UN-Gremium bezeichnet Verhaftung von Julian Assange als willkürlich
Gremium in Genf hatte wohl schon im Dezember entschieden. WikiLeaks reagiert verhalten, London beharrt auf Festnahme und Auslieferung nach Schweden
Ein UN-Gremium hat nach Angaben der britischen BBC dem Mitbegründer der Enthüllungsplattform Wikileaks, Julian Assange, den Rücken gestärkt, indem seine drohende Festnahme in Großbritannien als willkürlich und damit menschenrechtswidrig bezeichnet wird.
Der44-jährige australische Staatsbürger hatte im Jahre 2014 gegenüber der UN-Arbeitsgruppe zum Thema willkürliche Inhaftierungen (WGAD) geltend gemacht, dass er "auf unberechtigte Weise und auf einen unakzeptabel langen Zeitraum seiner Freiheit beraubt" worden sei. Die Inhaftierung bestehe aus seinem erzwungenen Exil in der Botschaft des südamerikanischen Staates Ecuador in London, in der er sich befindet. Die britische Polizei hatte wiederholt bekräftigt, Assange festzunehmen, sollte er die durch ihren diplomatischen Status geschützten Räume verlassen.
Assange hatte am Donnerstag über die Twitter-Seite von Wikileaks bekanntgegeben, er werde sich den britischen Behörden stellen, sollte sich die UN-Arbeitsgruppe gegen seine Auslegung des Falls aussprechen. Damit brach er – vermutlich aber schon in Kenntnis des WGAD-Entscheids – mit seiner bisherigen Position (Assange stellt sich nicht). "Sollten die Vereinten Nationen erklären, dass ich meinen Fall gegen das Vereinigte Königreich und Schweden verloren habe, werde ich die Botschaft Freitagmittag verlassen und mich festnehmen lassen, weil es dann keine realistische Möglichkeit der Berufung mehr gibt", schrieb er nun. Im Fall eines gegenteiligen Urteils aber erwarte er umgehend seinen Reisepass zurück.
Auf telefonische Nachfrage von Telepolis sagte ein Vertreter der WGAD, die dem UN-Hochkommissariat für Menschenrechte mit Sitz im schweizerischen Genf angehört, die offizielle Entscheidung des Gremiums werde erst am Freitag veröffentlicht. Nach Medienberichten war das Urteil offenbar bereits am 4. Dezember gefallen.
Julian Assange hatte sich am 19. Juni 2012 in die Botschaft des südamerikanisches Landes geflüchtet, nachdem ein britisches Gericht seine Auslieferung nach Schweden erlaubt hatte. Die dortige Justiz wirft dem gebürtigen Australier vor, sich im August 2010 an zwei Frauen sexuell vergangen zu haben. Der Beschuldigte bezeichnet diese Vergewaltigungsvorwürfe als konstruiert und sieht in der beantragten Auslieferung einen juristisch-politischen Winkelzug. Er solle zunächst nach Schweden und dann in die USA ausgeliefert werden.
Die US-Justiz und die Regierung wollen des Internetaktivisten habhaft werden, weil er für die Veröffentlichung von Geheimdokumenten über die Kriege in Irak und Afghanistan verantwortlich gemacht wird. Die Enthüllungsplattform Wikileaks hatte insgesamt gut 250.000 geheime diplomatische Depeschen publiziert.
Bei Wikileaks reagierte man verhalten auf die noch nicht bestätigten Nachrichten. Man warte auf eine "offizielle Bestätigung", hieß es von dieser Seite. Laut BBC ließ die britische Regierung bereits verlauten, dass das Urteil der UN-Juristen für London "rechtlich nicht bindend" sei. "Wir haben immer wieder bekräftigt, dass sich Herr Assange nicht willkürlich in britischer Haft befindet, weil er sich aus freien Stücken der Strafverfolgung entzogen hat und in die ecuadorianische Botschaft geflüchtet ist", sagte demnach ein Regierungssprecher. Großbritannien sei weiterhin verpflichtet, Assange nach Schweden auszuliefern.