16 Jahre Angela Merkel: Am Ende bleibt nur schlechtes Klima

Bild Angela Merkel: Finnish Government / CC-BY-2.0 / Grafik: TP

Die Kanzlerschaft der Christdemokratin begann mit einer starken Umweltpolitik. Doch dann folgte zu wenig

Angela Merkel wird bald nach fast 16 Jahren an der Macht – nur drei Monate weniger als Rekordhalter Helmut Kohl – ihre politische Karriere als deutsche Bundeskanzlerin beenden.

Sie regierte zuerst in einer Koalition mit der SPD, dann ab 2009 für vier Jahre mit der FDP und seit 2013 wieder mit der SPD. Die Presse – und in einigen Jahren dann wohl auch die Historiker – sehen die Zeit gekommen, ihre politische Tätigkeit zu beurteilen.

Erste repräsentative Umfragen, etwa von Infratest dimap für den ARD-Deutschlandtrend, ergeben, dass die Deutschen auf die letzten 16 Jahre mit Merkel mehrheitlich positiv zurückblicken.

Ein wesentlicher Bestandteil dieser Beurteilung muss ihre Umweltpolitik sein. Als sie nach sieben Jahren einer rot-grünen Regierungskoalition an die Macht kam, lag die Latte für eine gute Umweltpolitik bereits sehr hoch.

Deutschland galt damals mit den von den Grünen im Konsens mit der SPD vorangetriebenen klimapolitischen Beschlüssen als weltweiter Vorreiter einer beherzten und aktiven Umweltpolitik.

Merkel hatte sich schon selbst von 1994 bis 1998 als Umweltministerin unter Kohl engagiert. So war sie dann auch 1995 die Gastgeberin der ersten UN-Klimakonferenz in Berlin (COP-1), bei der es zu einer – noch unverbindlichen – Abmachung über die internationale Reduzierung von Treibhausgasen kam.

Bei den nachfolgenden Verhandlungen zum Kyoto-Protokoll 1997 setzte sich Merkel für vergleichsweise hohe Reduktionsziele ein.

Als Physikerin verstand sie das Thema so gut wie kaum ein(e) andere(r) Politiker(in). So erschien Merkel 2005 mit dem Fokus auf Klimaschutz aus klimapolitischer Sicht als Idealbesetzung für eine CDU-Kanzlerschaft, die die aktive Klimapolitik fortsetzt – auch wenn die CDU insgesamt noch weit davon entfernt war, umweltpolitisch beherzt aufzutreten.

Zuvor hatte die rot-grüne Bundesregierung Deutschland bereits zu einem der umweltpolitisch innovativsten Länder der Welt und den Klimaschutz auch im Inland sehr populär gemacht.

Doch wie lässt sich die deutsche Umweltpolitik in den Jahren ihrer Kanzlerschaft nun aus der Retrospektive beurteilen? Betrachten wir dafür ihre verschiedenen Epochen.

Während Merkels erster Amtszeit als Kanzlerin mit der im Parlament nahezu gleichstarken SPD als Koalitionspartner wurde das rot-grüne Energiepaket kaum angefasst, zum Ärger der Grünen aber auch kein Stück weiter vorangetrieben.

Angela Merkel: die Klimakanzlerin der Worte

Immer wieder redete Merkel öffentlich über eine aktive Klimapolitik, wie zum Beispiel bei ihren ersten Treffen mit dem neugewählten US-Präsidenten Barack Obama 2009, bei dem beide eine gemeinsame Linie zur Frage der Erderwärmung und den notwendigen Reaktionen darauf betonten.

So erwarb sie sich rein aufgrund ihrer Worte den Ruf einer "Klimakanzlerin". Tatsächlich redete Merkel auf europäischer und globaler Ebene gerne positiv über Klimaziele. So setzte sie beim G-8-Gipfel in Heiligendamm, nahe ihrer Heimat, das (unverbindliche!) Zwei-Grad-Ziel beim Klima durch.

In Brüssel drängte sie als EU-Ratspräsidentin die Europäer zu einem ambitionierten (aber ebenfalls unverbindlichen) Klimaziel bis 2020.

Auf nationaler Ebene jedoch, wo sie die Macht hatte, solche dann auch umzusetzen, kam so gut wie gar nichts von ihr und ihrer Regierung. Hier vergingen die ersten vier Jahre ihrer Kanzlerschaft ohne eine einzige bedeutende klimapolitische Initiative.

Im Gegenteil: Merkel knickte regelmäßig vor dem Wirtschaftsflügel ein. So schwächte sie zum Beispiel auf Druck der Autoindustrie die schon beschlossenen EU-Grenzwerte für den CO2-Ausstoß von Autos noch ab.

Und als dann im Herbst 2008 die Finanzkrise aus den USA nach Europa schwappte, ließ sie den Fokus auf Klimapolitik für den Rest der Legislaturperiode komplett fallen.

Noch schlimmer verlief es während ihrer zweiten Legislaturperiode, als sie die von ihren Parteianhängern so stark herbeigesehnte Koalition mit der FDP einging. Im Oktober 2010 entschied die Merkel'sche Regierung den "Ausstieg aus dem Ausstieg" zurück in die Atomenergie.

Unter dem Protest der rot-grünen Opposition, die in der Atomenergie zurecht keine valable Lösung für die Klimakrise sah, verlängerte die Merkel'sche Regierung die Laufzeiten aller aktiven deutschen Kernkraftwerke wieder und annullierte damit den Atomkonsens der rot-grünen Regierung zuvor.

Die sieben vor 1980 in Betrieb gegangenen Kernkraftwerke erhielten die Erlaubnis, für zusätzliche acht Jahre Strom zu produzieren, bei den übrigen zehn wurde die Laufzeit um 14 Jahre verlängert.

Dies entsprach der bis heute bestehende Illusion der FDP, dass die mit hohen Risiken kommende Spaltung von Atomkernen der geeignete Ansatz zur Verringerung des CO2-Ausstoßes sei.

Doch nur ein halbes Jahr später, am 11. März 2011, kam es in Fukushima, Japan, zu einer Nuklearkatastrophe, woraufhin Merkel eine komplette Wende von ihrer opportunistischen Atom- und Energiepolitik vollzog.

Zunächst verkündete sie ein dreimonatiges Moratorium für die ältesten deutschen Kernkraftwerke. Am 6. Juni 2011 beschloss ihr Kabinett dann das endgültige Aus für die acht Kernkraftwerke und einen stufenweisen kompletten Atomausstieg Deutschlands bis 2022.

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