16 Jahre Angela Merkel: Am Ende bleibt nur schlechtes Klima
Seite 2: Atomausstieg? Merkel hatte dagegen gearbeitet!
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Es schien, dass die Physikerin Angela Merkel erst mit dem Desaster von Fukushima verstanden hat, welche Katastrophen Kernkraftwerke bei unkontrollierten Kernspaltungen auslösen können.
Absurderweise wird Merkel heute als die Person wahrgenommen, die den deutschen Atomausstieg vorangetrieben hat. Dabei agierte sie genau andersherum: Sie wollte den von der rot-grünen Vorgängerregierung beschlossenen Atomausstieg eigentlich wieder umkehren und wurde dann von der Realität schnell eines Besseren belehrt.
Man kann von Glück sprechen, dass Merkel für diesen Schritt gegen den Widerstand konservativer Parteikollegen und der FDP opportunistisch genug war und gerade im Angesicht der japanischen Atomkatastrophe auf die nach wie vor starke Klimasensitivität der in dieser Hinsicht noch von Rot-Grün geprägten deutschen Wähler setzte.
In der bis zum Ende ihrer Kanzlerschaft andauernden zweiten Koalition mit der SPD erwies sich leider auch die SPD nicht mehr als die Klimapartei, die sie unter Rot-Grün noch gewesen war.
So scheiterte Sigmar Gabriel mit dem Versuch, die Kohle mit einer stärkeren Abgabe zu belegen, um sie aus dem Markt zu vertreiben. Der Druck der Gewerkschaften war zu groß.
Mit der Zeit wandte er sich dann immer mehr vom Energiegesetz ab, das seine Partei noch mit den Grünen aufgesetzt hatte. So betrieb er zuletzt sogar eine intensive Lobbyarbeit für die deutsche Kohleindustrie.
Kaum je zuvor hat sich an der deutschen Regierungsspitze eine derart große Diskrepanz zwischen den Reden und der konkreten politischen Gestaltung aufgetan wie unter Merkel.
Eine gute Klimapolitik war für Merkel oft nur ein Thema für schönes Wetter. Das hatte auch negative Konsequenzen für die internationale Klimadiskussion, in der es eben nicht gut ankommt, wenn man etwas mit großen Worten ankündigt und es dann selbst nicht umsetzen will. So gab sie indirekt sogar den sehr aktiven chronischen Klimaskeptikern in den USA einen Aufwind.
Dies zeigte sich dann auch in den internationalen Ratings. Zu Beginn ihrer Kanzlerschaft lag Deutschland auf dem bekannten Klimaschutz-Index (KSI), der die Klimaschutzleistungen von 57 Staaten betrachtet, die zusammen für mehr als 90 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich sind, auf den ganz vorderen Plätzen.
Doch nach zehn Jahren Merkel war das Land ins Mittelmaß abgerutscht, wo es bis heute steht. Von der Führung unter den reichsten Ländern für eine bessere Klimapolitik zu Beginn ihrer Kanzlerschaft hin zu einer Politik der Mehrheit aller Länder, die weit hinter dem Notwendigen liegt – so lässt sich Merkels klimapolitische Bilanz zusammenfassen.
Deutschland hat unter Merkel klimapolitisch den Anschluss verloren
Man könnte es auch etwas direkter formulieren: Ihre Klimabilanz ist eine Katastrophe. In ihren ersten Jahren wurde Merkel noch als Klimakanzlerin gesehen. Doch aus heutiger Betrachtung auf ihre nun bald endende Kanzlerschaft kann diese Bezeichnung falscher wohl kaum sein.
Deutschland ist beim Klimaschutz in den letzten 16 Jahren im Nirgendwo gelandet.
Wie weit die Gesellschaft und die internationale Politik jedoch unterdessen sind, nicht zuletzt in Anbetracht der klaren Klimaveränderungen in den letzten Jahren, lässt sich nahezu täglich beobachten.
Gegen den realen deutschen Trend tendieren die internationalen Aktionen heute hin zu einer aktiveren Klimapolitik. Betrachten wir dafür nur ein von der Öffentlichkeit etwas weniger beachtetes Feld, den Handel mit Zertifikaten für CO2-Emissionsrechte, das heißt für das Recht von Energiefirmen, CO₂ in die Atmosphäre zu emittieren. Dieser sollte bereits in den Nullerjahren einem einfachen Marktprinzip folgen.
Doch gab es in der Praxis lange massiven Widerstand der Konzerne und Wirtschaftsverbände gegen einen solchen Emissionspreis und -handel, wobei diese auch recht erfolgreich auf Merkel einzuwirken vermochten.
So blieb das freie Angebot an CO2-Zertifikaten lange hoch und der Preis dafür entsprechend niedrig. Noch 2009 erhielten deutsche Unternehmen 90 Prozent der Zertifikate kostenlos.
Erst 2013 wurde zum Wendejahr, als die EU-Kommission einen zentralen Versteigerungsplatz für alle EU-Länder durchsetzte.
Für die Energiebranche gab es nun keine geschenkten Zertifikate mehr, sie musste nun 100 Prozent ihrer Emissionsrechte erwerben.
Dabei wurden immer mehr Branchen in den Emissionshandel einbezogen, in dem die Zertifikate nun nicht mehr einfach verkauft, sondern – wie Aktien – marktkonform versteigert und dann öffentlich gehandelt werden.
Es vergingen weitere fünf Jahre, bis die vergangenen überschüssigen Zertifikate abgeschöpft waren und ihre Preise endlich wie gewünscht anstiegen.
Lag er lange bei gerade einmal fünf Euro pro Tonne, so verfünffachte er sich von 2018 bis 2019.
2019 und 2020 pendelte er zwischen 25 und 30 Euro, um dann Ende 2020 auf über 32 Euro, im Februar 2021 auf fast 40 Euro, im Mai 2021 auf über 50 Euro, Anfang Juli bis auf 57,50 Euro und Ende August auf knapp über 60 Euro zu steigen.
Aber auch dieser Preis ist immer noch weit entfernt von der Deckung der tatsächlichen Kosten der CO2-Emission. Das deutsche Umweltbundesamt schätzt den Schaden auf 180 Euro pro Tonne CO₂.
So langsam beginnt sich eine Anpassung der Wirtschaft an die notwendigen Schritte gegen den Klimawandel zu entwickeln, vielleicht nicht ganz zufällig zur gleichen Zeit, in der Merkel ihr Kanzlerdasein beendet.
Der gerade herausgekommene AR6 Report der Klimamodelle der CMIP6-Serie (erster Teil) weist mit ungewöhnlicher Deutlichkeit darauf hin, wie stark und schnell sich die Klimakrise entwickelt.
Wir haben hier 15 bis 20 Jahre verschlafen, um angemessen auf diese Entwicklung reagieren zu können.
Es ist wohl kein Zufall, dass dies genau der Dauer der Merkel'schen Kanzlerschaft entspricht.
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