte "Observed-versus-Expected"-Analysen durch. Dabei wird die Häufigkeit der dem PEI nach Impfung gemeldeten unerwünschten Ereignisse mit den statistisch zufälligen und zu erwartenden Häufigkeiten in einer vergleichbaren, nicht geimpften Bevölkerung verglichen.

Ergibt sich eine signifikant höhere Melderate für ein Ereignis nach Impfung, als es statistisch zufällig in einer vergleichbaren Population zu erwarten wäre, geht das PEI von einem Risikosignal aus. Dieses muss dann durch zusätzliche, zumeist epidemiologische Studien weiter daraufhin untersucht werden, ob ein ursächlicher Zusammenhang mit der Impfung wahrscheinlich ist.

Zusammenfassung und Überblick

Die Melderate von Verdachtsfällen von Nebenwirkungen nach Impfung mit den beiden derzeit in Deutschland überwiegend verimpften mRNA-Impfstoffen bis 31.12.2021 beträgt 1,3 pro 1.000 Impfungen für Comirnaty und 1,9 pro 1.000 Impfungen für Spikevax.

Die Gesamtmelderate der als schwerwiegend klassifizierten Fallmeldungen wurde mit 0,2 bzw. 0,1 pro 1.000 Impfungen nach Comirnaty bzw. Spikevax errechnet. Die Auswertung der Meldungen mit Angabe der Impfdosis weist auf eine im Vergleich zur Grundimmunisierung niedrigere Melderate der Booster-Impfungen hin.

Es sei noch einmal darauf hingewiesen, dass in meiner Darstellung der Sicherheitsberichte des PEI nur die Verdachtsfälle von schwerwiegenden Reaktionen nach der Impfung näher besprochen werden. Dabei handelt es sich um Impfkomplikationen, die mit einer langfristigen erheblichen Beeinträchtigung der Gesundheit einhergehen und zu einer Krankenhauseinweisung oder zum Tode führen können. Diese kommen sehr selten vor.

Als schwerwiegendes, aber sehr seltenes Risiko von Comirnaty und Spikevax sind Myokarditis und/oder Perikarditis zu nennen (weniger als 1 Fall pro 10.000 geimpfte Personen).

Besonders betroffen sind junge Männer und männliche Kinder und Jugendliche im Alter von zwölf bis 17 Jahren nach der zweiten Dosis. Im Literaturverzeichnis sind 18 wissenschaftliche Arbeiten aufgeführt, die dazu wissenschaftliche Daten liefern.

Bei einer Myokarditis treten erste Beschwerden typischerweise innerhalb von wenigen Tagen nach der Impfung auf. Die publizierten Daten weisen auf einen überwiegend blanden Verlauf hin, d.h., die Mehrheit der Patienten mit einer Myo-/Perikarditis nach Impfung mit mRNA-Impfstoffen spricht gut auf Behandlung und Ruhe an und erholt sich rasch, auch wenn im Einzelfall schwerwiegendere und auch tödliche Verläufe beobachtet wurden.

Daten aus mehreren Ländern, u. a. aus Deutschland, deuten darauf hin, dass das Risiko einer Myo-/Perikarditis bei jüngeren Menschen nach Spikevax höher ist als nach Comirnaty, weshalb die Ständige Impfkommission (Stiko) vorsorglich Comirnaty für Personen unter 30 Jahre empfiehlt.

Einzelne Meldungen einer Myo-/Perikarditis wurden dem PEI nach dritter mRNA-Impfung (Boosterimpfung) berichtet, wobei die Melderate einer Myo-/Perikarditis nach Boosterimpfung geringer ist als nach der Grundimmunisierung. Junge Männer im Alter von 18 bis 29 Jahren könnten aber etwas häufiger betroffen sein als ältere Personen.

Anaphylaktische Reaktionen sind sehr selten beobachtete Nebenwirkungen aller vier zugelassenen Covid-19-Impfstoffe. Dabei ist die Melderate bei Frauen, insbesondere nach der ersten Impfung, mit ca. einem Fall pro 100.000 Impfungen insgesamt höher als bei Männern.

