Wintereinbruch: Es ist zu warm

Bild: Privat

Während Deutschland bibbert, ist es anderswo nicht kalt genug

Der Winter ist in Mitteleuropa ein seltener Gast geworden, aber in diesen Tagen meldet er sich mit Temperaturen und Witterungsverhältnissen zurück, wie sie in den 1960er und 1970er Jahren im Januar und Februar noch alltäglich waren.

Doch während seinerzeit in Westdeutschland die Bundesbahn damit warb, bei jedem Wetter zuverlässig fahren zu können, dampft heute ihre zur Aktiengesellschaft mutierte Nachfolgerin im vorauseilendem Gehorsam vor den Wettergöttern ihr Angebot ein. Manche nennen das Fortschritt und Servicegesellschaft.

Andere beschäftigen sich nicht so gerne mit derlei Dingen des Alltags, sondern stellen lieber ihr ganz spezielles Verhältnis zu den Naturwissenschaften zur Schau: Das Thermometer ist unter Null gefallen, auf den Straßen liegt gar Schnee, der nicht sofort wegtaut, ergo kann es mit dem Klimawandel nicht soweit her sein.

So die bahnbrechende Erkenntnis, die derzeit durch die sozialen Medien raunt. Nicht ganz überraschend. Derlei kann eigentlich regelmäßig beobachtet werden, wenn es mal wieder schneit.

Blick über den Gartenzaun

Wie so oft im Leben, lohnt sich auch in Sachen Klima der Blick über den nationalen Gartenzaun. Hier dafür ein Bildchen, das einen Eindruck vom Wetter in der Arktis und den gemäßigten Breiten der Nordhalbkugel vermittelt.

Gezeigt wird die sogenannte Temperaturanomalie. Das ist die Abweichung der lokalen Temperatur von einem für den jeweiligen Ort und Zeitpunkt über einen längeren Zeitraum (die Referenzperiode) berechneten Mittelwert.

(Bild: Climate Reanalyzer, Climate Change Institute University of Maine)

In diesem Falle wurden als Referenzperiode die Jahre 1979 bis 2000 gewählt, eine Zeit, in der sich die globale Erwärmung bereits deutlich bemerkbar machte, die aber in der Arktis noch nicht von der besonders raschen Erwärmung der letzten beiden Jahrzehnte geprägt ist.

Oder mit anderen Worten: Zum Beispiel wird an der Wetterstation Schleswig aus allen Messungen um 0:00 Uhr Universeller Standardzeit am jeweiligen 8. Februar einer Referenzperiode der Mittelwert gebildet und dieser von den aktuellen Messungen abgezogen.

Die Daten stammen aus der US-amerikanischen Wettervorhersage (aufbereitet vom Climate Change Institute der University of Maine), das heißt, sie stellen eine Analyse des Ist-Zustandes der Atmosphäre um 1:00 Uhr MEZ morgens am heutigen Montag dar. Grundlage sind Tausende von lokalen Messungen aus aller Welt, die von den Wetterdiensten aufbereitet und als Starpunkt in die Wettervorhersagemodelle eingegeben werden.

Klimakrise pausiert nicht

Zu sehen ist, dass in Mitteleuropa und einigen anderen Regionen gerade unterdurchschnittliche Temperaturen herrschen, während es in weiten Teilen Sibiriens, der zentralen Arktis und Nordwestkanadas für die Jahreszeit zu warm ist.

Über die ganze Arktis gemittelt lagen die Temperaturen, wie die Zahlen am rechten Bildrand zeigen, heute Morgen 0,3 Grad Celsius über dem Durchschnitt 1979 bis 2000. Über die ganze Nordhalbkugel gemittelt war es sogar um 0,6 Grad zu warm. (Oder auch noch um etwas mehr, wenn man das vorindustrielle Niveau zum Maßstab nimmt.)

Fazit: Schlechte Nachrichten sowohl für Menschen, die sich wegen der Klimakrise große Sorgen machen, als auch für jene, die mal wieder meinen, es besser zu wissen. Der Klimawandel macht keine Pause, auch wenn draußen der eisige Ostwind bläst und Kanäle und Seen gefrieren lässt.