"Wir verbannen Kinderpornografie wieder unter den Ladentisch"
Der niedersächsische Innenminister Schünemann will, dass Internetprovider bundesweit eine vertraglich verpflichtende Firewall gegen Kinderpornografie einbauen
"Die Sicherheit im Lande und Ordnung in den Städten schaffen", nennt die Homepage des niedersächsischen Innenministers Uwe Schünemann als Hauptziele. Mit seinem gestrigen Vorschlag geht der CDU-Mann noch einen Schritt weiter. Er will die Monitore auf bundesdeutschen Computerbildschirmen sauberhalten: "Wir verbannen Kinderpornografie im übertragenen Sinne wieder unter den Ladentisch", so Schünemann gestern gegenüber der Presse in Hannover.
Im Zentrum seiner Vision steht Filtersoftware. Schünemann will, dass sich Internetprovider künftig dazu verpflichten, "nur noch Verträge abschließen, in denen der Endkunde die Freischaltung eines Filterprogramms gegen Kinderpornografie akzeptiert." Bei bereits vorhandenen Verträgen müsste der Filter nachträglich installiert werden. Die Provider sollten auch erkennen, ob die Filtersoftware beim Kunden aktiv ist, und diesem andernfalls den Zugang zum Internet verwehren.
Schünemann kündigte an, die 75 Providern, die die Privatkunden in Niedersachsen bedienen, selbst von seinem Vorhaben zu überzeugen. Technisch sei eine derartige Lösung nach seiner Einschätzung schneller umzusetzen als andere Techniken, die derzeit diskutiert würden, wie etwa Sperrungen von IP-Adressen oder Änderungen im Domain Name Service (DNS). Zwar seien solche Maßnahmen grundsätzlich sinnvoll, aber "praktisch und rechtlich zu stark am Einzelfall orientiert und sehr aufwändig oder aber leicht zu umgehen". Den Einbau von Filter hält Schünemann für die deutlich bessere Idee gegenüber der bisherigen Praxis, in der die Sicherheitsbehörden mühevoll jeden Verstoß gegen Kinderpornografie aufspüren und verfolgen müssten und die Sperrung jeder kinderpornografischen Seite erzwingen.
Der Innenminister, strategisch Drei-Stufen-Plänen zugetan, wies auf seine dreistufige Initiative hin, die auf eine Selbstverpflichtung der Provider setzt. Nach den Providern in Niedersachsen sollen die Internetdienstleister bundesweit angesprochen werden, weswegen Schünemann seinen Vorschlag an die Innenministerkonferenz der Länder richten will. Zudem soll geprüft werden, ob das Telemediengesetz entsprechend geändert werden kann, um die Installation solcher Filtersoftware verpflichtend zu machen. Als dritte Stufe ist vorgesehen, dass Internet-Netzknoten in Deutschland mit Filtern ausgerüstet werden, um "das kinderpornografische Angebot ausländischer Provider zu unterbinden".
Schünemann ist nicht der erste Politiker, der auf Filter setzt, um gegen Kinderpornografie anzugehen. Auch die Familienministerin von der Leyen hatte im November bereits gefordert, dass Telemediengesetz so zu ändern, dass "Internetprovider in die Pflicht genommen werden sollen, Filtersysteme für das Internet vorzuhalten". Die Argumente, die von Skeptikern gegen Leyens "Access-Blocking" vorgebracht wurden, gelten auch für Schünemann; zumal, wenn er davon überzeugt ist, dass es "den meisten Nutzern von Kinderpornografie" schwerfallen würde, die "vorinstallierte, nicht-abschaltbare Filtersoftware zu umgehen" und damit die Mehrheit der deutschen Nutzer an einem Zugriff auf entsprechende Seiten gehindert werde. Ist das mehr als ein frommer Wunsch im Advent?
Netzpolitik.org wies vor kurzem darauf hin, wie schlecht das britische System der Blockierung von Kinderpornofotos im Fall von "Virgin Killer" der niedersächsischen Band Scorpions funktioniert hat:
"Während das beanstandete Album-Cover der Scorpions (Also das Bild) noch öffentlich zugänglich war, fiel die gesamte Wikipedia in UK einem Kollateralschaden zum Opfer und wurde fürs editieren gesperrt."