Der Vergleich der Anzahl der dem PEI gemeldeten Fälle eines Herzinfarktes oder Schlaganfalls nach Impfung mit der in der geimpften Population statistisch zufällig zu erwartenden Anzahl von Herzinfarkten oder Schlaganfällen ergab für die vier Impfstoffe kein Risikosignal, da die gemeldete Zahl der Herzinfarkte und Schlaganfälle niedriger war als der statistisch zufällige Erwartungswert. Das Gleiche gilt für Meldungen einer Lungenembolie.

Thrombosen im Sinne eines Thrombose-mit-Thrombozytopenie-Syndroms (TTS), zum Beispiel in Form von Sinusvenenthrombosen, sind für Vaxzevria in der Fachinformation als anerkannte, sehr seltene Nebenwirkungen aufgeführt.

Ein Risikosignal wurde, wie auch schon in vorhergehenden Auswertungen, für sehr seltene Sinusvenenthrombosen (ohne gleichzeitige Thrombozytopenie) nach Vaxzevria, nicht aber nach den beiden mRNA-Impfstoffen gefunden.

Die Immunthrombozytopenie (ITP) ist eine Erkrankung, bei der das Immunsystem fälschlicherweise Blutzellen, sogenannte Blutplättchen, angreift, die für eine normale Blutgerinnung benötigt werden. Eine sehr niedrige Anzahl von Blutplättchen (Thrombozytopenie) kann zu Blutungen führen und schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben. Die sehr seltenen Meldungen lassen einen Zusammenhang zwischen Immunthrombozytopenie und der Impfung mit Vaxzevria und Covid-19 Vaccine Janssen vermuten.

Weiterhin wird auf seltene Fälle von venösen Thromboembolien (VTE) nach Covid-19 Vaccine Janssen hingewiesen. In einer von zwei großen klinischen Prüfungen war in der geimpften Gruppe ein höherer Anteil an VTE-Fällen beobachtet worden als in der Placebogruppe.

Das Guillain-Barré-Syndrom (GBS) ist eine akute Entzündung des peripheren Nervensystems und der Nervenwurzeln (Polyradikuloneuritis). Diese schwerwiegende Erkrankung kann als eine sehr seltene Nebenwirkung der beiden Vektor-basierten Covid-19-Impfstoffe Vaxzevria und Covid-19 Vaccine Janssen auftreten und ist in der jeweiligen Fachinformation genannt. Ein Zusammenhang mit mRNA-Impfstoffen konnte bisher nicht hergestellt werden.

Da in den kommenden Monaten in Deutschland angesichts des faktischen Stopps der Verimpfung der beiden Vektor-Impfstoffe Vaxzevria und Covid-19 Vaccine Janssen (siehe oben) die beiden zugelassenen mRNA-Impfstoffe wahrscheinlich ganz das Feld übernehmen werden, wollen wir uns im Folgenden ansehen, was der neue Sicherheitsbericht des PEI zu den schwerwiegenden Nebenwirkungen und Impfkomplikationen der mRNA-Impfstoffe Comirnaty bzw. Spikevax im Einzelnen herausgefunden hat. Dabei sollen die Ergebnisse bei jungen Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen im Mittelpunkt stehen.

Verdachtsfälle schwerwiegender Impfreaktionen und Todesfälle

In 29.786 der knapp 245.000 in Deutschland gemeldeten Verdachtsfälle wurden schwerwiegende unerwünschte Reaktionen gemeldet.

19.444 Verdachtsfälle dieser schwerwiegenden Nebenwirkungen traten nach Impfung mit Comirnaty, 2.420 nach Spikevax, 6.541 nach Vaxzevria und 1.020 nach Impfung mit Covid-19 Vaccine Janssen auf.

In 2.255 Verdachtsfallmeldungen wurde über einen tödlichen Ausgang in unterschiedlichem zeitlichem Abstand zur Impfung (bis 234 Tage) berichtet. In 85 Einzelfällen, in denen Patienten an bekannten Impfrisiken wie Thrombose-mit-Thrombozytopenie-Syndrom (TTS), Blutungen aufgrund einer Immunthrombozytopenie oder Myokarditis im zeitlich plausiblen Abstand zur jeweiligen Impfung verstorben sind, hat das PEI den ursächlichen Zusammenhang mit der Impfung als möglich oder wahrscheinlich bewertet.

