Präsident Obamas Whistleblower-Bespitzelungsprogramm von Staatsangestellten

Seit 2011 wurde das "Insider Threat Program" eingeführt, nach dem Angestellte ihre Kollegen nach verdächtigen Verhaltensweisen beobachten sollen - Snowden geriet offenbar nicht in Verdacht

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Um Wistleblowern wie Manning oder jetzt Snowden das Leben schwerer zu machen, hat Präsident Barack Obama bereits im Oktober 2011 ein Insider Threat Program für die Millionen von Staatsangestellten angeordnet. Sie sollen aufgrund von Techniken zur Verhaltensprofilierung nach "hochriskanten Personen und Verhaltensweisen" bei ihren Kollegen Ausschau halten. Wer es versäumt zu berichten, muss mit Bestrafung rechnen. Obama setzt damit Vorhaben fort, die unter Bush nach 9/11 gediehen sind, beispielsweise das geplante Programm OPeration TIPS ( Ashcrofts Spitzelsystem).

Das Programm wurde unter großen Diskussionen für alle Behörden, auch für solche, die nichts mit nationaler Sicherheit zu tun haben, eingeführt. Nach Dokumenten, die McClatchy erhalten haben will, werden Angestellte, deren Verhalten nach Meldung von Kollegen auf mögliche Risiken hinweist ("indicators of insider threat behavior"), zum Objekt von Sicherheitsüberprüfungen. Das geschieht auch dann, wenn verdächtiges Verhalten über die Überwachung von Computernetzen entdeckt wird.

Mitarbeiter sollen auf Lebensweisen, Einstellungen und Verhaltensweisen achten. Beispielsweise auf Geldsorgen, seltsame Arbeitszeiten und Reisen. Alles, was nicht der vermeintlichen Norm entspricht, könnte ein Zeichen dafür sein, dass die Verdächtigen den USA schaden könnten. Es gibt Abteilungen für das Insider Threat Program, die auf alle gesammelten Daten der Angestellten zugreifen können. Nach Caitlin Hayden, einer Sprecherin für Nationalen Sicherheitsrat des Weißen Hauses, soll es im Rahmen des Insider Threat Program besondere Vorkehrungen zum Schutz "der Bürgerrechte, der bürgerlichen Freiheite und der Privatsphäre" geben. Sie gab aber keine Einzelheiten preis, was wie alles Übrige den Eindruck verstärkt, dass die Obama-Regierung von Transparenz wenig hält und am liebsten alles unter dem Deckmantel der Geheimhaltung macht - vom Ausspähen der Menschen bis hin zum Einsatz von verdeckten Kommandos oder von "gezielten Tötungen" durch Drohnen oder Spezialeinheiten.

Offenbar hat das Programm Snowden nicht daran hindern können, Geheiminformationen zu kopieren und mitzunehmen - ebenso wenig wie Prism den Terroranschlag in Boston verhindern konnte. Nach Gene Barlow, einem Sprecher des Office of the National Counterintelligence Executive, seien die Angestellten auch nicht damit beauftragt worden, ihre Kollegen zu beobachten. Man bringe den Angestellten nur bei, wie sie verdächtiges Verhalten erkennen können.

Besondere Beachtung gilt den Online-Aktivitäten, die aufgezeichnet werden, um dann, so ein Dokument, gegen die Verdächtigen in Verfahren benutzt werden zu können. Verdächtig könnte schon sein, auf Informationen zuzugreifen, die man nicht benötigt, oder wenn man mehr ausdruckt als gewöhnlich.

Offenbar gibt es viele Indikatoren, Behörden und Ministerien scheinen jeweils eigene Listen zu haben. Zwar gibt es viele Untersuchungen etwa über Whistleblower, um verdächtige Verhaltensweisen zu identifizieren, wissenschaftlich beweisbar sind sie wohl kaum. Als unwirksam hat sich auch das von Israel übernommene Programm Screening of Passengers by Observation Techniques (SPOT) des Transportministeriums ( TSA setzt auf Sicherheitskräfte zur Verhaltenserkennung, Verdächtige Mikroexpressionen) herausgestellt, was selbst der Generalinspekteur des Heimatschutzministeriums in einem Bericht herausstellte. Hier werden Reisende nach Zeichen für Angst, Stress oder Täuschung beobachtet, um Terrorverdächtige herauszufischen. 2800 Menschen sind damit beschäftigt, die Kosten liegen bei fast 900 Millionen US-Dollar.