Fliegen für grüne Parlamentarier jetzt unbequemer
Berlins neuer Flughafen eröffnet mit nur neun Jahren Verzögerung stilecht mit ein paar Pannen und reichlich Protesten
Die Eröffnung verlief nicht gerade reibungslos, doch das wäre beim neuen Berliner Flughafen BER auch nicht stilecht gewesen. Eigentlich hätten sozusagen als Startschuss zwei Flugzeuge simultan landen sollen, doch daraus wurde nichts. Der Flieger aus München musste wegen schlechter Sicht ein paar Minuten warten.
Also war das Flugzeug aus Tegel das erste, dass auf dem neuen Flughafen landete. Tegel? Genau. Tegel. Das ist der 41 Autokilometer oder 41 ÖPNV-Bahn-Minuten vom neuen Airport entfernte, nun bald geschlossene alte Flughafen der Bundeshauptstadt. Das Flugzeug machte jedoch noch einen kleinen Umweg über Frankfurt/Oder.
Vermutlich sollte die Aktion das Alte mit dem Neuen verbindend eine symbolische Geste darstellen. Allerdings ging diese in Zeiten der globalen Klimakrise deutlich nach hinten los. Schließlich gehört der Luftverkehr zu den großen Verursachern von Treibhausgasen und klimaerwärmenden Schleierwolken und entsprechend ging die Eröffnung nicht ohne Protest ab.
Anwohner demonstrierten kämpferisch gegen Fluglärm, schlechte Planung, Verschleppung von Lärmschutzmaßnahmen und kritiserten die Missachtung eines erfolgreichen Volksbegehrens für ein Nachtflugverbot. Rund 500 Klimaschützer aus Berlin hatten sich außerdem zu einem weiteren Protest vor dem Portal des Neuen Flughafens eingefunden. Ein Teil davon war als Fahrraddemonstration aus der Innenstadt gekommen.
Im und auf dem Flughafengebäude gab es zudem diverse Aktionen von Pinguinen, die nach eigenen Angaben für sechs Stunden das Terminal 1 blockierten. Am Terminal 5, dem benachbarten alten Flughafen Schönefeld, hatten sich um die Mittagszeit Mitglieder des Netzwerks Xtinction Rebellion an ein zum Start bereit stehendes Flugzeug geklebt, das als erster Start nach der Eröffnung gelten und nach Istanbul abheben sollte.
Auch Berliner Taxifahrer protestierten, allerdings nicht gegen den Flughafen, sondern gegen Maßnahmen, mit denen sie sich diskriminiert fühlen. Die große Mehrheit von ihnen wird sich nicht am Taxistand des Flughafens anstellen dürfen. Nur 300 erhielten dafür im Losverfahren eine Zulassung, die überwiegende Mehrzahl der Berliner Taxen wird hingegen leer in die Stadt zurückfahren müssen, wenn ein Fahrgast zum Flughafen gebracht wurde.
Hier ein paar kurze Videos der Aktivisten, die einen kleinen Eindruck von den Argumenten und den Aktionen im Flughafen vermitteln. In einem weiteren kommen zusätzlich – gegen Ende – auch die Berliner Taxifahrer zu Wort.
Unterstützung für die Berliner Flughafengegner gab es derweil auch in Köln. Am dortigen Köln-Bonner Flughafen gab es ein kleine Solidaritätsaktion, auf der auf die enormen Subventionen für den Flugverkehr hingewiesen wurde. In diesem Jahr wird allein die BER-Betreibergesellschaft 300 Millionen Euro und im nächsten weitere 550 Millionen Euro an Zuschüssen kassieren.
Etwas andere Sorgen hat hingegen Reinhard Bütikofer, ehemaliger Sprecher des Bundesverbandes von Bündnis 90/Die Grünen und seit 2009 für diesen im EU-Parlament. Auf Twitter bedauert er, nun nicht mehr den Flieger nach Brüssel direkt vor der Haustür zu haben. Nun muss er doch glatt ans andere Ende der Stadt, um ins Flugzeug steigen zu können.
Übrigens: Der Zug vom deutlich näher gelegenen Hauptbahnhof braucht bis Brüssel nicht ganz sieben Stunden und setzt weder zeitaufwendiges Einchecken noch eine Fahrt vom Brüsseler Flughafen ins dortige Stadtzentrum voraus. Bis vor ein paar Jahren hätte man auch noch den Nachtzug Berlin-Paris nehmen können, doch der ist inzwischen der von den Grünen mitgetragenen privatrechtlichen Umwandlung der Deutschen Bahn zur Vorbereitung ihrer Privatisierung zum Opfer gefallen.