Ein Vergleich der Anzahl der gemeldeten Verdachtsfälle von Nebenwirkungen mit tödlichem Ausgang im Abstand von einem Tag bis sechs Wochen nach einer Covid-19-Impfung mit der im gleichen Zeitraum statistisch zufällig zu erwartenden Anzahl der Todesfälle (Daten des Statistischen Bundesamtes) ergab für keinen der vier bisher in Deutschland eingesetzten Covid-19-Impfstoffe ein Risikosignal. Dies gilt auch für die Booster-Impfung und für plötzliche, unerwartete Todesfälle.

Myokarditis und/oder Perikarditis

Myo- und Perikarditis sind sehr seltene Nebenwirkungen nach den mRNA-Impfstoffen Comirnaty und Spikevax. Diese Impfkomplikationen können bei Kindern und Erwachsenen auftreten und sind bei jungen Männern häufiger als bei jungen Frauen. Männer zwischen 20 und 50 Jahren scheinen das höchste Risiko für eine Perikarditis zu haben.

In den Tabellen 6 und 7 (S. 24/25 des Sicherheitsberichts) werden die gemeldeten Fälle einer Myokarditis und/oder Perikarditis nach Comirnaty bzw. Spikevax dargestellt. Separat dargestellt werden die Fälle eines heterologen Impfschemas, in denen Comirnaty nach vorausgegangener Impfung mit Vaxzevria verabreicht wurde. Die Mehrzahl der Meldungen betraf für beide Impfstoffe Männer in der Altersgruppe 18 bis 29 Jahre.

Innerhalb der ersten 28 Tage nach der Impfung mit Comirnaty (Tab. 6) gab es 1028 Impfreaktionen, die als Myo-/oder Perikarditis gemeldet wurden, während nach Spikevax (Tab. 7) in dieser Zeitspanne 292 derartige Impfreaktionen registriert wurden, wobei Zweidrittel bzw. Dreiviertel das männliche Geschlecht betrafen und vor allem nach der zweiten Impfdosis aufgetreten sind. Die Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen war am häufigsten betroffen.

Diese Impfkomplikation tritt sehr selten auf, das bedeutet, in einer Häufigkeit von insgesamt weniger als einem Fall auf 10.000 Geimpfte. Alters- und geschlechtsspezifische Häufigkeitsangaben sind im Sicherheitsbericht aber nicht aufgeführt.

Myo-/Perikarditis nach Boosterimpfung

Die Gesamtmelderate nach dritter Impfung beträgt für die mRNA-Impfstoffe 0,38 (Comirnaty) bzw. 0,34 (Spikevax) pro 100.000 Impfdosen. Für beide Impfstoffe ist die Melderate bei jungen Männern im Alter von 18 bis 29 Jahren am höchsten (1,11 bzw. 2,98 pro 100.000 Impfdosen Comirnaty bzw. Spikevax).

Da lediglich vier Fälle einer Myokarditis nach Spikevax in dieser Altersgruppe berichtet wurden, ist die Melderate bei jungen Männern im Alter von 18 bis 29 Jahren mit Vorsicht zu interpretieren.

Für weibliche geimpfte Personen beträgt die Melderate einer Myo-/Perikarditis insgesamt 0,21 bzw. 0,08 pro 100.000 Impfdosen für Comirnaty bzw. Spikevax. Basierend auf nur fünf Fällen ist die Melderate bei Frauen im Alter von 30 bis 39 Jahren nach Comirnaty mit 0,86 pro 100.000 Impfdosen am höchsten. Nach Impfung mit Spikevax wurden nur wenige Fälle bei Frauen berichtet. Daher ist eine Alterstratifizierung nicht sinnvoll.

Insgesamt scheint die Melderate einer Myo-/Perikarditis nach Boosterimpfung für Meldungen bis zum 31.12.2021 geringer zu sein als nach der Grundimmunisierung. Dies ist auch konsistent mit Daten der Arzneimittelbehörde Medicines and Healthcareproducts Regulatory Agency (MHRA) des Vereinigten Königreichs (Januar 2022).

