Wellen am Atlantik immer größer
Etliche Menschen wurden von riesigen Wellen überrascht und verloren ihr Leben an der französischen und spanischen Atlantikküste
In diesen Tagen bietet sich Bewohnern und Besuchern der Atlantikküste von Frankreich bis Portugal wieder einmal unglaubliches Schauspiel, das allerdings mit tödlichen Gefahren verbunden ist. Riesige Wellen krachen wieder einmal ohrenbetäubend gegen Felsen und aufgeschütteten Steine, die am Ende des Strands die Uferpromenaden schützen.
Immer öfter führt der Klimawandel zu diesem Phänomen, womit Wellenkraftwerke rentabel werden könnten. "Das Schauspiel ist atemberaubend", sagt Txetxu Gorrostiaga und schaut an diesem milden von Südwind geprägten Morgen bei 18 Grad auf die aufspritzende weiße Gischt. Er steht mit seinem Auto nahe dem Strand der Kleinstadt Hendaia im französischen Baskenland.
Der junge Mann ist aus dem angrenzenden Irun von der spanischen auf die französische Seite des Baskenlands gekommen. Doch sein Surfbrett bleibt heute im Auto, tatsächlich ragen nicht wie üblich zahlreiche schwarze Punkte aus dem Meer. "Die Wellen sind mir doch zu hoch", sagt er am frühen Dienstagmorgen. Als die Flut gegen 9 Uhr den Höchststand erreichte, schwappten sie auch auf die Uferpromenade. "Ich habe Angst, auf die Steine geschleudert zu werden", sagt der junge Mann. Er will einige Stunden auf die Ebbe warten, bis der Strand wieder zum Vorschein kommt und zieht mit seinem blauen Seat wieder ab, um wenigsten Filmaufnahmen der Riesenwelle Belharra machen zu können, die sich bei solch einer Wetterlage nur wenige Kilometer entfernt aufbaut.
"Die Wellen sind heimtückisch", weiß der Surfer aus eigener Erfahrung zu berichten. Anders als Spaziergänger und unbedarfte Besucher hat er großen Respekt vor den Gewalten des Meeres. "Bisweilen kommen nur kleine Wellen, doch plötzlich überrascht dich eine riesige Welle." Dass nur wenige Kilometer weiter nördlich im Seebad Biarritz am späten Sonntag eine junge Frau und ein junger Mann ins Meer gerissen wurden, diente ihm zur Warnung. Während sich der Mann zurück an den Strand retten konnte, wird nach der jungen Frau weiter gesucht. Die französischen Behörden hielten am Dienstag mit ihrem Hubschrauber auch Ausschau nach einem weiteren Mann, der am Montag ebenfalls von den Felsen nahe dem Leuchtturm von einer zehn Meter hohen Welle erfasst und weggespülte worden sein soll. Das hatten Augenzeugen berichtet.
Im nordwestspanischen Galicien waren die Wellen am Montag sogar noch höher und kräftiger. Eine gigantische Welle hat eine gesamte Familie von den Klippen in Meirás fortgerissen. Sie stammte aus dem Küstenort Valdoviño und dessen Bewohner sind große Wellen gewohnt, wurden aber in der Nähe des Leuchtturms überrascht. Die drei Küstenbewohner glaubten sich 50 Meter über der brausenden und tosenden weißen Masse in Sicherheit. Doch als riesige Wassermassen gegen die Felsen krachten, wurden auch sie ins Meer gespült. Der 70-jährige Rodrigo Pena wurde am Dienstag tot geborgen, während Hubschrauber weiter erfolglos nach seinem 50-jährigen Schwager und dessen 25-jährigen Tochter gesucht hat.
Da für Dienstag erneut riesige Wellen angekündigt waren, die ein weiteres Sturmtief über Schottland und Irland schickte, war die gesamte Atlantikküste von Frankreich bis Portugal erneut im Alarmzustand. Ganz so schlimm wie befürchtet kam es dann für die Küstenorte am frühen Dienstag aber nicht. Erwartet worden war, dass riesige Wellen genau mit dem Scheitelpunkt der Flut zusammenfallen. Schon am Abend zuvor hatten hohe Wellen die Uferbefestigungen baskischer Städten überwunden, Scheiben von Restaurants eingedrückt, Menschen in Panik versetzt (http://www.enterat.com/al-dia/2014/01/06/videos-las-olas-entran-en-la-parte-vieja-de-donostia/) und waren auch durch die Altstadt von Donostia (San Sebastian) geschwappt.
Verletzte und Schäden gab es am Montag auch in Portugal. Allerdings scheinen hier die tragischen Ereignisse der letzten Wochen unvorsichtiges Verhalten eingedämmt zu haben. Mitte Dezember hatte eine riesige Welle sechs Studenten auf Wochenendausflug bei Setúbal in den Tod gerissen. Nur einer konnte zurück an den Strand schwimmen und die Rettungsdienst alarmieren. Nur eine Woche darauf brachte eine Welle südlich der Hauptstadt Lissabon ein Boot zum Kentern und sechs Sportfischer ertranken.
Doch die riesigen Wellen haben auch ihre Anhänger, die keine Gefahr scheuen. Denn nur wenn es am Strand so richtig kracht und tost, dann entsteht wenige Kilometer vom baskischen Hendaye entfernt "die" Welle der Surfer. Zwischen Hendaia und Donibanie Lohizune (St. Jean de Luz) taucht dann die "Belharra" (Baskisch für Gras) auf. Etwa zwei Kilometer vor der Küste türmt sie sich mindestens 10 Meter auf und kann auch deutlich größer werden. Im vergangenen Jahr zeigte sie sich nur zweimal, zuletzt während des Sturms am 23. Dezember (siehe Video von Le Monde). Die Belharra zu besiegen, ist auch der Traum von Gorrostiaga. Während seine Freunde am Dienstag von Jet-Skis aufs Meer gezogen darauf warten, die riesige Welle zu erhaschen, steht er auf einem Bunker auf den Klippen und filmt. Der einst von den deutschen Besatzern gebaute Unterstand ist wie geschaffen, um dem Spektakel mit vielen Freunden und Schaulustigen beizuwohnen.