BRIC-Staaten demonstrieren Stärke

Die vier aufstrebenden Länder fordern gemeinsam mehr Mitbestimmung in der internationalen Wirtschaftsordnung

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Die sogenannten BRIC-Staaten Brasilien, Russland, Indien und China haben sich am Donnerstag in Brasilien getroffen. Der Gipfel war um einen Tag vorgezogen worden. Darum hatte der chinesische Präsident Hu Jintao gebeten, weil er wegen des schweren Erdbebens in China gebeten schnell die Heimreise antreten wollte. Das hinderte die vier aufstrebenden Staaten, die zwischen 2000 und 2008 etwa 50 Prozent zum globalen Wirtschaftswachstum beigetragen haben, aber nicht daran, selbstbewusst eine stärkere Rolle in der Welt einzufordern.

Die vier Länder, die nun schon mit gut 15% zur Wirtschaftsleistung weltweit beitragen, wollen die Reform der internationalen Finanzinstitutionen vorantreiben. Sie forderten in Brasiliens Hauptstadt Brasilia vom Internationalen Währungsfonds (IWF), noch in diesem Monat über die Veränderung der Stimmgewichte zugunsten der ärmeren Länder zu entscheiden. "Brasilien, Russland, Indien und China haben eine elementare Rolle beim Aufstellen einer gerechteren, repräsentativeren und sichereren Weltordnung", sagte Brasiliens Regierungschef und Gastgeben Luiz Inácio Lula da Silva.

Die Reformen, die den unterentwickelten Staaten ein größeres Gewicht verleihen sollen, müssten bis zum Gipfel der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G-20) im November abgeschlossen sein, forderten sie. Damit solle ein eine neue Weltordnung entstehen, die "gerechter, repräsentativer und sicherer ist", sagte Lula nach dem Treffen. Sie kritisieren immer stärker, dass im IWF und der Schwesterorganisation Weltbank die Gewichte unfair zugunsten der USA, Europas und Japans verteilt sind.

Dass die aufstrebenden BRIC-Staaten eine immer stärkere weltwirtschaftliche Bedeutung haben, ist seit langem klar. Ihre wirtschaftliche Macht wollen sie nun auch in der entsprechenden politischen Macht reflektiert sehen. Vor allem die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise hat ihre Position deutlich gestärkt und diese Erkenntnis fasste der indische Premierminister Manmohan Singh in Worte: "Die BRIC-Gruppe ist nicht in der Wirtschaftskrise entstanden, aber die Krise hat der BRIC-Gruppe eine größere Relevanz beschert." Das hat auch damit zu tun, dass außer Russland die Staaten die Krise weitgehend unbeschadet gemeistert haben.

Den vier Ländern ist klar, dass sie nur gemeinsam Veränderungen durchsetzen können. "Wir glauben, dass eine größere Kooperation zwischen unseren Ländern auch für die Welt gut ist", erklärte Singh. Deshalb, so Hu Jintao, habe man "die Beziehungen zwischen den Ländern intensiviert, um die Wirtschaftskrise zu meistern". Das neue Selbstbewusstsein und die Rolle, welche sich die BRIC-Staaten in einer neuen Weltwirtschaftsordnung zumessen, sind in diesen Worten sehr deutlich ausgedrückt.

Schon jetzt hat sich in der Weltwirtschaft einiges verschoben. In Südamerika wird China bald Europa als zweitwichtigsten Partner nach den USA ablösen. In Peking hat man das allgemeine Desinteresse der USA unter Bush genutzt, um seine Stellung in Südarmerika auszubauen. Während sich auch die Verhandlung über Handelsabkommen zwischen der EU und dem Südamerikanischen Markt (Mercosur) nicht richtig entwickeln, ist China in das Vakuum vorgestoßen. Etliche Verträge wurden geschlossen, Kredite vergeben und Banken eröffnet. 120 Milliarden Dollar erreichte deshalb das Handelsvolumen zwischen den beiden Regionen 2009. Ein Drittel aller Auslandsinvestoren tätigt Peking in Lateinamerika und auch Russland weitet seinen Einfluss in der Region stark aus.

Einen neuen offenen Angriff auf den Dollar als Leitwährung wurde vor dem Gipfel nicht gestartet, wie er noch vor dem letzten Gipfel in Russland losgetreten worden war. Doch auch in Brasilia war es erneut ein Spitzenthema. Unterzeichnet wurde zwischen den vier Notenbanken in Brasilia ein Kooperationsabkommen. In Zukunft sollen gemeinsam Infrastrukturprojekte finanziert werden und auch der Dollar als Leitwährung im Handel zwischen den BRIC-Ländern durch nationale Währungen abgelöst werden, wie es die Mercosur-Staaten ebenfalls vorhaben. Damit wird eine langsame Entmachtung des Dollars angestrebt, wie sie wohl vor allem China anstrebt, das über hohe Dollarreserven verfügt.

Zwischen Brasilien und China wurde ein gemeinsamer Aktionsplan für 2010-2014 unterzeichnet. Die bilateralen Beziehungen in den Bereichen Energie und Landwirtschaft sollen intensiviert werden. Angestrebt wird auch eine direkte Flugverbindung zwischen den beiden Ländern. Die Fluglinien Brasiliens und Chinas stünden schon in den Startlöchern, hieß es. Auf dem dritten Gipfeltreffen, das in China stattfinden wird, soll die Zusammenarbeit in Wirtschaft, Handel, Finanzen, Wissenschaft und Kultur weiter vertieft werden.