Melderate bei Minderjähringen nach Impfung mit mRNA-Vakzinen

Comirnaty ist seit 21.12.2020 für Personen ab 16 Jahren zugelassen. Diese Zulassung wurde am 31.05.2021 auf Kinder von zwölf bis 15 Jahren erweitert. Seit dem 12.12.2021 ist eine entsprechende zugelassene Darreichungsform für die Impfung von Kindern im Alter von fünf bis elf Jahren verfügbar. Seit dem 23.07.2021 ist Spikevax für die Altersgruppe der zwölf- bis 17-jährigen Kinder und Jugendlichen zugelassen, die Impfung wird aber derzeit für diese Altersgruppe nicht von der Stiko empfohlen.

Dem PEI sind seit Beginn der Impfkampagne am 27.12.2020 insgesamt 3.732 Verdachtsfälle einer Nebenwirkung gemeldet worden, in denen bei Kindern und Jugendlichen nach Impfung mit Covid-19-Impfstoffen mindestens eine unerwünschte Impfreaktion berichtet worden ist. Davon wurde in dieser Altersgruppe in 3.120 Fällen der Impfstoff Comirnaty und in 59 Fällen der Impfstoff Spikevax genannt.

Bezogen auf die extrapolierten Impfdosen (siehe S. 39 ff. im Abschnitt "Methodik" im Sicherheitsbericht) kann bei 3.120 Verdachtsfallmeldungen eine Gesamtmelderate von 0,6 auf 1.000 Impfdosen Comirnaty ermittelt werden.

Die Melderate schwerwiegender Reaktionen wird mit 0,12 Meldungen auf 1.000 Impfdosen Comirnaty ermittelt und ist damit etwas niedriger als die Melderate bei Erwachsenen.

Acht der 3.120 Verdachtsfallmeldungen beziehen sich auf einen tödlichen Ausgang im Abstand von zwei Tagen bis fünf Monaten nach Impfung mit Comirnaty.

Ein Todesfall betrifft eine Jugendliche, die im Zusammenhang mit einer Arrhythmie bei einer angeborenen Herzrhythmusstörung fünf Monate nach der Impfung verstarb. Ein ursächlicher Zusammenhang mit der Impfung bestand nach Einschätzung des PEI nicht.

Ein Jugendlicher verstarb kurz nach Impfung mit Comirnaty vermutlich an einer Myokarditis. Bei dem Jugendlichen bestand eine besonders schwere, impfunabhängige Vorerkrankung des Herzens. Unter Berücksichtigung der umfangreichen medizinischen Befunde ist die Impfung mit Comirnaty nicht als alleiniger Auslöser des tödlichen Ausgangs der Erkrankung zu sehen.

In vier weiteren Fällen ist der ursächliche Zusammenhang mit der Impfung nicht abschließend beurteilbar. Die Beschwerden und der Verlauf der zum Tode führenden Erkrankung waren jedoch unterschiedlich und weisen keine klinischen Gemeinsamkeiten auf.

Bei insgesamt zehn Jugendlichen im Alter von 13 bis 17 Jahren wurden Impfkomplikationen im zeitlichen Abstand zur Impfung von drei Tagen bis elf Wochen berichtet, die als bleibender Schaden beschrieben wurden.

In einem Fall wurde 40 Tage nach der Comirnaty-Impfung ein Hodgkin-Lymphom diagnostiziert, das nicht ursächlich auf die Impfung zurückzuführen ist.

In fünf Fällen wurde ein Diabetes mellitus Typ 1 (zwei weibliche und drei männliche Jugendliche) zwischen drei und 26 Tagen nach der Comirnaty-Impfung festgestellt. Bei einer Inzidenz für Diabetes mellitus Typ 1 bei Kindern und Jugendlichen von 24 auf 100.000 Kinder/Jugendliche pro Jahr ist die gemeldete Anzahl nach Comirnaty deutlich geringer als erwartet und weist nicht auf ein Risikosignal hin.

Bei einem männlichen Jugendlichen wurde ein über mehrere Monate anhaltender Durchfall berichtet, dessen Ursache unklar blieb.

Eine weitere Meldung, bei der ein bleibender Schaden angegeben wurde, bezieht sich auf eine Myokarditis, bei der der Zusammenhang mit der Impfung als möglich bewertet wurde.

