Stromsparen: Wo beginnen?
Die Appelle zur Veränderung des privaten Konsumverhaltens lenken von den Großverbrauchern ab
Wird Öko jetzt doch Mainstream, trotz schwarz-rotem Rollback? Oder wie sollen wir es verstehen, dass die FAZ ihre Leser zum Stromsparen aufruft? Nun ja, nicht den Leser als Unternehmer, als leitenden Angestellten in einem großen Chemie-, Aluminium- oder Stahlunternehmen, sondern den Leser als Privatmann, als Nutzer von Haushalts- und Unterhaltungselektronik. "Öfter mal den Stecker ziehen", lautet der Ratschlag des Bürgerblatts für die persönliche Energiewende. Aha.
Aber ist dem tatsächlich so? Reicht es, ein paar Energiesparlampen einzuschrauben, einen A++-Kühlschrank zu kaufen und beim neuen Flachbildschirm auf den Stand-by-Strom zu achten? Um die eigene Stromrechnung im Griff zu halten vielleicht schon. Doch auch das nur, wenn man nicht in einer Wohnung wohnt, deren Besitzer sich weigert, den Warmwasserboiler ab- und die Versorgung auf Fernwärme umzustellen.
Aber zur Verringerung des Gesamtstromverbrauchs der Gesellschaft tragen Appelle an das private Konsumverhalten so gut wie gar nichts bei. Schon deshalb nicht, weil sich eine nicht kleine Gruppe ganz einfach solchen Appellen verschließt, aus welchen Gründen auch immer. Wollte man wirklich den privaten Stromverbrauch eindämmen, dann wäre mit gesetzlichen Vorgaben für Gerätehersteller wesentlich mehr zu erreichen. Es ließe sich zum Beispiel die Effizienz der 20 Prozent besten Kühlschränke, Kaffeemaschinen, Flachbildschirme etc. ermitteln und diese dann mit einer Übergangsfrist allen Herstellern als Mindestnorm vorschreiben. Wiederholt man derlei in angemessenem Abstand, könnten der Effizienzsteigerung ziemlich Beine gemacht werden.
Allerdings ist das noch nicht einmal die halbe Miete, wenn es ums Stromsparen im großen Maßstab geht. Die privaten Haushalte spielen nämlich nur eine relativ kleine Geige im Konzert der Verbraucher. Im Jahre 2011 entfielen nur 27 Prozent des Nettostromverbrauchs auf die Haushalte, aber 42 Prozent auf die Industrie. Weitere 28 Prozent entfielen auf Handel, Gewerbe und Dienstleistungen und drei Prozent auf den Verkehr. Wer wirklich den Stromverbrauch senken will, der müsste eher an der einen oder anderen Stelle die Produktpalette der Unternehmen in Frage stellen, zum Beispiel wenn es um den Einsatz von Aluminium oder Chlor geht, und vor allem die Effizienzsteigerung in den Betrieben wesentlich energischer voran treiben.