Betriebsgenehmigung erloschen

AKW Brunsbüttel soll vom Netz

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Wenn ein Kernkraftwerk mehr als drei Jahre nicht betrieben worden ist, dann erlischt die Betriebsgenehmigung. So stehe es im Bundesemissionsschutzgesetz, sagt die Atomrechtsexpertin Cornelia Ziehm. Sie hat auf Grundlage dieser gesetzlichen Regelung ein Gutachten für die schleswig-holsteinischen Grünen verfasst. Ihre Schlussfolgerung aus der Rechtslage: Das Kernkraftwerk Brundbüttel darf nach den Reparaturarbeiten nicht wieder ans Netz gehen. Vattenfall hält dagegen, dass es in Brunsbüttel doch gar keinen richtigen Stillstand gegeben habe, Teile der Anlage seien doch auch zwischendurch in Betrieb gewesen.

Dem entgegnet Ziehm, dass der Betriebszweck eines Kernkraftwerks die Produktion von Strom sei. Das Kernkraftwerk Brundbüttel produziert aber seit Juli 2007 keinen Strom mehr, nicht einmal mehr für den Eigenbedarf. Folglich sei der Anlagenzweck seit knapp dreieinhalb Jahren nicht mehr erfüllt. Entsprechend höchtstrichterlicher Rechtsprechung könnten Reparaturarbeiten dagegen nicht als Betrieb angesehen werden. Die Regelungen aus dem Bundesemissionsschutzgesetz seien zudem auch auf Atomkraftwerke anwendbar, weil das Atomgesetz, in dem selbst eine solche Regelung fehle, ausdrücklich auf das Bundesemissionsschutzgesetz verweist.

Das für die Atomaufsicht im Land zuständige Kieler Justizministerium bezeichnete die Einschätzung des Gutachtens als wenig überzeugend und möchte am liebsten nicht entscheiden müssen. Man sehe keinen akuten Entscheidungsbedarf in der Sache, da Brunsbüttel auf absehbare Zeit ohnehin nicht in Betrieb gehen könne - wer gerät schon gerne in die Mühlen zwischen Rechtslage und den Interessen aus Bundes- und Konzernpolitik? Vattenfall hat schon mal erklärt, man gehe davon aus, dass die 3-Jahres-Regelung nicht für Atomkraftwerke gelte. Die schleswig-holsteinischen Grünen rechnen nun mit einem Rechtstreit um die Auslegung der bestehenden Gesetze.

Dass Vattenfall nach einem negativen Urteil für das 1976 in Betrieb gegangene AKW eine neue Betriebsgenehmigung bekommen könnte, hält Robert Habeck von der Kieler Grünen Landtagsfraktion für ausgeschlossen. Die Anlage erfülle ohnehin nicht mehr die technischen Voraussetzungen. Er hält Vattenfall zudem vor, die Reparaturarbeiten am AKW Brunsbüttel seinerzeit absichtlich verzögert zu haben, um von der Laufzeitverlängerung der schwarzgelben Koalition profitieren zu können: "Offensichtlich sollte das AKW über die Bundestagswahl gerettet werden und nun ist es nicht nur über die Bundestagswahl gerettet worden, sondern auch über die tolerable Frist der Betriebsgenehmigung - selbst Schuld."