Bei einer weiblichen Jugendlichen wurde eine Lungenembolie berichtet, die vier Tage nach der Comirnaty-Impfung auftrat. Die Meldungen einer Lungenembolie nach Covid-19-Impfung weisen nach Erkenntnissen des PEI nicht auf ein Risikosignal hin.

Myokarditis bei Kindern und Jugendlichen von zwölf bis 17 Jahren

In Abbildung 6 (S. 20 des Sicherheitsberichts) ist die Melderate von unerwünschten Impfreaktionen von besonderem Interesse nach Comirnaty-Impfung, die zweimal oder häufiger berichtet wurden, bezogen auf 1.000 Impfungen aufgeführt. Dabei fallen, ähnlich wie bei Erwachsenen, Meldungen einer Myo-/Perikarditis auf und bilden den mit Abstand höchsten Peak.

Bis zum 31.12.2021 wurden dem PEI 147 Meldungen einer Myo-/Perikarditis bei Kindern und Jugendlichen im Alter von zwölf bis 17 Jahren berichtet. Betroffen waren 132 männliche und 15 weibliche Jugendliche.

Bei männlichen Kindern und Jugendlichen traten die Reaktionen in 90 Fällen nach der zweiten Impfung und in 24 Fällen nach der ersten Impfung auf. Bei 18 Meldungen wurde keine Angabe zur Impfdosis gemacht.

Bei weiblichen Kindern und Jugendlichen traten die Reaktionen jeweils in sieben Fällen nach der ersten und nach der zweiten Dosis auf.

Die Melderate einer Myo-, bzw. Perikarditis unter Berücksichtigung fehlender Angaben zur Impfdosis betrug bei männlichen Kindern bzw. Jugendlichen 5,1 Fälle pro 100.000 Impfdosen und bei weiblichen Kindern bzw. Jugendlichen 0,6 Fälle pro 100.000 Impfdosen, wobei bei männlichen Kindern und Jugendlichen die Melderate nach der zweiten Impfung mit 8,6 pro 100.000 Impfdosen höher war als mit 2,0 pro 100.000 Impfdosen nach der ersten Impfung.

Die Melderate bei männlichen Kindern und Jugendlichen im Alter von zwölf bis 17 Jahren nach der zweiten Impfdosis ist damit in einer vergleichbaren Größenordnung wie bei zwölf bis 15 Jahre alten Jungen nach zweiter Comirnaty-Impfung in Israel [4].

Insgesamt ist die Melderate einer Myo-, bzw. Perikarditis bei zwölf bis 17 Jahre alten Kindern und Jugendlichen im Vergleich zur Auswertung bis zum 30.11.2021 etwa auf gleichem Niveau geblieben.

Hinsichtlich des Ausgangs der Erkrankungen wurde die Mehrzahl der Fälle als wiederhergestellt oder auf dem Weg der Besserung beschrieben (40,2 Prozent bzw. 17,9 Prozent). In 28 Prozent der Fälle waren die unerwünschten Reaktionen zum Zeitpunkt der Meldung noch nicht vollständig abgeklungen und bei 13,3 Prozent der Meldungen war der Ausgang der Myo-/Perikarditis nicht bekannt.

Ein Patient verstarb und bei einem weiteren Patienten wurde ein bleibender Schaden berichtet.

Bis zum Stichtag 31.12.2021 wurde kein Fall einer Myo-, bzw. Perikarditis im Rahmen der Spontanberichterstattung nach dritter Impfung berichtet (siehe oben).

Weitere schwerwiegende Nebenwirkungen in dieser Altersgruppe

Ferner wurden insgesamt sechs Fälle eines Guillain-Barré-Syndroms (GBS) in der Altersgruppe zwölf bis 17 Jahre berichtet. Das GBS ist eine Rarität bei Kindern und Jugendlichen mit einer Inzidenz von 0,75 pro 100.000 Patientenjahre für zehn bis 19 Jahre alte Personen.1 [5]

Auch wenn in der Observed-versus-Expected-Analyse (siehe oben) sich derzeit kein Risikosignal für ein GBS begründen lässt, wird das PEI weitere mögliche Meldungen intensiv nachverfolgen.

