Brexit-Krise: Die Bundesregierung könnte ein Zeichen setzen

Deutsche Staatsanleihen gelten als sicherer Hafen, wodurch die Bundesrepublik für ihre Verschuldung im Gegensatz zu vielen anderen EU-Mitgliedern kaum etwas zahlen muss

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Ganz so schlimm haben die Börsen das britische Austiegsreferendum denn bisher wohl doch nicht genommen. In Asien haben sich die Börsen schon wieder mehr oder weniger erholt, nachdem Tokio am Freitag einen rabenschwarzen Tag erlebt hatte. Der dortige freitägliche Absturz, schreibt das Handelsblatt, sei der schlimmste seit dem Frühjahr 2000 gewesen, also seit dem Platzen der Dot-Com-Blase. Doch am Montag wurde immerhin bereits ein Viertel der Verluste wieder gut gemacht.

An Südkoreas Börse hatten sich die Verluste schon am Freitag mit minus 2,7 Prozent in Grenzen gehalten. In Hongkong fielen die Kurse um wenig dramatische 4,5 Prozent, und an den beiden Börsen der Volksrepublik in Shanghai und Shenzhen sorgten schon die Kapitalverkehrskontrollen dafür, dass keine Panik ausgelöst werden konnte. Auch dort ging es am Montag wieder aufwärts. Beobachter interpretieren dies als Erwartung, dass die Regierung angesichts etwaiger durch den Brexit verursachten Turbulenzen auf dem Weltmarkt verstärkt in heimische Infrastruktur investieren wird.

Der DAX war am Freitag ebenfalls steil nach unten gegangen, erreichte aber noch nicht den diesjährigen Tiefstand vom Februar. Bis zum Mittag bewegte er sich mit leichten Gewinnen im grünen Bereich. Der Ölpreis zeigte bisher keine größeren Ausschläge. Das 159-Liter-Fass des US-amerikanischen Standards WTI wird derzeit zu 47,7 US-Dollar gehandelt. Für ein Fass der europäischen Sorte Brent müssen 48,6 US-Dollar gezahlt werden.

Wer sein Geld besonders sicher anlegen will, muss dafür zur Zeit zahlen, denn deutsche Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit haben einen negativen Effektivzins. Das versetzt Deutschland weiter in Vorteil gegenüber den anderen EU-Mitgliedsstaaten, weil es im Gegensatz zu diesen für seine Staatsschulden kaum etwas zahlen muss.

Die Schieflagen, die zur Krise der EU beigetragen haben, bestehen also weiter, und die Preisfrage ist: Setzt die Bundesregierung in der schwierigen Lage ein Zeichen der Solidarität und tritt für Eurobonds zu einheitlichen Zinssätzen ein, was die südeuropäischen Länder erheblich entlasten könnte, oder lässt sie der wachsenden ökonomischen Ungleichheit und damit der Krise weiter ihren Lauf?