100.000 Stasi-Mitarbeiter im Netz (Update)
Übereinstimmung mit älterer Stasi-Liste.
Unbekannte stellten eine 5 MB grosse Textdatei mit den Namen, Geburtsdaten und früheren Gehältern von 100.000 ehemaligen Stasi-Agenten ins Internet. Teilweise ist sogar die Anschrift mit Postleitzahl, Strassenname und Hausnummer angegeben. Vermutlich wurde die Datei mit dBase oder dem dBase-Klon der DDR REDABAS (Relationales Datenbanksystem), erstellt.
Beispielhafte Datensätze sehen so aus:
210729430048;96;15;00;3665/60/1, U:;BERTSCH-HERZOG, HERBERT;1080;LEIPZIGER STR. 48;
oder:
050454401546;94;30;00;;SCHROEDER, BURGHARDT:;;;23040,00
Aus Leserreaktionen im Telepolis-Forum aber auch aus persönlichen Mitteilungen gegenüber der Autorin ist nun der Aufbau des ersten Ziffernblocks bekannt. Der erste Ziffernblock ist die sogenannte Personenkennzahl (PKZ). Mit ihr wurde jeder DDR-Bürger registriert. Die ersten sechs Ziffern sind das Geburtsdatum (im Beispiel 21.7.29), es folgt eine Kennzahl für das Geschlecht (4 für männlich, 5 für weiblich), für die Registrierstelle beziehungsweise das Ordnungsamt (im Beispiel 300) und schließlich eine Prüfkennziffer (im Beispiel 48). Danach folgt eine Nummer, die die Position der Person innerhalb der Organisationshierarchie der Stasi benennt (im Beispiel 3665/60/1). Danach der Name und Vorname, die Postleitzahl der DDR sowie die Straße. Die letzte Zahl gibt das Gehalt an. Unklar ist nach wie vor, was die Zahlen "96;15;00" nach der PKZ bezeichnen.
In der im Internet publizierten Liste sind einige wenige Angaben mit Straße ohne Gehalt, die meisten Angaben aber ohne Straße mit Gehalt versehen. Dabei handelt es sich teils um Jahresgehälter, teils um einmalige Zahlungen für Sondereinsätze. Rund 1100 Datensätze ohne Namensangaben sehen folgendermaßen aus:
291132529720;99;99;99;;::;;;9000,00
oder
251250514718;96;15;00;;4040/88, F:;;;19387,74
Aufgrund dieser unterschiedlichen Datensätze ist zu vermuten, dass die im Internet publizierte Liste aus verschiedenen bereits im Umlauf befindlichen Listen kompiliert wurde. Ein Abgleich mit einer Liste mit rund 1200 "Offizieren im besonderen Einsatz" (OBE) ergab Übereinstimmungen in der Personenkennzahl. Daraus könnte man folgern, dass es sich bei den nicht genannten Personen um diese Offiziere handelt. Ansonsten handelt es sich um die sogenannten hauptamtlichen Mitarbeiter der Stasi. Besonders auffallend ist, dass der Frauenteil sehr niedrig liegt.
Ein schneller Abgleich mit PDS-Bundestagsabgeordneten fand zwar Namensgleichheiten, doch keine Übereinstimmung mit den Geburtsdaten. Wie das österreichische Netzmagazin Primavista.at berichtete, war am vergangenen Wochenende die Liste einige Tage unter der Adresse Nierenspende.de zum Download angeboten worden, bevor die Domain vom Provider aus "rechtlichen Bedenken" gesperrt wurde. Allein am Samstag verzeichnete der Betreiber 37.000 Zugriffe. Mittlerweile tauchte die Liste auf verschiedenen Servern als 1,5 MB grosse Zip-Datei auf.
Gegenüber dem Onlinedienst ZDNet erklärte ein 57-jähriger Beteiligter die Motive der Aktion: Frühere Spitzel seien jetzt wieder in höchsten Positionen tätig. Nur das Internet könne helfen, die Demokratie wieder auf die Füße zu bringen.