Bei vier Jugendlichen wurde ein Pädiatrisches Inflammatorisches Multiorgansyndrom (pediatric inflammatory multisystem syndrome, PIMS) im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung berichtet. Bei drei Jugendlichen war in der Anamnese eine Sars-CoV-2-Infektion festgestellt worden, die als Ursache eines PIMS bekannt ist.

Weitere Meldungen betrafen 22 Fälle von Fazialisparesen (Gesichtslähmungen), 17 Fälle von Thrombozytopenien und sechs Fälle, die als Enzephalitis kodiert waren. Bei allen diesen Meldungen konnte das PEI einen ursächlichen Zusammenhang mit der Impfung ausschließen.

Melderaten bei Kindern unter zwölf Jahren

Dem PEI wurden insgesamt 505 Verdachtsfälle einer Nebenwirkung gemeldet, in denen die Kinder zum Zeitpunkt der Covid-19-Impfung jünger als zwölf Jahre alt waren, davon 498 Fälle nach Comirnaty, vier Fälle nach Spikevax, zwei Fälle nach Vayzevria und ein Fall nach Covid-19 Vaccine Janssen.

Von den 505 Verdachtsmeldungen einer Nebenwirkung nach Impfung von Kindern unter zwölf Jahren mit Comirnaty war bei insgesamt 103 Verdachtsmeldungen ein Alter unter fünf Jahren zum Zeitpunkt der Impfung angeben.

In 20 der 103 Fälle handelte es sich um gestillte Säuglinge, bei denen unerwünschte Reaktionen im zeitlichen Zusammenhang mit einer Impfung der Mütter berichtet wurden. Alle berichteten Reaktionen in den 103 Verdachtsfällen bei Kindern unter fünf Jahren wurden als nicht schwerwiegend klassifiziert.

In der Altersgruppe fünf bis elf Jahre wurden 398 Verdachtsfälle mit einer Nebenwirkung nach Impfung mit Comirnaty gemeldet. Fünf Meldungen berichteten unerwünschte Reaktionen, die aufgrund der Definition im Arzneimittelgesetz oder der Vorgaben der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) als schwerwiegend klassifiziert wurden.

Dies sind Typ 1 Diabetes mellitus, Immunthrombozytopenie, Erbrechen und Fieber, Fieber sowie Synkope. Daraus lässt sich eine Melderate von 1,14 schwerwiegenden Fällen pro 100.000 Impfungen mit Comirnaty errechnen.

Die überwiegende Anzahl der gemeldeten Verdachtsfälle (n= 306) bezog sich auf Impfreaktionen nach der ersten Comirnaty-Impfung. Drei Kinder wurden mit Impfstoffen geimpft, die für diese Altersgruppe nicht zugelassen sind. In einer weiteren Meldung war der Impfstoff nicht mitgeteilt worden.

In Abbildung 7 (S. 22 des Sicherheitsberichts) sind die gemeldeten unerwünschten Reaktionen als Melderate pro 1.000 Comirnaty-Impfungen dargestellt.

In 76,4 Prozent waren die Kinder zum Zeitpunkt der Meldung wieder vollständig genesen, in 9,8 Prozent der Meldungen wurde die Besserung des Allgemeinzustandes berichtet. Zum Zeitpunkt der Meldung waren 8,6 Prozent der Kinder mit Nebenwirkungen noch nicht wiederhergestellt, in 5,6 Prozent ist der Fallausgang unbekannt. Es wurde kein bleibender Schaden und kein Todesfall berichtet.

Schlussfolgerungen:

1. Die Empfehlung zur Durchführung einer Impfung zur Prävention gegen Covid-19 beruht aus meiner Sicht vor allem auf einer individuellen Risiko-Nutzen-Abwägung. Dabei spielt die Sicherheit der Impfung die entscheidende Rolle. Deshalb ist es zu begrüßen, dass das PEI regelmäßig Sicherheitsberichte vorlegt.

2. Da die Anzahl und die Häufigkeit von schwerwiegenden Nebenwirkungen und Impfkomplikationen bei den beiden in der EU zugelassenen Vektor-Impfstoffen Vaxzevria und Covid-19 Vaccine Janssen höher zu sein scheint, ist es in Deutschland und einigen anderen Ländern inzwischen zu einem faktischen Stopp der Verimpfung dieser beiden Vakzine zugunsten der beiden zugelassenen mRNA-Impfstoffe gekommen.

3. Die wichtigste schwerwiegende Nebenwirkung der beiden mRNA-Impfstoffe ist das Auftreten einer Myokarditis und /oder Perikarditis nach der Impfung. Das Gesamtrisiko wird mit weniger als 1 Fall bei 10.000 Geimpften angegeben.

4. Die Ursachen der Myokarditis nach Covid-19-Impfung mit mRNA-Vakzinen sind nicht geklärt, obwohl eine Reihe von Mechanismen diskutiert werden, die typischerweise das verabreichte S-Protein-mRNA einschließen und wahrscheinlich durch einen Autoimmunmechanismus vermittelt werden [6].

5. Für ältere Erwachsene (z.B. ab 50 Jahre) und solche mit Risikofaktoren für einen schweren Krankheitsverlauf unabhängig vom Lebensalter (z.B. chronische Herz-Kreislauf- und Lungenkrankheiten, Diabetes mellitus oder Adipositas) fällt die Nutzen-Risiko-Abwägung eindeutig positiv zugunsten einer Impfempfehlung mit mRNA-Vakzinen aus.

6. Das ist insbesondere für die bisher Ungeimpften dieser Altersgruppe von Bedeutung, von denen es immer noch mehrere Millionen in Deutschland gibt. Angehörige dieser Gruppe können sich durch eine vollständige Impfung im Falle einer Infektion mit dem Coronavirus zu mehr als 90 Prozent vor einem schweren Krankheitsverlauf mit unter Umständen tödlichem Verlauf schützen und sollten deshalb von ihren Hausärztinnen und -ärzten von der Notwendigkeit einer Impfung überzeugt werden.

7. Im Unterschied dazu ist aus meiner Sicht die Beweiskraft der geschilderten Daten des jüngsten Sicherheitsberichts des PEI für eine generelle Impfempfehlung mit mRNA-Vakzinen bei jungen gesunden Männern unterhalb der 30. Lebensjahrs und gesunden Kindern und Jugendlichen weiterhin fragwürdig.

8. Diese Einschätzung ergibt sich auch aus entsprechenden US-Daten des (passiven) Meldesystems Vaers, die ich in meinem letzten Artikel zu diesem Thema diskutiert habe [7]. Dort sind auch alters- und geschlechtsspezifische Häufigkeiten für eine Myokarditis nach mRNA-Impfstoffen angegeben, die bei jungen Männern und männlichen Jugendlichen um ein Vielfaches höher sind als im Durchschnitt der Fälle.

Klaus-Dieter Kolenda, Prof. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin - Gastroenterologie, Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin/Sozialmedizin, war von 1985 bis 2006 Chefarzt einer Rehabilitationsklinik für Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems, der Atemwege, des Stoffwechsels und der Bewegungsorgane. Seit 1978 ist er als medizinischer Sachverständiger bei der Sozialgerichtsbarkeit in Schleswig-Holstein tätig. Zudem arbeitet er in der Kieler Gruppe der IPPNW e.V. (Internationale Ärztinnen und Ärzte für die Verhinderung des Atomkriegs und für soziale Verantwortung) mit. E-Mail: klaus-dieter.kolenda@gmx.de

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.


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[1] https://www.pei.de/SharedDocs/Downloads/DE/newsroom/dossiers/sicherheitsberichte/sicherheitsbericht-27-12-20-bis-31-12-21.pdf?__blob=publicationFile&v=5
[2] https://www.heise.de/tp/features/Wie-sicher-sind-die-in-der-EU-zugelassenen-Covid-19-Impfstoffe-6317392.html
[3] https://www.heise.de/tp/features/Wie-sicher-sind-die-in-der-EU-zugelassenen-Covid-19-Impfstoffe-6317392.html
[4] https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMc2116999
[5] https://www.heise.de/tp/features/mRNA-Vakzine-gegen-Covid-19-Das-Risiko-bleibt-jung-und-maennlich-6455014.html?view=fussnoten#f_1
[6] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8677426/
[7] https://www.heise.de/tp/features/Covid-19-Impfungen-Risiko-fuer-Herzmuskelentzuendung-durch-mRNA-6344869.html